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Circus Krone - Januar 2011
www.circus-krone.de

München, 15. Januar 2011: Die „Neuerwerbung“ dieser Winterspielzeit thront über dem festlichen Artisteneingang und sorgt für den guten Sound zur Show. Es ist das große Orchester unter der Leitung von Oleksandr Krasyun. Im Gegensatz zum Tourneeprogramm legt man im Winter wert auf Livemusik. Mit dem von Busch-Roland bekannten Krasyun und seinem Orchester hat Krone einen sehr guten Griff gemacht. Von Lenas „Satellite“ bis hin zur asiatischen Musik beim Auftritt der Kautschukdamen beherrschen sie alle Stilrichtungen. Nur bei wenigen Nummern wird auf die Konserve zurückgegriffen. 

Das Programm insgesamt ist – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Januar inzwischen ein „umkämpfter“ Circusmonat ist – gut besetzt und bietet einige interessante Nummern, die man bislang hierzulande noch nicht bzw. nur selten zu sehen bekam. Mit Pause dauert es zwei Stunden und 45 Minuten, wäre aber locker auch in zweieinhalb Stunden zu schaffen. Einige Umbaupausen dauern einfach viel zu lange und auch mit den Reprisen wird für meinen Geschmack etwas zu verschwenderisch umgegangen.


Redi Montico, Jana Mandana

Nach der Ouvertüre bringt Joulia Tchakanova jeweils drei Windhunde und Lamas zusammen in die Manege. Allein schon die Zusammenstellung ist originell, die Tricks sind es glücklicherweise ebenfalls. Es ist wunderschön anzusehen, wie die gepflegten Tiere gemeinsam arbeiten. Die hübsche Vorführerin macht den Genuss komplett. Deutlich gefährlichere Manegenpartner hat Redi Montico mit nach München gebracht. Auch bei ihm heißt es „50:50“. Seine zehnköpfige Raubtiergruppe besteht je zur Hälfte aus Mähnenlöwen und Tigern. Mit ihnen präsentiert der Italiener imposante Bilder, wenngleich der Aufbau der Requisiten dafür viel Zeit beansprucht. Sämtliche Tiere zeigen gemeinsam, dass sie ihren Hochsitzer beherrschen und die Löwen formieren sich zu einem Fächer, um nur zwei der Tricks zu nennen. Drei indische Elefantendamen zeigen unter Anleitung von Jana Mandana und James Puydebois Ausschnitte aus ihrem Repertoire. Das alles im „look and feel“ (Kostüme der Vorführer, Schmuck der Elefanten und Musik) vom letzten Saisonprogramm „Jubilee“, welches inzwischen Geschichte ist. Hausintern besetzt sind zudem die Pferdedressuren mit Jana Mandana. Zunächst dirigiert sie sechs Friesen und genauso viele weiße Araber. Nachdem die Friesen die Manege verlassen haben, werden die Araber zu einem Zehnerzug aufgestockt. Die Vorführung läuft ruhig und geordnet ab. Als da capi gibt es einige Steiger.


Shannon Maguire & Samson Finkelstein, Marc Giely, Flying to the Stars

Artistisch beginnen die „Mongolian Angels“ das Programm. Das Quartett zeigt eine wunderbar durchdachte „Choreographie für vier Schlangenmädchen“, welche im vierfachen Zahnstand gipfelt. Marc Giely hat sich mit dem Mountainbike ein für den Circus seltenes Requisit ausgesucht. Mit ihm begibt er sich gewagt über einen Parcours aus verschieden hohen Postamenten mit Rampe und Treppe an den beiden Enden. Der smarte Franzose weiß, wie er das Publikum mit seinen Stunts gewinnt. Ebenfalls jugendlichen Esprit versprühen Shannon Maguire und Samson Finkelstein. Bei ihrem Tango am Trapez betten sie Auf- und Abschwünge sowie Haltefiguren in den Rhythmus Argentiniens. Eine äußerst gelungen Performance eines äußerst sympathischen kanadischen Duos. Vor der Pause heißt es „Flying to the Stars“. Für die fünf Ukrainer geht es zwar nicht bis ganz zu den Sternen, aber dennoch hoch hinaus. Für ihre Flüge bedienen sie sich zweier Reckstangen sowie eines dazwischen platzierten Trampolins. Damit lassen sich interessante Sprung- und Flugkombinationen realisieren, die in einem dreifachen Salto von der Reckstange gipfeln.


