Kommen wir aber
zunächst zu den Cassellys. Sie beschließen mit ihren Tiernummern
völlig zu recht die beiden Programmteile. Mit ihrer
Elefantenshow „Mogli“ erlebten wir sie im vergangenen Winter in
Reutlingen, auf Saison beim dänischen Circus Arena und
anschließend beim Festival in Lille. Wir gingen davon aus, dass
diese Nummer mit Rene Casselly junior im Mittelpunkt an
Kreativität und Trickstärke nicht mehr zu überbieten sei. Weit
gefehlt. Was die Cassellys in Karlsruhe mit ihren vier
afrikanischen Elefanten zeigen ist wohl das Beste und
Originellste, was es aktuell in diesem Genre zu sehen gibt – und
das mit sehr großem Abstand. Unsere grenzenlose Begeisterung
entlud sich in spontanen Standing Ovations und Bravo-Rufen.
Familie Casselly
Die wesentlichen
Tricks der Mogli-Nummer sind beibehalten, dazu gibt es aber
unglaubliche neue und eine komplett neue Aufmachung. Im
vergangenen Jahr zeigte Merrylu Casselly Quick Change zu Pferd,
jetzt tut sie dies zu Elefant. Damit nicht genug: In der
nächsten Runde wird ein großes, mit Tüchern verhängtes Gerüst in
die Manege gebracht. Ein Elefant läuft hindurch und als er
wieder herauskommt, hat er plötzlich einen Überwurf in pink an.
Auf solche Ideen muss man erstmal kommen. Die Familie Casselly
setzt sie sogar noch um – Wahnsinn! Des weiteren zeigt Merrylu
Casselly Hula Hoop zu Elefant, reitet, ihren Bruder auf den
Schultern, im Zwei-Personen-Hoch auf einem Elefanten und macht
eine Kautschuk-Figur zwischen zwei Elefantenköpfen, während Rene
junior einen Handstand auf ihr drückt. Schluss- und Höhepunkt
sind wiederum die von einem Elefanten ausgelösten und auf einem
anderen gestandenen Schleuderbrett-Sprünge. Doch auch hier gibt
es Neuerungen. Einen Sprung landet Flieger Rene junior auf dem
Rücken seiner Schwester, die auf einem Elefanten steht. Zum
Schluss zeigt er gar einen Dreifachen, den er im zweiten Versuch
sicher steht. Wenn man als Circus-Enthusiast glaubt, schon so
ziemlich alles gesehen zu haben, dann ist man von dieser
Elefantenshow einfach nur überwältigt. Eine circensische
Sternstunde. Ebenfalls neu ist ihre zweite Darbietung, eine
große Produktion mit jeweils vier berittenen Elefanten und
Pferden. Auch hier kennen wir bereits Elemente aus früheren
Nummern der Cassellys, die prächtigen Kostüme und die
Zusammenstellung sind aber neu. Genauso wie viele Tricks. So
zeigen etwa Elefanten und Pferde gemeinsam „Schulschritte“. Oder
ein Elefant „springt Seil“, nachdem ein Pferd dies getan hat.
Hinzu kommen viele weitere Gruppentricks, die ein herrlich
manegenfüllendes Bild abgeben. Ein Clown in Monte Carlo im
Januar muss einfach drin sein, wenn die Jury frei von vorherigen
Absprachen agiert, kann es nur der Goldene werden.
Ballett
Bei allem Lob für
die Cassellys darf die ebenfalls enorme Leistung der Familie
Sperlich nicht zu kurz kommen. Sie haben speziell für ihren
Weihnachtscircus im Badischen ein fabrikneues, komfortables
Chapiteau angeschafft, das sie spätestens mit der dritten
Produktion aufs Vortrefflichste ausfüllen. Über dem edlen
Artisteneingang thront ein großes, hervorragend aufspielendes
Orchester, die Lichtanlage ist bestens bestückt und wird sehr
gut eingesetzt. Die Manegenhelfer tragen prächtige Uniformen. In
einzelnen Sequenzen tanzt ein Ballett in geschmackvollen
Kostümen – der etwas kindlich-naive wirkende Einsatz von
Weihnachtsmännern der vergangenen Jahre wurde zurückgefahren.
