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Hammer Weihnachtscircus 2010
www.hammer-weihnachtscircus.de

Hamm, 18. Dezember 2010: Einen neuen, sich möglichst schnell etablierenden  Weihnachtscircus auf die Beine zu stellen – mit diesem ambitionierten Versuch startete dieser Tage Maria Eleky den „1. Internationalen Hammer Weihnachtscircus“. Jahrelang war die Ungarin in deutschen und europäischen Manegen mit ihrer bekannten Antipoden-Darbietung zu sehen, zuletzt 2009 im Circus Probst. In diesem Jahr pausierte sie dann, um jetzt – an Weihnachten – mit ihrem eigenen Weihnachtscircus ein neues Kapitel zu beginnen. Auf der Suche nach passenden Zeltanlagen wurde sie bei der Familie Hölscher fündig.

Gespielt wird in dem kleineren, intimeren Vier-Mast-Zelt des Hauses Fliegenpilz. Auch Vorzelt – in dem neben vielen Büdchen auch Walter Roths Wurstbraterei die Besucher erwartet -, Kasse und Frontzaun stammen aus diesem einst so ansehnlichen Unternehmen. So sorgt der Anblick des in die Jahre gekommenen Fliegenpilz-Materials für so manche Melancholie.


Sven Hölscher

Auch im Programm, das von Maria Elekys Antipodenspielen eröffnet wird, wirkt die Familie Hölscher mit: Unglücklich verläuft die neu ausgebildete Dressur mit fünf verschiedenen Schweinerassen. Die Vierbeiner wollen so gar nicht tun, was ihnen Bodo Hölscher vorgibt. Nur mit größerer Anstrengung gelingt es nachher die Borstentiere auch wieder aus der Manege zu treiben. Flüssiger laufen dann die direkt im Anschluss von Steffi und Sven Hölscher gezeigten Dressurelemente mit Ziegen, Hund, Gänsen und Kuh. Zumal es Sven gelingt kleine Ungenauigkeiten durch komödiantisches Verhalten zu überdecken. Sein komödiantisches Talent beweist er auch als Carlo Galiano auf dem Trampolin, an dem er sich gewollt ungeschickt als Turmspringer versucht und so manch einen Lacher auf seiner Seite hat. Und noch einmal Fliegenpilz: Über dem Artisteneingang musiziert ein siebenköpfiges Orchester unter dem langjährigen Leiter Eugeniusz Kawalec. Auch wenn sie vor allem im zweiten Teil öfter durch Bandmusik ersetzt werden, runden sie das Programm ungemein ab.


Adrienne Eötvös, Slawa und Marina, Duo Eötvös

Wunderschöne Kleider kennzeichnen die Quick-Change-Illusionen von Slawa und Marina, welche allerdings eindeutig unter dem gemächlichen Wechseln der Kostüme leiden. Im zweiten Teil kehren die mittlerweile in Deutschland lebenden Russen mit weiteren Illusionen (Origami inklusive Kleiderwechsel, Jackett-Tausch)zurück. Mit ihrer leistungsstarken Tempo-Jonglage zählen Adrienne und Lorand Eötvös ohne Zweifel zu den Höhepunkten des Programms. Neben dem gemeinsamen Passing mit bis zu acht Keulen, jongliert Lorand Eötvös solo ebenso sicher Ringe und bis zu sieben Keulen, seine Frau Adrienne beachtliche fünf Keulen. Auch die Ausstrahlung der beiden Künstler weiß zu gefallen. Diese Darbietung hätte durchaus auch das Zeug dazu, an prominenterer Stelle im Programm zu stehen. Adrienne Eötvös ist zudem mit einer soliden Hula-Hoop-Choreografie zu erleben, welche durch Bauchtänzerinnen und Fackelträger sogar eine orientalische Aufmachung erhält. In der ungarischen Heimat gehört der Familie im Übrigen ein eigenes, gleichnamiges Unternehmen, hierzulande sind die beiden von einem Gastspiel beim Circus Barelli bekannt. Ebenfalls begeistern kann das französische Doppel „Handzup“, welches mit gleich zwei Darbietungen vertreten ist. Im ersten Programmteil beweisen Julien und Mathieu ihre Kraft und ihr Balancegefühl mit einer überzeugenden Hand-auf-Hand-Akrobatik (Schlusspunkt: Kopf auf Kopf quer durch die Manege getragen) und als Schlussnummer platziert zeigen sie eine synchrone Handstand-Equilibristik, die in einem parallel gedrückten einarmigen Handstand endet.


Trixi und Roy Quaiser, Pom Pom

Leider zeigt sich gerade bei diesem Trick eine etwas überforderte Lichttechnik: Der einzige Verfolger weiß nie, welchen der beiden Franzosen er denn gerade in Szene setzen soll und lässt dabei den jeweiligen Partner außen vor - die übrige Manegenbeleuchtung bleibt indes dabei aus, ohne dem Publikum so die Möglichkeit zu geben, das Gezeigte in Gänze wahrzunehmen. Auch die Requisiteure verzögerten den Ablauf das ein oder andere Mal. Bleibt zu hoffen, dass dies nur Startschwierigkeiten der zweiten Vorstellung waren. Ordnung ins Geschehen brachte immer wieder Clown Pom Pom, der seine Sache ausgesprochen gut machte und prägendes Gesicht der Vorstellung war. Neben mehreren kurzen Intermezzi zeigte er „die Autofahrt“ sowie ein Westernduell (samt Publikumsbeteiligung) als Reprisen, war Stichwortgeber des Orchesters, räumte auch mal kurzerhand auf und war als sympathischer Wegbegleiter so etwas wie der ruhende Pol. Ebenfalls dem Bereich der Komik zuzuschreiben ist das Duo „Marlene und Herbert“. In diesen Rollen fungieren Beatrice und Roy Quaiser als „glücklichstes Ehepaar Deutschlands“ mit einer durchaus amüsanten Kaskadeur-Darbietung. Roy Quaiser  ist zudem für die weiteren Tierdressuren im Programm verantwortlich. Der deutsche Tierlehrer zeigt  sich zunächst als Cowboy, der bei dem Versuch scheitert sein Pony zu satteln und dieses über eine Hürde springen zu lassen und stattdessen selber durchs Rund gejagt wird. Nach der Pause dirigiert Quaiser dann eine flott laufende Freiheit mit zwei, später sechs Ponys samt Sprung über eine brennende Hürde. Die im Programmheft angekündigte Trapez-Arbeit von Beatrice war in der besuchten Vorstellung hingegen nicht zu sehen.

Und so bleibt am Ende eine Aufführung, die einige hervorragende Darbietungen zeigt, allerdings im Ablauf noch Startschwierigkeiten verzeichnete. Auch, wenn das Programm noch Luft nach oben hat, ist es also eine perfekte Basis, um den „Internationalen Hammer Weihnachtscircus“ in den nächsten Jahren zu etablieren. Zu gönnen wäre es Maria Eleky!

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Sven Rindfleisch