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Circustraum Conelli 2011
www.circus-conelli.ch

Zürich, 19. November 2011: Eine Zürcher Institution ist der Weihnachtscircus Conelli, der 1982 erstmals stattfand. Seit 1992, nunmehr also mit dem 20. Programm, gastiert das Unternehmen Jahr für Jahr auf dem romantischen Bauschänzli. „East meets West – Kulturen verschmelzen“, ist die aktuelle Produktion überschrieben, die chinesische und westliche Artisten in einem Programm vereint. Erneut werden die Darbietungen der Künstler durch erstklassige Rahmenbedingungen in Sachen Licht, Musik und Ambiente optimal unterstützt. Nach dem Tod der Begründer Conny und Gerda Gasser sowie Herbi Lips hat Roby Gasser die Direktion übernommen

Er ist auch für die Programmzusammenstellung, die Regie und das Licht verantwortlich; seine Frau Cindy verantwortet die Choreographie. Roby Gassers Schwester Nadja betreut das Merchandising, und ihr Mann Leszek ist Zeltmeister. Man kann nicht über den Circus Conelli schreiben, ohne von dem faszinierenden Ort zu berichten, an dem er spielt. Es ist das „Bauschänzli“, eine Insel in der Limmat, dort wo der Fluss aus dem Zürichsee tritt, mitten im Zentrum der pulsierenden Schweizer Metropole. Das „Schänzlein im Wasser“, ein Bollwerk aus Natursteinmauer, 1642 als Teil der Stadtbefestigung erbaut, dient heute der Vergnügung. Im Sommer lädt hier ein großer Biergarten mit fast 900 Plätzen zum Verweilen am Wasser ein, im Herbst wird im Festzelt die Zürcher Ausgabe des Oktoberfestes gefeiert – und dann, von Mitte November bis Ende Dezember, verwandelt sich das Bauschänzli sechs Wochen lang in eine „Märcheninsel“.

Die Zeltanlagen des Circus Conelli sind maßgeschneidert für diesen Ort, jeder Winkel wird genutzt. So schwebt im stilvollen Foyerbereich ein Pianospieler auf einer gläsernen Plattform über dem ankommenden Publikum, mit Beginn der Vorstellung wandelt sich das Foyer in den „Sattelgang“, in dem die Requisiten bereitgestellt werden. Die Einrichtung des Chapiteaus ist also gegenüber dem „Normalzustand“ um 180 Grad gedreht, der Artisteneingang grenzt direkt an den Einlassbereich und wird von dort aus betreten. Auch im Inneren des Chapiteaus wird der Platz konsequent genutzt. Um die kleine Manege gruppieren sich die steil aufsteigenden Reihen des Einzelstuhlgradins, dicht an dicht finden 900 Menschen Platz in edelstem Ambiente. Über dem Artisteneingang thront das erstklassige 15-köpfige Orchester unter Alex Maliszewski, das jede Nummer der Vorstellung mit live gespielter Musik begleitet; rund unter dem Kuppeldach ist die üppige und virtuos eingesetzte Lichtanlage installiert. Ebenso gehört ein sechsköpfiges, professionelles Ballett zur Show, das von Cindy Gasser-Lee choreographiert wird. Hier wird tänzerisch der Stil der klassischen Revue gepflegt, der sich perfekt in diesen Rahmen fügt, und dazu passt auch der singende, swingende Ringmaster Pino Gasparini, Sänger der Pepe-Lienhard-Band seit 1969.


