CHPITEAU.DE

Karlsruher Weihnachtscircus 2011
www.karlsruher-weihnachtscircus.de

Karlsruhe, 23. Dezember 2011: Vorletztes Jahr schrieb ich über den damals 1. Karlsruher Weihnachtscircus auf Chapiteau.de, dass die Show durchweg gute Darbietungen zeige, aber noch Spielraum für Steigerungen in den folgenden Jahren ließe. Jetzt, in ihrer dritten Ausgabe, hat die noch junge Weihnachtscircusproduktion diese Hoffnung aufs Beste erfüllt. Der Karlsruher Weihnachtscircus ist definitiv in der Spitzengruppe der Circusshows zum Fest angekommen. Dies liegt vor allen Dingen an zwei Familien. Zum Einen an der von Rene und Alexia Casselly, zum Anderen natürlich an der von Joachim und Rosita Sperlich, die diesen Weihnachtscircus produzieren.

Kommen wir aber zunächst zu den Cassellys. Sie beschließen mit ihren Tiernummern völlig zu recht die beiden Programmteile. Mit ihrer Elefantenshow „Mogli“ erlebten wir sie im vergangenen Winter in Reutlingen, auf Saison beim dänischen Circus Arena und anschließend beim Festival in Lille. Wir gingen davon aus, dass diese Nummer mit Rene Casselly junior im Mittelpunkt an Kreativität und Trickstärke nicht mehr zu überbieten sei. Weit gefehlt. Was die Cassellys in Karlsruhe mit ihren vier afrikanischen Elefanten zeigen ist wohl das Beste und Originellste, was es aktuell in diesem Genre zu sehen gibt – und das mit sehr großem Abstand. Unsere grenzenlose Begeisterung entlud sich in spontanen Standing Ovations und Bravo-Rufen.


Familie Casselly

Die wesentlichen Tricks der Mogli-Nummer sind beibehalten, dazu gibt es aber unglaubliche neue und eine komplett neue Aufmachung. Im vergangenen Jahr zeigte Merrylu Casselly Quick Change zu Pferd, jetzt tut sie dies zu Elefant. Damit nicht genug: In der nächsten Runde wird ein großes, mit Tüchern verhängtes Gerüst in die Manege gebracht. Ein Elefant läuft hindurch und als er wieder herauskommt, hat er plötzlich einen Überwurf in pink an. Auf solche Ideen muss man erstmal kommen. Die Familie Casselly setzt sie sogar noch um – Wahnsinn! Des weiteren zeigt Merrylu Casselly Hula Hoop zu Elefant, reitet, ihren Bruder auf den Schultern, im Zwei-Personen-Hoch auf einem Elefanten und macht eine Kautschuk-Figur zwischen zwei Elefantenköpfen, während Rene junior einen Handstand auf ihr drückt. Schluss- und Höhepunkt sind wiederum die von einem Elefanten ausgelösten und auf einem anderen gestandenen Schleuderbrett-Sprünge. Doch auch hier gibt es Neuerungen. Einen Sprung landet Flieger Rene junior auf dem Rücken seiner Schwester, die auf einem Elefanten steht. Zum Schluss zeigt er gar einen Dreifachen, den er im zweiten Versuch sicher steht. Wenn man als Circus-Enthusiast glaubt, schon so ziemlich alles gesehen zu haben, dann ist man von dieser Elefantenshow einfach nur überwältigt. Eine circensische Sternstunde. Ebenfalls neu ist ihre zweite Darbietung, eine große Produktion mit jeweils vier berittenen Elefanten und Pferden. Auch hier kennen wir bereits Elemente aus früheren Nummern der Cassellys, die prächtigen Kostüme und die Zusammenstellung sind aber neu. Genauso wie viele Tricks. So zeigen etwa Elefanten und Pferde gemeinsam „Schulschritte“. Oder ein Elefant „springt Seil“, nachdem ein Pferd dies getan hat. Hinzu kommen viele weitere Gruppentricks, die ein herrlich manegenfüllendes Bild abgeben. Ein Clown in Monte Carlo im Januar muss einfach drin sein, wenn die Jury frei von vorherigen Absprachen agiert, kann es nur der Goldene werden.


