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Cirque Alexis Gruss 2008
www.alexis-gruss.com ; 40 Showfotos

Paris, 13. Dezember 2008: Bereits die erste Szene vereint alles, was diesen Circus so besonders macht. In der Manege wird mit feinem Tischtuch die Tafel für eine Hochzeit im Milieu der Gipsy bereitet, fröhliche Menschen in wunderschönen Kostümen betreten die Szene und natürlich sind auch Tiere dabei. Zwei Kinder jagen auf einem von Pferden gezogenen Wagenrad-Karussell um die Gruppe herum. Ein kleiner Hund, der für seinen kleinen Auftritt als Nebendarsteller akurat gebürstet wurde, läuft im Trubel umher. Es gibt einen starken Mann und akrobatische Einlagen, wie Jonglagen oder Partnerartistik.

Dazu erklingt eine mitreißende, fantastisch gespielte Musik. Wer hier der „Boss“ ist, wird dem Betrachter sofort klar. Es ist der Herr im feinen Anzug, der einen eleganten weißen Hut trägt – Alexis Gruss. Er hat dieses Spektakel erdacht, er ist tatsächlicher der Boss - nicht nur in dieser Szene. Er ist Direktor dieses französischen Nationalcircus, der seinen Namen trägt. Genauso wie diese Eröffnung, ist die gesamte 35. Produktion unter dem Titel „Gipsy“ mit sehr viel Liebe gemacht. Liebe zum Detail, Liebe zum Circus und damit letztendlich Liebe zum Publikum. Im Cirque Alexis Gruss wird Circus mit einer Leidenschaft erdacht und gespielt, wie man sie nur noch sehr selten findet. Umso mehr sind die Besuche im „Cirque a l'ancienne“ immer wieder ein Hochgenuss.


Gipsy, Stephan und Laure Gruss

Einen großen Anteil daran hat ebenfalls Stephan Gruss, ältester Sohn von Alexis und Gipsy. Er hat wiederum Regie geführt. Er ist es auch, der die Gruppenjonglage aus dem Opening aufgreift und in der ersten Darbietung mit Keulen solistisch fortsetzt, während quasi nebenbei die Requisiten der Eingangsszene aus der Manege verschwinden. Sein Bruder Firmin hat in Samuel Brunaud einen grandiosen Mitspieler für seine Clownerien gefunden. In ihrem ersten Auftritt versuchen sich die beiden als Musiker mit Flamenco. Der Versuch endet mit einem ordentlichen Schluck aus dem Fass. Elegant reitet Gipsy Gruss die Hohe Schule. Reiterin und Pferd tragen ein dem Programmtitel entsprechendes Outfit. Die passende Musik unterstützt die Wirkung der Reitkunst ungemein. Als Nachwuchshirte in Weste und kurzer Hose agiert Louis Gruss. Mit der Gerte dirigiert er Gänse, Laufenten und Ziegen durch die Manege, lässt sie balancieren und schickt sie zum Abschluss auf eine Rutschpartie. Gleich drei Elemente der Luftakrobatik vereint Laure Gruss in einer Darbietung. Sie beginnt am Vertikalseil, steigt um auf das Trapez und zeigt anschließend einen Deckenlauf. Auch diese Darbietung gewinnt enorm durch Verkauf, Kostüm und Musikbegleitung. Das Zuschauen macht einfach Spaß. So verwundert es nicht, dass sich in er Manege ein jugendlicher Liebhaber einfindet, welcher an einer Laterne auf seine Angebetete wartet. Der vermeintliche Liebhaber ist Firmin Gruss, die Laterne wird von ihm als schwankender Mast für akrobatische Einlagen genutzt. Das Werben um die Liebste endet etwas anders, als sich der Werbende das gedacht hat. Eine köstliche Geschichte, in der die Artistik wie nebenbei serviert wird.


