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Paris,
5. Dezember 2009:
Enttäuscht vom Cirque Alexis Gruss. Ich hätte nie
gedacht, dass ich das jemals sein könnte. Doch in diesem Jahr
war es leider soweit. „Pampa“, die neue Kreation der Familie
Gruss, hat bei mir einen eher zwiespältigen Eindruck
hinterlassen. Dabei überzeugt auch die neue Show, die als
Hommage an die südamerikanische in Uruguay, Brasilien und
Argentinien vorkommende Grassteppe konzipiert ist, mit der für
Alexis Gruss typischen Liebe zum Detail. |
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Tolle Bilder, wunderschöne
Kostüme, mitreißende Musik und eine wunderbar spielfreudige
Familie Gruss gibt es auch heuer zu sehen. Doch leider kann das
alles dieses Mal nicht überdecken, dass beide Programmhälften
mit Phasen des Leerlaufs zu kämpfen haben. Insbesondere das
Fehlen von Maude Gruss macht sich im artistischen Bereich
negativ bemerkbar. Und so hätte ich mir dieses Jahr erstmals
gewünscht, dass die Familie Gruss ihr Programm mit der ein oder
anderen engagierten Nummer verstärkt hätte. So wunderte es mich
etwa, dass ein Pampa überschriebenes Programm ohne
Bola-Bola-Gauchos auskommt. Zusammen mit den natürlich auch in
diesem Jahr vorhandenen erstklassigen Haus-Darbietungen wäre auf
diese Weise garantiert auch „Pampa“ ein circensischer Hochgenuss
geworden. So ist die Show „nur“ ein Genuss.
Denn, wie bereits
angedeutet, hat auch „Pampa“ einige Höhepunkte und ergreifende
Gänsehaut-Momente zu bieten. Ganz ohne Frage grandios ist der
furiose und ausgiebig bejubelte Schlusspunkt der Show: Stephan
Gruss zeigt eine Ungarische Post mit 17 Pferden. Chapeau! In
guter Erinnerung bleibt auch die temperamentvolle Jockeyreiterei
und der Auftritt von Laure und Firmin Gruss mit der prächtigen
indischen Elefantenkuh Syndha. Zu den erwähnten magischen
Momenten wiederum gehört die Eröffnungsszene. In der sich
zunächst die zur Haustruppe gehörende Georgia Bain als versierte
Stehendreiterin präsentiert und dabei über aus der Kuppel
hängende rote, blaue und gelbe Tücher springt. Diese werden
anschließend an das Geschirr von sechs Pferden gezurrt, die von
Alexis Gruss so dirigiert werden, dass die Tiere aus dem
Tücher-Wirrwarr zwei ansehnliche Zöpfe flechten.
Nathalie Gruss |
Schön anzusehen
ist auch der Auftakt zur zweiten Programmhälfte: In der
Szenerie einer argentinischen Tango-Bar zeigen Georgia Bain und Dioline
Coucaud unter anderem eine kurze Kontorsionsdarbietung. Herausragende
artistische Darbietung – wohlgemerkt an der keine Pferde
beteiligt sind – ist aber die Schwungseil-Darbietung von
Nathalie Gruss, die mit vielen longengesicherten Abfallern
gespickt ist. Dazu gibt es die obligatorische Gruppenjonglage
(Stephan mit seinen Söhnen Charles, Alexandre sowie Louis Gruss)
und Laure Gruss zeigt, wie vor Jahresfrist, ihren Deckenlauf.
Kreativer sind da die beiden längeren Clowns-Entrees. Wirklich
witzig ist dabei aber nur der im wahrsten Sinne feuchtfröhliche
Disput, den sich Francesco Fratellini und Firmin Gruss rund um
eine scheinbar nie versiegende Wasserquelle liefern. Das erste
Entree, eine ausgedehnte Verhohnepiepelung des argentinischen
Nationalsports Polo, gehört dagegen eindeutig zu den anfangs
zitierten Längen im Programm. Ihren Anteil daran haben aber
überraschenderweise auch die Tierdressuren. So machen sowohl
Alexis Gruss Dacapo-Show, in der nur wenige Pferde, die ihnen
zugedachten Tricks zeigen, als auch das „Tableau in schwarz und
weiß“ von Gipsy Gruss einen merkwürdig unfertigen Eindruck.
Dabei könnte gerade das Tableau, das zwei Dalmatiner und einen
schwarz gepunkteten Schimmel in der Manege vereint, einer der
viel zitierten bezaubernden Gruss-Momente sein. |
Trotzdem bleibt festzuhalten: Auch, wenn mich der Cirque
Alexis Gruss in diesem Jahr etwas enttäuscht hat, gehört
das Unternehmen auch weiterhin zu meinen absoluten
Favoriten. Denn auch in „Pampa“ demonstriert die Familie
Gruss durch Spielfreude, Kreativität und ihr durchweg
sympathisches Auftreten eine Liebe zu ihrem Beruf, zum
Circus, wie man sie anderswo leider oft vermisst. |
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Text: Sven Rindfleisch; Fotos: François
Dehurtevent,
www.aucirque.com
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