Das Programm
insgesamt ist – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der
Januar inzwischen ein „umkämpfter“ Circusmonat ist – gut besetzt
und bietet einige interessante Nummern, die man bislang
hierzulande noch nicht bzw. nur selten zu sehen bekam. Mit Pause
dauert es zwei Stunden und 45 Minuten, wäre aber locker auch in
zweieinhalb Stunden zu schaffen. Einige Umbaupausen dauern
einfach viel zu lange und auch mit den Reprisen wird für meinen
Geschmack etwas zu verschwenderisch umgegangen.
Redi Montico, Jana Mandana
Nach der Ouvertüre
bringt Joulia Tchakanova jeweils drei Windhunde und Lamas
zusammen in die Manege. Allein schon die Zusammenstellung ist
originell, die Tricks sind es glücklicherweise ebenfalls. Es ist
wunderschön anzusehen, wie die gepflegten Tiere gemeinsam
arbeiten. Die hübsche Vorführerin macht den Genuss komplett.
Deutlich gefährlichere Manegenpartner hat Redi Montico mit nach
München gebracht. Auch bei ihm heißt es „50:50“. Seine
zehnköpfige Raubtiergruppe besteht je zur Hälfte aus Mähnenlöwen
und Tigern. Mit ihnen präsentiert der Italiener imposante
Bilder, wenngleich der Aufbau der Requisiten dafür viel Zeit
beansprucht. Sämtliche Tiere zeigen gemeinsam, dass sie ihren
Hochsitzer beherrschen und die Löwen formieren sich zu einem
Fächer, um nur zwei der Tricks zu nennen. Drei indische
Elefantendamen zeigen unter Anleitung von Jana Mandana und James
Puydebois Ausschnitte aus ihrem Repertoire. Das alles im „look
and feel“ (Kostüme der Vorführer, Schmuck der Elefanten und
Musik) vom letzten Saisonprogramm „Jubilee“, welches inzwischen
Geschichte ist. Hausintern besetzt sind zudem die
Pferdedressuren mit Jana Mandana. Zunächst dirigiert sie sechs
Friesen und genauso viele weiße Araber. Nachdem die Friesen die
Manege verlassen haben, werden die Araber zu einem Zehnerzug
aufgestockt. Die Vorführung läuft ruhig und geordnet ab. Als da
capi gibt es einige Steiger.
Shannon Maguire & Samson
Finkelstein, Marc Giely, Flying to the Stars
Artistisch
beginnen die „Mongolian Angels“ das Programm. Das Quartett zeigt
eine wunderbar durchdachte „Choreographie für vier
Schlangenmädchen“, welche im vierfachen Zahnstand gipfelt. Marc
Giely hat sich mit dem Mountainbike ein für den Circus seltenes
Requisit ausgesucht. Mit ihm begibt er sich gewagt über einen
Parcours aus verschieden hohen Postamenten mit Rampe und Treppe
an den beiden Enden. Der smarte Franzose weiß, wie er das
Publikum mit seinen Stunts gewinnt. Ebenfalls jugendlichen
Esprit versprühen Shannon Maguire und Samson Finkelstein. Bei
ihrem Tango am Trapez betten sie Auf- und Abschwünge sowie
Haltefiguren in den Rhythmus Argentiniens. Eine äußerst gelungen
Performance eines äußerst sympathischen kanadischen Duos. Vor
der Pause heißt es „Flying to the Stars“. Für die fünf Ukrainer
geht es zwar nicht bis ganz zu den Sternen, aber dennoch hoch
hinaus. Für ihre Flüge bedienen sie sich zweier Reckstangen
sowie eines dazwischen platzierten Trampolins. Damit lassen sich
interessante Sprung- und Flugkombinationen realisieren, die in
einem dreifachen Salto von der Reckstange gipfeln.
Nicolai Kuntz, Ty
Tojo, Rolling Wheels
Nachdem der erste Teil artistisch schon stark
von jungen Künstler geprägt war, übernehmen die Newcomer den
zweiten Part gleich komplett. Mit Nicolai Kuntz und den Rolling
Wheels sind zwei Darbietungen dabei, die in den Programmheften
der beiden letzten Ausgaben des European Youth Circus geführt
werden. Bei Kuntz blieb es 2010 aus technischen Gründen leider
bei der Erwähnung im Programmheft. Hier in München darf der
17jährige - er ist bei Krone aufgewachsen - wieder seine mit
unzähligen schwierigen Sprüngen gespickten „Tollkühnheiten am
Trapez“ (zutreffendes Zitat aus dem Hause Krone) zelebrieren.
Die energiegeladene Nummer endet mit einem Rückwärtssalto von
der und zur schwingenden Trapezstange. In Wiesbaden auch
auftreten durften 2008 die drei Ungarn mit ihrem Rhönrad. Sie
zeigen bekannte Tricks, nutzen ihr drehendes Requisit aber
zusätzlich als Absprungbasis für verschiedene akrobatische
Sprünge der beiden jungen Damen, die vom männlichen Partner
sicher gefangen werden. Für mich die erfrischendste Nummer des
Nachmittags. Groß herausgestellt wird Ty Tojo. Das laut
Programmheft „12jährige Wunderkind“ leistet als Jongleur
wirklich Außergewöhnliches und hat zudem ein sympathisches
Auftreten. Seine Requisiten sind im Wesentlichen Bälle und
Zigarrenkisten. Trotz der wirklich tollen Leistungen ist der
Japaner, Stiefsohn von Dick Franco, für mich nicht der
herausragende Artist der Show. Er fügt sich einfach gut hinein.
Den Abschluss bilden die zehn Diabolospielerinnen der China
National Acrobatic Troupe mit synchron gezeigten Einzeltricks
und schönen gemeinsam gearbeiteten Jonglagen.
Ein manegenfüllendes Bild, das den
passenden Schlusspunkt setzt, bevor die Vorstellung nach
dem kurzen Finale dann wirklich zu Ende ist.
Jimmy Folco
hat die Aufgabe, für Spaß zu sorgen, vor allem aber die
zahlreichen Umbaupausen zu überbrücken. So erleben wir
Jimmy als Puppenspieler, als Indianer, als Golfballfänger,
als Maestro einer Band mit Gastmusikern aus dem Publikum
und als Pizzabäcker. Seine Auftritte kommen beim Publikum
an, insbesondere bei der Publikumsband wird es laut im
ausverkauften Kronebau. Mir persönlich waren es ein wenig
zu viel der Auftritte. Konkret hätte ich mir
beispielsweise nach dem mit Musik unterlegten und
vergleichsweise lang dauernden Käfigabbau eine flotte
Nummer zum Wiedereinstieg gewünscht. Stattdessen gibt es
eine Clownsnummer, die man während des Abbaus zumindest
schon hätte starten können. Auch der Aufbau des Holzbodens
für die letzten drei Nummern zieht sich. So muss Folco
wieder mit dem Publikum Klatschspielchen veranstalten,
obwohl er dies gerade erst in einer vorangegangenen
Reprise getan hat. Hier hätte ich mir – ebenso wie an der
ein oder anderen weiteren Stelle - eine deutlich straffere
Regie gewünscht. Aber seis drum: Das Programm kann auch so
gefallen. Zu erwähnen sind abschließend noch Celestin
Munoz für sein gewohnt stimmiges Lichtdesign und Nikolai
Tovarich, der in verschiedenen Outfits kurz die
wichtigsten Moderationen übernimmt. |
Jimmy Folco |
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