Alexandre und Charles Gruss

Der Cirque Alexis Gruss ist bekannt für seine außergewöhnlichen Pferdedressuren, die bereits mit mehreren „Clowns“ in Monte Carlo ausgezeichnet wurden. Mit vier Friesen und vier Braunen stellt der Direktor des Hauses diese besondere Klasse im aktuellen Programm unter Beweis. Wenngleich die Nummer bei unserem Besuch im Dezember noch nicht ganz fertig scheint, werden anspruchsvolle Figuren gezeigt. So kommen die Tiere beispielsweise schon walzend in die Manege. Die ganze Vorführung wird von Alexis Gruss mit einer Ruhe und Souveränität geleitet, wie sie nur ein Meister dieses Faches an den Tag legen kann. Ungeheuer stimmungsvoll ist die Darbietung vor der Pause, in der sich zwei Enkel von Alexis Gruss bei Ritterspielen beweisen müssen. Und diese Aufgabe meistern Alexandre und Charles perfekt. Zunächst liefern sich sich einen Schwertkampf, während in der Manege ein Feuerkreis lodert. Vater Stephan sorgt für den Ritterschlag der beiden Jungsporne. Sodann geht es aufs Pferd. Stehend wird mit Pfeil und Bogen auf eine Zielscheibe in der Manegenmitte gezielt. Mit Äxten zeigen sie zunächst eine Jonglage zu Pferd. Anschließend fliegen auch die Äxte Richtung Mitte, wo sie sicher in einem Holzblock landen. Mit einer Keulenjonglage endet dieses furiose Bild und damit auch der erste Teil des Programms.


Firmin Gruss und Samuel Brunaud, Nathalie und Maude Gruss

Gleich fünf verschiedene Kostüme präsentiert Maud Gruss bei ihrer Kür auf dem Drahtseil. Mit den Kostümen wechseln auch Musik und Stil. Mal spaziert sie im langen Rock im Gipsy-Look, mal im knappen Trikot über das dünne Seil. Besonders hervorzuheben sind dabei ihr Spitzentanz und ein Kopfstand auf dem Seil. Wasser und Schaum spritzen beim Tapezierer-Entree von Firmin Gruss und Samuel Brunaud durch die Manege. Des öfteren wird dieses Entree auf die Wirkung der vordergründigen Schaumschlägerei reduziert. Nicht so in diesem Fall. Die beiden Auguste sorgen mit viel Spielfreude, neuen Ideen und einer umwerfenden Mimik dafür, dass das Entree zu einem Spaß erster Güte wird. Auf wunderschönen Andalusiern reiten Gipsy, Maud und Laura Gruss sowie Giorgia Bain. Sie zeigen, im Zusammenspiel mit Alexis Gruss, ein lebendiges Pferdeballett, in de Sprünge über Fahnen für den besonderen Effekt sorgen. Nathalie Gruss verkörpert im nächsten Auftritt eine Piratenbraut. Wunderschön anzusehen wie sie aus dem durch wabernden Nebel dargestellten Meer an einem Anker gen Kuppel gezogen wird. Dort zeigt sie ihre Akrobatikkür, wobei sie den Anker zumeist wie eine Luftperche einsetzt. Den Abgang zelebriert sie an leuchtend roten Tüchern.


Stephan, Firmin und Alexis Gruss

Fester Bestandteil der Gruss-Produktionen sind Elefantendame Syndha und ihr menschlicher Partner Firmin Gruss. Das Vertrauen zwischen diesen beiden Persönlichkeiten wird dabei immer wieder auf eine ganz besondere Weise spürbar. So läßt es Syndha zu, dass Firmin sowohl beim Stand auf den Hinterbeinen als auch beim Kopfstand auf ihr steht. Bei den Tricks am Schleuderbrett ist keine weitere Person notwendig, die Kommandos gibt. Die beiden absolvieren auch diese anspruchsvollen Passagen in vertrauensvoller Partnerschaft. Das Grande Finale wird mit mehreren Steigern verschiedener Pferde eingeleitet. Es beginnt Louis Gruss mit einem Pony, sein Großvater übernimmt mit ausgewachsenen Schönheiten aus dem eigenen Marstall. Und dann erscheinen nochmals viele der Zigeuner, die beim Opening ein ausgelassenens Fest gefeiert haben. Nun, um ihre Fähigkeiten als Jockeyreiter zu beweisen. Mitreißende Stimmung, gewagte Tricks und choreographisch geschickt gestaltetet Tanzeinlagen sorgen für einen furiosen Schlusspunkt, der dieses Spectacle perfekt abrundet Natürlich verabschieden sich die Akteure anschließend gebührend vom Publikum. Alexis Gruss stellt alle Mitwirkenden, die sich in einer Reihe aufgestellt haben, namentlich vor. Auch das exzellente Orchester und die stimmige Lichtregie finden Erwähnung. Sie alle zusammen haben für eine Circusshow gesorgt, die ihresgleichen sucht. Was bleibt, ist die Vorfreude auf die nächste Kreation im kommenden Winter. A bientôt.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch