Gespielt wird in
dem kleineren, intimeren Vier-Mast-Zelt des Hauses Fliegenpilz.
Auch Vorzelt – in dem neben vielen Büdchen auch Walter Roths
Wurstbraterei die Besucher erwartet -, Kasse und Frontzaun
stammen aus diesem einst so ansehnlichen Unternehmen. So sorgt
der Anblick des in die Jahre gekommenen Fliegenpilz-Materials
für so manche Melancholie.
Sven Hölscher
Auch im Programm,
das von Maria Elekys Antipodenspielen eröffnet wird,
wirkt die Familie Hölscher mit: Unglücklich verläuft die neu
ausgebildete Dressur mit fünf verschiedenen Schweinerassen. Die
Vierbeiner wollen so gar nicht tun, was ihnen Bodo Hölscher
vorgibt. Nur mit größerer Anstrengung gelingt es nachher die
Borstentiere auch wieder aus der Manege zu treiben. Flüssiger
laufen dann die direkt im Anschluss von Steffi und Sven Hölscher
gezeigten Dressurelemente mit Ziegen, Hund, Gänsen und Kuh.
Zumal es Sven gelingt kleine Ungenauigkeiten durch
komödiantisches Verhalten zu überdecken. Sein komödiantisches
Talent beweist er auch als Carlo Galiano auf dem Trampolin, an
dem er sich gewollt ungeschickt als Turmspringer versucht und so
manch einen Lacher auf seiner Seite hat. Und noch einmal
Fliegenpilz: Über dem Artisteneingang musiziert ein
siebenköpfiges Orchester unter dem langjährigen Leiter Eugeniusz
Kawalec. Auch wenn sie vor allem im zweiten Teil öfter durch
Bandmusik ersetzt werden, runden sie das Programm ungemein ab.
Adrienne Eötvös,
Slawa und Marina, Duo Eötvös
Wunderschöne
Kleider kennzeichnen die Quick-Change-Illusionen von Slawa und
Marina, welche allerdings eindeutig unter dem gemächlichen
Wechseln der Kostüme leiden. Im zweiten Teil kehren die
mittlerweile in Deutschland lebenden Russen mit weiteren
Illusionen (Origami inklusive Kleiderwechsel,
Jackett-Tausch)zurück. Mit ihrer leistungsstarken Tempo-Jonglage
zählen Adrienne und Lorand Eötvös ohne Zweifel zu den
Höhepunkten des Programms. Neben dem gemeinsamen Passing mit bis
zu acht Keulen, jongliert Lorand Eötvös solo ebenso sicher Ringe
und bis zu sieben Keulen, seine Frau Adrienne beachtliche fünf
Keulen. Auch die Ausstrahlung der beiden Künstler weiß zu
gefallen. Diese Darbietung hätte durchaus auch das Zeug dazu, an
prominenterer Stelle im Programm zu stehen. Adrienne Eötvös ist
zudem mit einer soliden Hula-Hoop-Choreografie zu erleben,
welche durch Bauchtänzerinnen und Fackelträger sogar eine
orientalische Aufmachung erhält. In der ungarischen Heimat
gehört der Familie im Übrigen ein eigenes, gleichnamiges
Unternehmen, hierzulande sind die beiden von einem Gastspiel
beim Circus Barelli bekannt. Ebenfalls begeistern kann das
französische Doppel „Handzup“, welches mit gleich zwei
Darbietungen vertreten ist. Im ersten Programmteil beweisen
Julien und Mathieu ihre Kraft und ihr Balancegefühl mit einer
überzeugenden Hand-auf-Hand-Akrobatik (Schlusspunkt: Kopf auf
Kopf quer durch die Manege getragen) und als Schlussnummer
platziert zeigen sie eine synchrone Handstand-Equilibristik, die
in einem parallel gedrückten einarmigen Handstand endet.
Trixi und Roy
Quaiser, Pom Pom
Leider zeigt sich
gerade bei diesem Trick eine etwas überforderte Lichttechnik:
Der einzige Verfolger weiß nie, welchen der beiden Franzosen er
denn gerade in Szene setzen soll und lässt dabei den jeweiligen
Partner außen vor - die übrige Manegenbeleuchtung bleibt indes
dabei aus, ohne dem Publikum so die Möglichkeit zu geben, das
Gezeigte in Gänze wahrzunehmen. Auch die Requisiteure
verzögerten den Ablauf das ein oder andere Mal. Bleibt zu
hoffen, dass dies nur Startschwierigkeiten der zweiten
Vorstellung waren. Ordnung ins Geschehen brachte immer wieder
Clown Pom Pom, der seine Sache ausgesprochen gut machte und
prägendes Gesicht der Vorstellung war. Neben mehreren kurzen
Intermezzi zeigte er „die Autofahrt“ sowie ein Westernduell
(samt Publikumsbeteiligung) als Reprisen, war Stichwortgeber des
Orchesters, räumte auch mal kurzerhand auf und war als
sympathischer Wegbegleiter so etwas wie der ruhende Pol.
Ebenfalls dem Bereich der Komik zuzuschreiben ist das Duo
„Marlene und Herbert“. In diesen Rollen fungieren Beatrice und
Roy Quaiser als „glücklichstes Ehepaar Deutschlands“ mit einer
durchaus amüsanten Kaskadeur-Darbietung. Roy Quaiser ist zudem
für die weiteren Tierdressuren im Programm verantwortlich. Der
deutsche Tierlehrer zeigt sich zunächst als Cowboy, der bei dem
Versuch scheitert sein Pony zu satteln und dieses über eine
Hürde springen zu lassen und stattdessen selber durchs Rund
gejagt wird. Nach der Pause dirigiert Quaiser dann eine flott
laufende Freiheit mit zwei, später sechs Ponys samt Sprung über
eine brennende Hürde. Die im Programmheft angekündigte
Trapez-Arbeit von Beatrice war in der besuchten Vorstellung
hingegen nicht zu sehen.
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