Bianca Richter als Sängerin und Moderatorin sorgt für eine
zusätzliche, äußerst passende, Aufwertung. Hinzu kommen weitere
Highlights wie Feuereffekte zur Drahtseilshow oder als absoluter
Clou zwei sehr hohe beleuchtete Showtreppen zum Finale. Das
Ballett tanzt in knappen Kostümen mit vielen bunten Federn, die
Artisten stehen auf den Stufen und das Orchester spielt grandios
dazu. Als sich dann alle Mitwirkenden in der Manege versammeln,
regnet es Glitter aus der Kuppel. Es werden wirklich „alle
Register“ gezogen.
Francisco Liazeed, Davis Vassallo, Duo Tereshenko
Das zeigt sich
schon beim Opening: Weihnachtsengel tanzen, dazwischen die
singende Bianca Richter und Clown Davis Vassallo. Dazu rieselt
es Kunstschnee. Merrylu Casselly reitet auf einem mit weißen
Flügeln und kleinen Lichtern besetzten Schimmel herein, um von
dort an die Tücher zu wechseln, an denen sie eine wunderschöne
und trickreiche Kür zeigt, während Richter dazu „Angels“ von
Robbie Williams singt. Ebenfalls in weißen Kostümen erscheint
Francisco Liazeed mit Partnerin zu einer tänzerisch und
schwungvoll dargebotenen Artistik am Masten. Es folgen Maike und
Jörg Probst mit Pavianen, die sie auf gewohnt sympathische Art
ihre spielerisch wirkenden und doch außergewöhnlichen Tricks
zeigen lassen. Nun folgen (nicht gerade optimal) direkt
aufeinander zwei Handstand-lastige Nummern. Zunächst präsentiert
Rene Sperlich mit Gesang- und Ballett-Begleitung seine im Stil
des Kinohits "Avatar"
aufgemachten Stuhlbalancen, bei der er nun wieder, wie schon zu
Beginn der Tournee mit Charles Knie, eine Diskokugel aus der
Kuppel holt. Danach zelebriert Merrylu Casselly ihre traumhafte
Kontorsions-Kür, inklusive Pfeilschuss durch einen mit den Füßen
gehaltenen Bogen. Die Tereshenko zeigen derzeit im Duo ihre
kraftvoll gefangenen und elegant geflogenen Figuren am
Fangstuhl.
Monika Sperlich,
Nistorov, Jörg Probst
Der zweite Teil
wird mit einer Manege voller Tiere eröffnet. Maike und Jörg
Probst haben ihren Bauernhof eingepackt und mit nach Karlsruhe
gebracht. Ein Esel, Ziegen, Schweine, ein Affe und ein Hahn
sorgen hier für große Heiterkeit. Drahtseil a la Burlesque
präsentieren Sängerin, Ballett, vor allen Dingen aber Monika
Sperlich. Die schöne Nummer wird so enorm aufgewertet. Einen
neuen Anfang hat die Rollschuh-Akrobatik der Nistorovs erhalten.
Die drei Damen entledigen sich verführerisch tanzend ihrer
weißen Röcke. Es folgt die bekannt rasant-riskante Show auf
kleinen Rollen. Als letzte artistische Nummer zeigen die Liazeed aus Jamaika unzählige Hand- und Kopfstandvarianten. Ihre
Spezialität sind Tricks, bei denen einer der Artisten einen
Handstand drückt, während ein (am Ende gar zwei) Partner an ihm
klammert. Für Heiterkeit sorgt in zig Auftritten Clown Davis
Vassallo und überbrückt so nebenbei die ein oder andere
Umbaupause. Mehrfach steht er aber direkt im Mittelpunkt. Etwa
bei der Orchesterszene mit reger Publikumsbeteiligung, in die er
viele eigene Ideen eingebaut hat und der er mit seinem Charme
eine eigene Note gibt. Zusammen mit einem weiblich besetzten
Weißclown und einem zweiten August erleben wir Vassallo zudem in
einem Entree mit viel Musik und ein paar bekannten Einlagen. |