Ballett

Bei allem Lob für die Cassellys darf die ebenfalls enorme Leistung der Familie Sperlich nicht zu kurz kommen. Sie haben speziell für ihren Weihnachtscircus im Badischen ein fabrikneues, komfortables Chapiteau angeschafft, das sie spätestens mit der dritten Produktion aufs Vortrefflichste ausfüllen. Über dem edlen Artisteneingang thront ein großes, hervorragend aufspielendes Orchester, die Lichtanlage ist bestens bestückt und wird sehr gut eingesetzt. Die Manegenhelfer tragen prächtige Uniformen. In einzelnen Sequenzen tanzt ein Ballett in geschmackvollen Kostümen – der etwas kindlich-naive wirkende Einsatz von Weihnachtsmännern der vergangenen Jahre wurde zurückgefahren. Bianca Richter als Sängerin und Moderatorin sorgt für eine zusätzliche, äußerst passende, Aufwertung. Hinzu kommen weitere Highlights wie Feuereffekte zur Drahtseilshow oder als absoluter Clou zwei sehr hohe beleuchtete Showtreppen zum Finale. Das Ballett tanzt in knappen Kostümen mit vielen bunten Federn, die Artisten stehen auf den Stufen und das Orchester spielt grandios dazu. Als sich dann alle Mitwirkenden in der Manege versammeln, regnet es Glitter aus der Kuppel. Es werden wirklich „alle Register“ gezogen.


Francisco Liazeed, Davis Vassallo, Duo Tereshenko

Das zeigt sich schon beim Opening: Weihnachtsengel tanzen, dazwischen die singende Bianca Richter und Clown Davis Vassallo. Dazu rieselt es Kunstschnee. Merrylu Casselly reitet auf einem mit weißen Flügeln und kleinen Lichtern besetzten Schimmel herein, um von dort an die Tücher zu wechseln, an denen sie eine wunderschöne und trickreiche Kür zeigt, während Richter dazu „Angels“ von Robbie Williams singt. Ebenfalls in weißen Kostümen erscheint Francisco Liazeed mit Partnerin zu einer tänzerisch und schwungvoll dargebotenen Artistik am Masten. Es folgen Maike und Jörg Probst mit Pavianen, die sie auf gewohnt sympathische Art ihre spielerisch wirkenden und doch außergewöhnlichen Tricks zeigen lassen. Nun folgen (nicht gerade optimal) direkt aufeinander zwei Handstand-lastige Nummern. Zunächst präsentiert Rene Sperlich mit Gesang- und Ballett-Begleitung seine im Stil des Kinohits "Avatar" aufgemachten Stuhlbalancen, bei der er nun wieder, wie schon zu Beginn der Tournee mit Charles Knie, eine Diskokugel aus der Kuppel holt. Danach zelebriert Merrylu Casselly ihre traumhafte Kontorsions-Kür, inklusive Pfeilschuss durch einen mit den Füßen gehaltenen Bogen. Die Tereshenko zeigen derzeit im Duo ihre kraftvoll gefangenen und elegant geflogenen Figuren am Fangstuhl.


Monika Sperlich, Nistorov, Jörg Probst

Der zweite Teil wird mit einer Manege voller Tiere eröffnet. Maike und Jörg Probst haben ihren Bauernhof eingepackt und mit nach Karlsruhe gebracht. Ein Esel, Ziegen, Schweine, ein Affe und ein Hahn sorgen hier für große Heiterkeit. Drahtseil a la Burlesque präsentieren Sängerin, Ballett, vor allen Dingen aber Monika Sperlich. Die schöne Nummer wird so enorm aufgewertet. Einen neuen Anfang hat die Rollschuh-Akrobatik der Nistorovs erhalten. Die drei Damen entledigen sich verführerisch tanzend ihrer weißen Röcke. Es folgt die bekannt rasant-riskante Show auf kleinen Rollen. Als letzte artistische Nummer zeigen die Liazeed aus Jamaika unzählige Hand- und Kopfstandvarianten. Ihre Spezialität sind Tricks, bei denen einer der Artisten einen Handstand drückt, während ein (am Ende gar zwei) Partner an ihm klammert. Für Heiterkeit sorgt in zig Auftritten Clown Davis Vassallo und überbrückt so nebenbei die ein oder andere Umbaupause. Mehrfach steht er aber direkt im Mittelpunkt. Etwa bei der Orchesterszene mit reger Publikumsbeteiligung, in die er viele eigene Ideen eingebaut hat und der er mit seinem Charme eine eigene Note gibt. Zusammen mit einem weiblich besetzten Weißclown und einem zweiten August erleben wir Vassallo zudem in einem Entree mit viel Musik und ein paar bekannten Einlagen.

Begeistert von dieser wirklich großen Show verlassen wir das Chapiteau und verweilen noch ein wenig im wunderbar weihnachtlich dekorierten Restaurationszelt. Unser großer Respekt gilt der Familie von Joachim und Rosita Sperlich, die in Karlsruhe binnen relativ kurzer Zeit Großes aufgebaut haben. Wir sind gespannt, wie sie die durch die aktuelle Produktion geweckten hohen Erwartungen auch im kommenden Winter erfüllen werden.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch