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Grand Cirque de Noel (Bouglione) 2010
www.cirquedhiver.com

Paris, 12. Dezember 2010: Es war schon eine Überraschung, als die Familie Bouglione ihre Pläne für diesen Winter in Paris ankündigte: Außer im Cirque d’Hiver, dem wunderschönen Circusbau, sowie im Weihnachtscircus von Christiane Bouglione im Bois de Boulogne werde noch an zwei weiteren Orten gespielt: in einem neuen Zelt mit 3000 Plätzen in Nanterre sollte „Circus auf Eis“ stattfinden, in einer Messehalle in Le Bourget eine Riesen-Produktion mit einer Kapazität von 6000 Besuchern pro Vorstellung. So ist es auch gekommen. - Mit den neuen Aktivitäten sind die Bougliones groß ins Gala-Geschäft eingestiegen: In Frankreich ist es verbreitete Praxis, dass Firmen ihre Weihnachtsfeiern in Gestalt von gemeinschaftlichen Circusbesuchen mit Dinners für die Mitarbeiter und deren Familien abhalten.

Mit solchen Veranstaltungen, weniger mit Selbstzahlern, werden die enormen Platzkapazitäten gefüllt. Unmittelbarer Anlass für die neuen Bouglione-Shows war offenbar, dass „Circus-Promoter“ Jean Arnauld, der solche Galas vermittelt, und der Cirque Pinder ihre bisherige Zusammenarbeit beendet haben. Dafür fand Arnauld nun in Bougliones neue Geschäftspartner und lieferte ihnen die Besucher zu. Die Hallenproduktion unter dem Motto „Le Grand Cirque de Noel“ (Der Große Weihnachtscircus) lief zwei Wochen lang, vom 27. November bis 12. Dezember, mit bis zu vier ausverkauften Shows am Tag. In der Messehalle in Le Bourget gruppierten sich um die Manege bis zu zehn ebenerdige Reihen Logenstühle und an drei Seiten gewaltige, rechteckige Tribünen mit Schalensitzen. An der vierten Seite wurde eine pompöse Kulisse mit einem Artisteneingang im Stile des Cirque d’Hiver geschaffen, über dem das große Orchester thront – auch hier besetzt mit einer Dame an der Violine und ansonsten nur Herren, ganz wie man es aus dem Circusbau kennt. Während sowohl für die Eis- als auch für die Hallenshow das Bouglione-Orchester quasi „geklont“ wurde, wechselten die Salto Dancers und Mr. Loyal Sergio die Spielstätten. Das siebenköpfige Ballett war heuer nur in der Halle zu sehen, Sergio ließ sich im Circusbau während der Spielzeit der Hallenproduktion von Michel Palmer vertreten. Schließlich wurden in der Halle um die Manege vier Stahlgittermasten platziert, die vier im Quadrat angeordnete Traversen mit der imposanten Lichtanlage trugen. Schöner Artisteneingang, großes Orchester, Ballett, Mr. Loyal, ein Lichtermeer – mit diesen Zutaten und natürlich den passenden Circusnummern wurde eine glamouröse Show ganz im Bouglione-Stil geschaffen. Nur leider konnte all dies die doch nüchterne Atmosphäre der Messehalle und die enormen räumlichen Entfernungen nicht kompensieren. Die richtige Produktion wollte am falschen, überdimensionierten Platz keine rechte Freude machen.


Lars und Christine Hölscher

Immerhin bot die Hallenproduktion die Möglichkeit, anders als im Cirque d’Hiver mit seinen beengten Freiflächen ums Gebäude, Tiernummern in größeren Dimensionen zu verpflichten. So waren mit Tommy Diecks Löwenschau, den drei Elefanten von Lars und Christine Hölscher und Donald Niumans mit überschäumendem Temperament präsentierter Freiheitsdressur mit sechs weißen Pferden alle klassischen Großtierarten vertreten. Zudem präsentierte Manuel Frank, der in dieser Saison mit Carl Busch auf Tournee war, seine große Schar Ziegen und Hunde und die vier Kamele.


Alain Alegria, Robin Valencia, Francois Borie

Im artistischen Bereich hätte die Messehalle wohl nach einer großen, manegenfüllenden Truppennummer verlangt, auf die jedoch verzichtet wurde. Lediglich ein Quartett wurde präsentiert, das Diorio-Team in der sich öffnenden Motorradkugel, und außerdem die drei Herren des Trio Aphelion mit Kraftakrobatik in bunten Kostümen, die an Arlette Gruss oder Soleil erinnern. Bekannte Gesichter waren zudem Keulenjongleur Francois Borie (ehemals Barelli, Pinder), Alain Alegria mit waghalsigen Kapriolen am Washington-Trapez, die „lebenden Kanonenkugel“ Robin Valencia sowie die Tücher-Kür des männlich-weiblichen Duos Madruga, die im Vorjahr im Weihnachtscircus von Christiane Bouglione arbeitete. Für den Humor sorgten der bekannte Reprisenclown Francesco und die Mitchels mit ihrem bewährten Wasser-Lachschlager.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber