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Darmstadt, 29.
Dezember 2011: Nachdem man in den vergangenen Jahren in einem
großen Chapiteau mit klassischer Theaterbühne und ansteigenden
Reihen frontal davor gespielt hat, ist Da Capo in diesem Winter
zum Rundformat zurückgekehrt. Will heißen, im
Zentrum gibt es eine runde, im Stil einer Manege gehaltene
Bühne, der Artisteneingang ist als Circuszelt gestaltet und die
Band spielt im Raubtierwagen. Drumherum sind Tische mit
Kronleuchtern platziert, an denen auf Wunsch Essen und Getränke
serviert werden. Das Ambiente wirkt wunderbar dicht und sehr
atmosphärisch. Eine Mischung aus Dinnershow, Variete und
Nachtclub. |
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Kein Vergleich zu
der eher kühlen Atmosphäre im alten Chapiteau. Wiederum hat es
Da-Capo-Macher James Jungeli geschafft, mit seinen Zeltbauten
den Karolinenplatz im Zentrum von Darmstadt perfekt auszufüllen.
Nicht nur das Ambiente passt, auch die darin gezeigte Show ist
herrlich gelungen. „Zaila“ heißt sie und handelt von einer Frau
im Zebra-Outfit, die eben diesen Namen trägt. Weitere Begleiter
durch die Show sind das Liliputaner-Paar Roland und Irene sowie
ein weiblicher Conferencier. Die Zeit jedenfalls vergeht wie im
Flug, die Regie sorgt dafür, dass keine Umbaupausen entstehen.
Duo Vanegas
Einen großen Teil
der Show bestreiten die fünf Damen und drei Herren des Da-Capo-Balletts. In jedem ihrer zahlreichen Auftritte tanzen sie
andere Chorographien und sind selbstredend in unterschiedlichen
Kostümen zu erleben. Ihre Einlagen sind mitreißend, sehr
professionell dargeboten und immer äußerst ansprechend. Dass das
Oktett noch verdammt gut aussieht, ist ebenfalls kein Nachteil.
Teilweise sind ihre Tänze unmittelbar auf die artistischen
Darbietungen abgestimmt bzw. gehen direkt in diese über. Alle
Nummern im artistischen Part überzeugen auf ganzer Linie und
sind perfekt platziert, sodass die Stimmung im Zuschauerraum
entsprechend gelenkt wird. Als Pausennummer zeigen die
Anastasini Brothers ihre rasanten ikarischen Spiele. Die
jugendlichen Wirbelwinde sorgen zum Ende des ersten Teils für
den ganz großen Applaus und sicher auch für den ein oder anderen
Gesprächsstoff in der Pause. Als Schlussnummer überrascht
Jungeli nach bis dahin vom Platzbedarf eher „kleineren“ Acts mit
einem raumfüllenden Todesrad. Er belässt es allerdings nicht bei
diesem bloßen Effekt, sondern hat gleich die derzeit wohl
spektakulärste Nummer dieses Genres in Mitteleuropa engagiert.
Mit ihren Salti auf dem rotierenden Außenrad lassen die Vanegas
auch in Darmstadt den Atem des Publikums stocken.
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Alla Klystha,
Golden Power, Olena Yakymenko
Den
stärksten Applaus aber erhalten an diesem Abend die ebenfalls im
zweiten Teil auftretenden Golden Power. Die beiden in Gold
arbeitenden Handstand-Akrobaten avancieren mit ihrer kraftvollen Kür
zu den Publikumslieblingen. Genauso mit Handständen bestens vertraut
ist Andrey Katkov. Der Equlibrist arbeitet im arabischen Stil und
präsentiert seine Verrenkungen, während Arme und Beine auf je einer
drehbaren runden Plattform stehen. So ergeben sich interessante
Bilder. Natürlich hat er zusätzlich verschiedene
Handstand-Variationen im Gepäck. Umrahmt wird auch dieser Auftritt
vom Ballett in korrespondierenden Kostümen. Mit Hula Hoops auf du
und du ist Alla Klyshta. Gleich mehrere dieser Reifen lässt sie
ästhetisch um ihren beweglichen Körper kreisen. Eröffnet wird die
Show von Zaila-Darstellerin Olena Yakymenko. In ihrem Zebra-Kostüm
schwingt sie sich in einem Luftring auf gen Zeltkuppel. Nachdem sie
sich eines Teils ihrer Robe entledigt hat, zeigt sie an diesem
Requisit eine sinnliche und trickreiche Performace. Einen deutlich
größeren Durchmesser hat der Reifen von Konstatin. In seinem Roue
Cyr fegt er wie ein Derwisch über den Bühnenboden.Er punktet
zusätzlich mit der Neuartigkeit seines Requisits, das die meisten
Zuschauer so noch nicht gesehen haben dürften.Als Duo Excellence
erleben wir Olena und Konstantin zudem an den Strapaten. Dieser
gemeinsame Auftritt ist wiederum eine wunderschöne Symbiose aus
Können und Schönheit.
Ballett, Andrey Katkov,
Csaba Mehes
Etwas aus dem Rahmen
fällt Komiker Csaba Mehes. Als biederer Anzugträger könnte er einen
spannenden Kontrapunkt zum glamourösen Spektakel setzen. Dazu wäre
es aber nötig, dass er wirklich witzig agiert. In seinen Einlagen im
ersten Teil jedenfalls (Kampf mit Mikrofonkabel und mit einer Tube
Haargel) verfehlt er dieses Ziel klar. Weder sein Auftreten selbst
noch die homöopathisch dosierten Gags zünden. Es reicht lediglich zu
einem Höflichkeitsapplaus. Etwas besser läuft es nach der Pause,
wenn er gemeinsam mit einer Zuschauerin eine Großillusion rein
pantomimisch, ganz ohne Requisiten zeigt und sich animiert vom Duo
Golden Power als Artist produziert, Striptease inklusive. So werden
zur Auflockerung der Show zusätzlich Roland und Irene sowie die
Ringmasterin mit Zylinder eingesetzt. Eine gewichtigen Beitrag zum
Gesamteindruck leistet die Band. Ihr Sänger Barney Beier im
Tigeroutfit hat eine markante Reibeisenstimme, die an jene von Joe
Cocker erinnert. So hören wir ihn zum Finale passenderweise mit
Louis Armstrongs Klassiker „What a wonderful world“. Weiter gibt es
zum Schluss einen Goldglitter-Regen aus der Kuppel. Schön ist auch
die Idee, die Mitwirkenden mit Gästen aus dem Publikum tanzen zu
lassen. Im kommenden Winter wird Da Capo schon runde 20 Jahre. Man
darf gespannt sein, womit uns James Jungeli dann verwöhnen wird. |
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Text und Fotos: Stefan Gierisch
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