Ekaterina Shavrina, Denis Ignatov, Shandong Acrobatic Troupe

Die Show beginnt mit Clown Rob Torres, der Applaus in einer Holzkiste fängt, dann folgt ein glamouröses Opening mit Sänger und Ballett. Die zehn Mädchen der Shandong Acrobatic Troupe füllen beim Tellerdrehen, das sie mit akrobatischen Übungen kombinieren, die Manege vollständig aus, sorgen sogleich für ein raumfüllendes Bild. Die beiden sympathischen Brüder Zheng Yang und Yang Ting aus China katapultieren mittels Rola-Brett Schalen und schließlich ein Blumensträußchen auf den jeweils eigenen Kopf und den des Partners; kleinere Patzer werden dabei mit einem Augenzwinkern überspielt. Vanessa und Sven, Absolventen der Berliner Artistenschule und Teilnehmer des European Youth Circus in Wiesbaden 2010, haben weiter an ihrer außergewöhnlichen Handstanddarbietung gefeilt, bei der sie ihn trägt. Besonders Kostüme und Auftreten wurden weiter optimiert – bei bis zu sechs Auftritten täglich hatten sie während der Saison im Europapark Rust reichlich Gelegenheit, weitere Publikumserfahrung zu sammeln. Im März/April wird die attraktive Darbietung im Münchner Kronebau zu sehen sein. Die erstklassige, temporeiche Schwungtrapezkür von Ekaterina Shavrina mit zahlreichen Pirouetten, Abfallern, Sprüngen und Salti gehört zu den Highlights der ersten Programmhälfte. Mit Viktor Kee wurde einer der renommiertesten Artisten unserer Zeit verpflichtet; seine Balljonglage vereint in perfekter Weise Körper, Kunst und Können. Am Ende des ersten Programmteils stehen wieder Artisten aus China: drei weibliche Artistinnen mit Hebeakrobatik, wobei die sehr junge Oberfrau einen Kerzenleuchter auf ihrem Kopf balanciert.


Aurelia Cats, Fréres Taquin, Vanessa und Sven

Mit seiner rasanten Kubusjonglage eröffnet Denis Ignatov den zweiten Programmteil, ehe Aurelia Cats in meisterhafter Weise Kontorsion und Trapeztricks verbindet, schwerelose Beweglichkeit demonstriert. „Les Frères Taquin“ sorgen mit ihrer bekannten Geschichte vom Automatenmenschen, der sich in eine Dame aus dem Publikum verliebt, für riesige Begeisterung im Zelt. Zwei russische Barren, an denen zum Teil synchron gearbeitet wird, sind das Requisit der Jiangxi Acrobatic Troupe; Schlusstrick ist ein Rückwärtssalto, bei dem der Flieger eine Kollegin auf den Schultern trägt – allerdings werden bei dieser Darbietung sämtliche Tricks nur mit massiver Hilfestellung ermöglicht. Ungewöhnlich als Schlussnummer platziert sind die Seifenblasenspiele von Casey Carle, die zum ausgiebig zelebrierten Finale überleiten. Insgesamt dominieren im zweiten Programmteil vielleicht etwas zu sehr die leiseren und ruhigeren Momente.


Pino Gasparini, Ballett, Gaston

Breiten Raum nimmt in dem gesamten Programm neben der Artistik natürlich auch der Humor ein – mit ganz gegensätzlichen Vertretern ihres Faches. Rob Torres vertritt einen modernen Clowntypus, der ohne viele Worte auskommt. Wie er versucht, mit dem Kopf einen zugeworfenen Hut zu fangen (mit Klebeband-Fadenkreuz auf dem Haupthaar – Autsch!) oder wie er sich an eine Becherjonglage wagt – alle diese kleinen Szenen verwandelt er mit umwerfender Mimik in urkomische Kabinettstückchen. Gaston und Roli hingegen sind klassische Circusclowns und wahre Erzkomödianten, ob bei ihrer Version von Romeo und Julia oder einem Dialog übers Autofahren. Das Prinzip ist immer das Gleiche: Der hagere Gaston mit seinem faltigen Knautschgesicht treibt mit seiner Begriffsstutzigkeit den jungen und besserwisserischen, wohl gerundeten Roli in den Wahnsinn.

Und erneut werden in dieser Show die artistischen und clownesken Auftritte durch den Einsatz des Ballets und geschickte Umbauten so geschickt miteinander verwoben, dass bereits in der besuchten Vorstellung am zweiten Gastspieltag alle Übergänge fließend waren – im Conelli-Zelt wird nicht nur der Raum, sondern auch die Zeit komplett und ohne Leerstellen gefüllt.

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Text: Markus Moll; Fotos:
Sven Rindfleisch