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Ravensburger Weihnachtscircus 2008
www.weihnachtscircus-rv.de

Ravensburg, 27. Dezember 2008: „Professionell“ mit diesem Adjektiv lässt sich die Erstauflage des Ravensburger Weihnachtscircus treffend umschreiben. Dem Veranstalter Elmar Kretz, der vorher bereits als Organisator von mehreren Dinnershows in Erscheinung trat, ist es schon im ersten Jahr gelungen, einen Weihnachtscircus aufziehen, der nicht improvisiert wirkt, sondern dem klaren Konzept folgt, Circus auf hohem Niveau in ästhetischer Verpackung zu bieten. Als Veranstaltungsort für den ersten Ravensburger Weihnachtscircus hat sich Elmar Kretz kein Zelt, sondern die Oberschwabenhalle ausgesucht.

Dies hat den Vorteil ohne großen Aufwand einen Komfort (Toiletten, Heizung, Restauration) zu bieten, wie er vom Publikum heute einfach erwartet wird, birgt natürlich aber auch das Risiko fehlender Atmosphäre. Letzteres wird von Kretz und seinem Thema allerdings geschickt umschifft. So wurde die Kapazität der Halle auf 1150 Plätze (Fronttribüne und um die Manege angeordnete Logenstühle) reduziert und die riesigen Ausmaße durch Stoffbahnen und gedimmtes Saallicht kaschiert. Platzanweiser in schicken Uniformen sorgen für zusätzliches Flair. Mancher mag kritisieren, dass das Ambiente der Halle dennoch etwas nüchtern wirkt. Mich persönlich stört eine solche Zurückhaltung bei der weihnachtlichen Dekoration allerdings überhaupt nicht: Auf die schrecklich kitschigen aufblasbaren Weihnachts- und Schneemänner, mit denen anderswo versucht wird weihnachtliche Atmosphäre zu erzeugen, verzichte ich jedenfalls gerne.


Kenny Quinn, Giovane Rodriguez, Trio Nistorow


Jan Navratil

Kommen wir nun also zum Programm. Noch – und wer will das den Veranstaltern im ersten Jahr verdenken - wird freilich kein Weltstadtprogramm geboten, aber: Die Programmfolge ist bis auf eine Ausnahme stimmig und mit einigen Highlights gespickt. Taschendieb Kenny Quinn etwa begeistert mit seiner Fingerfertigkeit. Das Trio Nistorov zeigt seine waghalsigen Rollschuhtricks. Der Kubaner Giovane Rodriguez begeistert zu Salsamusik mit Temperament, Ausstrahlung und Können (Rückwärts- und Vorwärtssalto) auf einem elastische Hanfseil. Direktor Elmar Kretz führt einen ursprünglich von Louis Knie dressierten Achterzug Pferde vor. Und der Tscheche Jan Navratil baut mit seinem Schlusstrick, in dem er einen Ball über ein mehrstöckiges Gestellt von Plattform zu Plattform in ein gut vier Meter hohes Körbchen kickt, die Oberschwabenhalle ab. Navratil hätte somit der optimale Schlusspunkt der zweieinhalbstündigen Show sein können. Statt dessen sehen die Zuschauer als letzte Nummer die Illusionistin Eva Julia Christie. Mit ihren Kistentricks, die sie mit live gesprochenen Kommentaren begleitet, hinterlässt sie beim Publikum trotz des hervorgezauberten Tigers keinen bleibenden Eindruck und ist somit die eingangs beschriebene Ausnahme.

 
Eva Julia Christie, Pucchini, Elmar Kretz

Einen großen Applaus im Finale erhält dagegen Michel Palmer. Der ehemalige Sprechstallmeister von Arlette Gruss führt auch in Ravensburg als Moderator durchs Programm und verleiht ihm gerade wegen seines französischen Akzents eine zusätzliche Grandezza. Unvergleichbar mit welchem Glamour in der Stimme er zum Beispiel Josy Casselly ankündigt, die zum einen vier Hinterwälder Rindern durch die Manege dirigiert und zum anderen longengesichert am Schwungseil arbeitet. Komplettiert wird das Programm durch die Zweitnummern der Nistorov (Jonglage, Hula Hoop) und Giovane Rodriguez (Strapaten). Und als Clown erleben wir Puccini. Dahinter verbirgt sich Antipodist Jan Navratil, der gemeinsam mit seiner Frau mit sympathischen und durchaus eigenständigen Reprisen durchs Programm führt. Haften bleibt vor allem die Einlage, in der er versucht mit Hilfe einer Leiter Josy Cassellys Schwungseil abzumontieren. Schade nur, dass Pucchini ab und an im relativen Dunkeln arbeiten musste, da der eingesetzte Verfolger doch etwas schwach war. Die übrige Lichtanlage, darunter einige Scanner, setzte das Geschehen aber stets ins rechte Licht.

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Text und Fotos:
Sven Rindfleisch