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Offenburger Weihnachtscircus 2010
www.offenburger-weihnachtscircus.de

Offenburg, 3. Januar 2011: Unbestritten: Circus besteht sowohl hinter als auch vor den Kulissen aus harter Arbeit. Mir persönlich macht Circus aber immer dann am meisten Spaß, wenn diese Arbeit nicht spürbar ist und stattdessen die romantische Illusion einer Traumwelt voller Lebenslust, Harmonie und Leichtigkeit transportiert wird. Dem Offenburger Weihnachtscircus gelingt dieses Kunststück nun schon seit 15 Jahren. Veranstalterin Anja Oschkinat ist es zudem über die Jahre gelungen, den Shows ihres Weihnachtscircus einen ganz eigenen Charakter zu verleihen.

Statt seelenloser Leistungsschau oder glamourösem Hochglanzcircus gibt es in Offenburg Jahr für Jahr eine Show zu sehen, die mit herausragenden Artistenpersönlichkeiten, charmanten Inszenierungsideen und Wohlfühl-Atmosphäre, die bereits im wunderbar stilvoll dekorierten Vorzelt beginnt, die Herzen der Zuschauer berühren will. Freilich ohne dabei zu vergessen, dass vom Circus auch erwartet wird, dass er mit unvorstellbaren Kunststücken verblüfft.


Totti mit Charlotte Alexis und Sean Lomax

Dass dies immer wieder gelingt, liegt auch und insbesondere daran, dass in Offenburg traditionell viel Wert auf die persönliche Ansprache des Publikums gelegt wird. Viele Jahre war es Klaus Kaulis der als Conférencier, die Verbindung zwischen Zuschauern und Manegengeschehen herstellte. Bereits in den vergangenen Jahren wurde er dabei kongenial von Clown Totti Alexis unterstützt. 2010 ist Totti erstmals allein für den roten Faden der Show verantwortlich. Und er löst diese Aufgabe mit Bravour. Zu Beginn der Show erhält Totti einen Anruf von Anja Oschkinat, mit dem der Clown nicht nur aufgefordert wird, anstelle von Klaus Kaulis das Publikum zu begrüßen, sondern auch die Aufgabe erhält, sich für die 15. Auflage des Offenburger Weihnachtscircus etwas ganz besonderes auszudenken. Die gewünschte Überraschung ist letztlich ein gemeinsames Gruppenbild aller Artisten, die unter dem Banner „15 Jahre Offenburger Weihnachtscircus“ stehend zusätzlich ein Transparent mit der Aufschrift „Danke Anja!“ präsentieren.


Folco Brothers, Andrea Togni, Trio Bellissima

Doch nicht nur mit diesem finalen Einfall zeigt sich Totti kreativ. Auch im Rahmen der Show beweist Totti, dass er zu den großen Clowns unserer Zeit gehört. Mit Kreativität und unbändiger Spielfreude präsentiert er neue Reprisen, die er extra für Offenburg einstudiert hat. So misst er sich mit einem Zuschauer im Gewichtheben, zähmt einen überdimensionalen Vogel Strauß und ist gemeinsam mit Kunstpfeiffer Sean Lomax „Herr und Frau Nachtigall“. Komischer Höhepunkt, bei dem groß und klein aus dem Lachen nicht mehr herauskommen, ist allerdings das Wilhelm-Tell-Entree, das Totti mit seiner Frau Charlotte in der Rolle des Weißclowns geradezu zelebriert. Das artistische Programm wurde in den Jahren zuvor überwiegend von südeuropäischen Artisten gestaltet. Auch in diesem Jahr wieder dabei ist Andrea Togni, der nicht nur als Regisseur die Fäden zieht, sondern auch mit einer stimmungsvoll gestalteten Darbietung an einem Laternenpfahl in der Manege zu sehen ist. Ebenfalls aus Italien stammen die Folco Brothers, die mit viel Requisitenaufwand eine ungewöhnliche Jonglagenummer präsentieren – und sich zum Beispiel auf der freistehenden Leiter bzw. dem Einrad balancierend Reifen und Keulen zuwerfen.


Natalia Chaplyun

Die übrigen Artisten stammen dagegen aus Osteuropa: Aus der Ukraine haben das Roncalli erprobte Trio Bellissima (Handstandakrobatik), die mitreißenden Trampobrothers und die coolen Bikers (Akrobatik auf LKW-Reifen) nach Offenburg gefunden. Aus Russland wiederum stammt die überaus attraktive Natalia Chaplyun, die ihre Kür an den Strapaten mit Leichtigkeit und ganz viel Glitter zelebriert. Allen vier Darbietungen ist gemein, dass sie mit dem Vorurteil aufräumen, dass aus Osteuropa zwar technisch starke Artisten, aber keine Manegenpersönlichkeiten kommen. Eine solche ist sicherlich auch Kunstpfeiffer Sean Lomax aus den USA, seine virtuose Musikalität wollte aber irgendwie nicht so recht in den Rahmen einer klassischen Circusshow passen. Für den tierischen Part zeichnet indes in diesem Jahr ausschließlich Erwin Frankello – assistiert von seiner Schwester Jennifer – verantwortlich. Zunächst zeigt er mit zwei Seelöwen eine trickstarke und überaus sympathisch verkaufte Seelöwendressur, die eine absolute Bereicherung für jede Circusshow darstellt.

 
Erwin und Jennifer Frankello

In seiner zweiten Darbietung bringt er zwei Jack-Russel-Terrier mit Elefantendame Cita in die Manege. Eine schöne Nummer, bei der man sich allerdings noch ein paar mehr Tricks gewünscht hätte, die Hunde und Elefant gemeinsam in Aktion sehen. Das abschließende Finale, in dem zunächst das eingangs erwähnte Gruppenfoto geschossen wird, dann Direktorin Anja Oschkinat ihren verdienten Applaus entgegennimmt und sich schließlich die Artisten gemeinsam mit Kindern aus dem Publikum zu Michael Jacksons „Heal the world“ aus der Manege verabschieden, beweist dann nochmal eindrucksvoll, was die Offenburger Shows ausmachen: Sie sind einfach etwas fürs Herz!

 

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Text und Fotos: Sven Rindfleisch