Nicolai Kuntz, Ty Tojo, Rolling Wheels

Nachdem der erste Teil artistisch schon stark von jungen Künstler geprägt war, übernehmen die Newcomer den zweiten Part gleich komplett. Mit Nicolai Kuntz und den Rolling Wheels sind zwei Darbietungen dabei, die in den Programmheften der beiden letzten Ausgaben des European Youth Circus geführt werden. Bei Kuntz blieb es 2010 aus technischen Gründen leider bei der Erwähnung im Programmheft. Hier in München darf der 17jährige - er ist bei Krone aufgewachsen - wieder seine mit unzähligen schwierigen Sprüngen gespickten „Tollkühnheiten am Trapez“ (zutreffendes Zitat aus dem Hause Krone) zelebrieren. Die energiegeladene Nummer endet mit einem Rückwärtssalto von der und zur schwingenden Trapezstange. In Wiesbaden auch auftreten durften 2008 die drei Ungarn mit ihrem Rhönrad. Sie zeigen bekannte Tricks, nutzen ihr drehendes Requisit aber zusätzlich als Absprungbasis für verschiedene akrobatische Sprünge der beiden jungen Damen, die vom männlichen Partner sicher gefangen werden. Für mich die erfrischendste Nummer des Nachmittags. Groß herausgestellt wird Ty Tojo. Das laut Programmheft „12jährige Wunderkind“ leistet als Jongleur wirklich Außergewöhnliches und hat zudem ein sympathisches Auftreten. Seine Requisiten sind im Wesentlichen Bälle und Zigarrenkisten. Trotz der wirklich tollen Leistungen ist der Japaner, Stiefsohn von Dick Franco, für mich nicht der herausragende Artist der Show. Er fügt sich einfach gut hinein. Den Abschluss bilden die zehn Diabolospielerinnen der China National Acrobatic Troupe mit synchron gezeigten Einzeltricks und schönen gemeinsam gearbeiteten Jonglagen.
 

Ein manegenfüllendes Bild, das den passenden Schlusspunkt setzt, bevor die Vorstellung nach dem kurzen Finale dann wirklich zu Ende ist. Jimmy Folco hat die Aufgabe, für Spaß zu sorgen, vor allem aber die zahlreichen Umbaupausen zu überbrücken. So erleben wir Jimmy als Puppenspieler, als Indianer, als Golfballfänger, als Maestro einer Band mit Gastmusikern aus dem Publikum und als Pizzabäcker. Seine Auftritte kommen beim Publikum an, insbesondere bei der Publikumsband wird es laut im ausverkauften Kronebau. Mir persönlich waren es ein wenig zu viel der Auftritte. Konkret hätte ich mir beispielsweise nach dem mit Musik unterlegten und vergleichsweise lang dauernden Käfigabbau eine flotte Nummer zum Wiedereinstieg gewünscht. Stattdessen gibt es eine Clownsnummer, die man während des Abbaus zumindest schon hätte starten können. Auch der Aufbau des Holzbodens für die letzten drei Nummern zieht sich. So muss Folco wieder mit dem Publikum Klatschspielchen veranstalten, obwohl er dies gerade erst in einer vorangegangenen Reprise getan hat. Hier hätte ich mir – ebenso wie an der ein oder anderen weiteren Stelle - eine deutlich straffere Regie gewünscht. Aber seis drum: Das Programm kann auch so gefallen. Zu erwähnen sind abschließend noch Celestin Munoz für sein gewohnt stimmiges Lichtdesign und Nikolai Tovarich, der in verschiedenen Outfits kurz die wichtigsten Moderationen übernimmt.


Jimmy Folco

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Text und Fotos: Stefan Gierisch