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Kerstcircus Ahoy 2010
www.kerstcircus.nl

Rotterdam, 27. Dezember 2010: 43.323 Besucher in elf Spieltagen. So lautet die Bilanz des Rotterdamer „Kerstcircus Ahoy“ in diesem Jahr. Der „älteste und größte Weihnachtscircus der Niederlande“, so die Eigenwerbung, feierte heuer vom 17. bis zum 27. Dezember sein vierzigstes Bestehen. Namensgebend für den Weihnachtscircus ist ein bombastischer Multifunktionsbau mit mehreren Hallen, die ansonsten für Konzerte und Sportveranstaltungen genutzt werden. Mit Circus-Requisiten, alten Plakaten, allerlei Verkaufsständen  und Mitmach-Manege wird bereits im Vorfeld versucht den nüchternen Zweckbau vergessen zu machen, welches hier zumindest besser gelingt als im eigentlichen Aktionsraum.

Ein großzügiges Gradin, ein weiter Abstand zu den Logen und die sichtbare Deckenkonstruktion lassen kaum das heimelige Gefühl eines Zeltes aufkommen. Bereits seit Jahren treten in Rotterdam zur Weihnachtszeit bekannte Namen der Circuswelt auf, so auch in diesem Jahr. Ein Grund dafür ist wohl, dass hinter dem Projekt mit Fernand Banning ein erfahrener und bekannter „Circus-Promoter“ steht, der bereits die Tourneen von Louis Knie sr., Krone und Arena durch die Niederlande betreut hat. Allerdings muss man ihm vorhalten, dass die Programmzusammenstellung  zumindest in diesem Jahr mehr als unglücklich verlaufen ist. Gleich drei Clown-Darbietungen wurden engagiert, die zu allem Überfluss teilweise auch noch hintereinander arbeiten.


Francesco, Les Goty, Olga & Pierino

Bereits im Vorjahr dabei waren Olga & Pierino, die mit viel Requisitenaufwand kleine poetische Intermezzi zeigen, die zwar zum Teil perfekt auf das vierzigste Bestehen der Show abgestimmt sind, zum anderen aber nicht immer Sinn ergeben oder diesen zumindest nicht erkennen lassen. Lustiger ist dann schon Francesco mit seinen Reprisen. Für die Entrees sind die Goty´s verantwortlich, die im ersten Teil Herr und Frau Nachtigall zum besten geben. Nach der Pause kehren sie dann mit dem klassischen Spiegelentree und deutlich mehr Lacherfolg zurück.


Duo Kostylev, Clara Ruiz, Beijing Acrobatic Troupe

Artistisch gesehen fehlen dem Programm hingegen ein oder zwei weitere akrobatische Highlights. Für dieses sorgt eigentlich nur die Beijing Acrobatic Troupe mit ihrer sensationellen Arbeit an den Masten, völlig zu Recht als Schlussnummer platziert. Mit gewagten Sprüngen von einem Mast zu anderen, aber auch von Trampolinen an den Mast begeistern die jungen Chinesen. In ihrem Zweit-Auftritt sind sie gleich zu Beginn auch als quirlige Reifenspringer zu erleben. Das Duo Kostylev war mit ihrer durch schnelle Wechsel der Haltepositionen geprägten Darbietung am Haltestuhl im vergangenen Winter beim Gelsenkirchener Weihnachtscircus zu sehen. Für Verwunderung beim Publikum sorgt Clara Ruiz mit ihrem selten zu sehenden Deckenlauf. Ebenfalls im Programm vertreten, allerdings ohne eigene Nummer, ist der Papierkünstler Mr. Lo alias Lorenzo Torres. Der von Roncalli bekannte Künstler muss sich hier mit seinen originellen Künsten unverständlicherweise auf die Unterhaltung der Zuschauer vor der Vorstellung und in der Pause beschränken.


Florian-Richter-Truppe

Kaum Wünsche offen lässt hingegen das tierische Lineup. Suzanne Berdino präsentiert zusammen mit ihren Töchtern eine Heerschar nach Getränken benannter Ponys, denen sie via Mikrofon in deutscher Sprache Anweisungen gibt. Die Hohe Schule wird von der Familie Saabel im spanischen Outfit samt passendem Tanz präsentiert. In einer lebendigen Aufführung zeigen sie im zweiten Teil ihre Husky-Meute samt Rutschpartie der Vierbeiner. Beide Auftritte sind durch  wunderbar gepflegte Tiere sowie wunderschöne Kostüme und Requisiten gekennzeichnet. Bereits zum zweiten Mal in Rotterdam zu sehen ist Elvis Errani mit seiner umfangreichen Arbeit mit den drei Elefanten. Zur Pause begeistert die weiterhin mitreißende Jockey-Reiterei aus dem Hause Richter, die nun allerdings ohne Truppenchef Florian auskommen muss. Für ihn springt dem Aussehen nach zu urteilen ein  jüngerer Bruder ein, der sich anscheinend schnell in seine neue Rolle eingelebt hat, aber auf den offensiven Auftritt des Bruders verzichtet. Unter der Leitung von Ingrid Schwarz, die zudem einige Nummern mit Live-Gesang untermalt, begleitet das „Joe Schwarz Orchester“ (fast) die gesamte Vorstellung. Mit ihrer bedachten und ruhigen Art im Stile einer Abschlussball-Bigband verpassen sie es allerdings, den Nummern weiteren Antrieb zu geben. Dies schafft dann ausgerechnet hier die Bandmusik, welche die Mast-Akrobatik der Chinesen begleitet. Überdies führt Sprechstallmeister Maurice Veldkamp informativ durchs Programm.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Sven Rindfleisch