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Circus on Ice (Bouglione) 2010
www.cirquedhiver.com

Paris, 12. Dezember 2010: In den Vorjahren konnten wir in im Pariser Vorort Nanterre unter dem Namen „Jean Richard“ das Saisonprogramm des Niederländischen Nationalcircus Herman Renz erleben. Vermarktet wurde die von Gilbert Edelstein veranstaltete Show durch den Franzosen Jean Arnaud. Nachdem dieser die Zusammenarbeit mit der Familie Edelstein beendet hat und dafür nun mit der Familie Bouglione kooperiert, wurde aus dem klassischen Circusprogramm im Dezember 2010 eine Eisshow. Statt der Manegenshow von Herman Renz bekommt das Publikum eine von der Familie Bouglione produzierte Eisrevue zu sehen. Da die Bougliones Circusleute durch und durch sind, wurde daraus zum Glück eine sehr stark circensisch geprägte Show.

Will heißen, der klassische Dreiklang aus Artisten, Clowns und – dankbarerweise auch – Tieren wurde einfach aufs Eis gebracht. Ein großes Ballett auf Kufen fehlt natürlich ebenso wenig wie ein fantastisches Orchester inklusive Sängerin. Das alles wird in einem fabrikneuen schneeweißen Chapiteau für 3.000 Zuschauer aufgeführt. Von Außen wirkt es noch etwas nüchtern, von Innen dafür umso prachtvoller. Die vorherrschende Farbe ist ein dunkles Rot, ergänzt um goldene Ornamente. Der Artisteneingang ist eine kleine Variante des Entrees im Cirque d'hiver, über der Eisfläche thronen riesige Leuchter und die Zuschauer sitzen in der Mehrheit auf roten Klappsitzen, wie sie auch bei den beiden Knies (Charles Knie und Schweizer Nationalcircus) verwendet werden.


Andrejs Fjodorovs, Pat Clarisson, Ingo Stiebner

Die Show selbst hat uns voll und ganz überzeugt, wenngleich ich um „Holiday on ice“ noch immer einen großen Bogen mache. Bei Bouglione gefällt zum Einen das hervorragende Programm, zum anderen die perfekte Verpackung. Die Nummernfolge umfasst gleich drei Tierdressuren, die häufigen Circusgängern bestens bekannt sind. Pat Clarisson hat eine aufgeweckte Hundemeute dabei, die ihre Kunststücke sinnigerweise rund um einen Hot-Dog-Stand vorführt. Eine Vielzahl von dressierten Tauben verschiedener Rassen und ein Hund hören auf das Kommando von Andrejs Fjodorovs. Hinter dem Rücken ihres Tierlehrers arbeiten die beiden Seelöwen von Ingo Stiebner besonders gerne und sorgen somit für zusätzliche Heiterkeit. Während Hunde sowie Seelöwen auf über das Eis gelegten Matten arbeiten, schnallt sich Fjodorovs Spikes unter die Schuhe und geht so direkt auf den rutschigen Untergrund.


Toto Chabri, Serge Massot, Bonbon

Zweibeinige Spezialisten für den Spaß unter dem Chapiteau sind die beiden Clown-Ensembles. Dies gilt für Bonbon und Tina genauso wie für Toto Chabri und Partner, welche exzellente Vertreter ihres Faches sind. Der dänische Clown zeigt zunächst ebenfalls eine vermeintliche Tierdressur. Jedoch zweckentfremdet er die Panzer seiner beiden perfekt ferngesteuerten Schildkröten, um sie als Glockenspiel zu verwenden. Den fünffachen Bonbon erleben wir in einem weiteren Auftritt, ebenso wie das grandiose Badminton-Match im Zusammenspiel mit seiner Gattin Tina. Mit einem umfangreichen Entree sind Toto Chabri und Partner als Auguste sowie Madame Chabri als strenger Gegenpart in der Show vertreten. Ihre Nummer beginnt mit Aufladen/Abladen und endet mit musikalischen Glanzleistungen auf verschiedenen Instrumenten vom Piano bis zur Trompete.


Pablo und Vicky Garcia

Einen vorlauten orangefarbenen Jungen in Shorts und Flip Flops hat sich Bauchredner Serge Massot für seinen Eingangsdialog ausgesucht. Bald tauscht er ihn aber gegen drei Mitspieler aus dem Publikum, denen er neue Stimmen gibt, mit denen sie sogar singen können. Zwei Duos bilden den artistischen Part. Beide sind im zweiten Programmteil platziert. Zunächst erleben wir die Azzario Sisters. Die leistungsstarke Hand auf Hand auf Hand- sowie Kopf auf Kopf-Artistik des spanischen Schwesternpaares wird durch die ungeheuer mitreißend gespielte Begleitmusik weiter in der Wirkung gesteigert. Hier zeigt sich einmal mehr der hohe Wert eines vorzüglichen Orchesters für die Förderung des Gesamteindrucks. Ein kleines Himmelfahrtskommando starten Pablo und Vicky Garcia, wenn ihre Rakete im Stile einer Weltraummission in die Eismanege gefahren wird. Doch ihre Reise spielt sich komplett unter dem weißen Zeltdach ab, wo sie an der rotierenden Rakete charmant riskante Tricks zeigen. Diese eigentlichen Programmnummern werden ergänzt von den zahlreichen Auftritten des vielköpfigen Eisballetts. Mal erleben wir die jungen Damen und Herren als Rapper im Kapuzenpulli, mal in eleganten weißen Fräcken, dann wieder als bunte Clowns und ein anderes Mal in einer Hommage an Michael Jackson. Hinzu kommen Auftritte einer Solistin sowie Paarlauf. Zum Finale gibt es Weihnachtsbäume, Schneemänner und Weihnachtsfrauen auf Kufen, aus der Kuppel rieselt Schnee und Monsieur Loyal Patrice Roche, der während der Show angenehm zurückhaltend agiert hat, singt Petit Papa Noel.


Eisballett, Azzario Sisters

Alle Artisten erscheinen ein letztes Mal und das grandiose Orchester sowie das höchst aufwendige Lichtdesign runden diesen Abschied von einer wunderschönen Circusshow auf dem Eis perfekt ab. Ein Hochgenuss geht zu Ende. Im kommenden Winter wollen die Bougliones an gleicher Stelle dann wieder eine Circusshow in der Sägemehl-Manege präsentieren.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch