CHPITEAU.DE

Barums Weihnachtsspektakel 2012/13
www.circus-barum.de ; 59 Showfotos

Göttingen, 5. Januar 2013: „Wir machen auf jeden Fall weiter, um aufzuhören, war es zu gut“, zog Rebecca Siemoneit-Barum am vorletzten Gastspieltag des „Circus Barum Weihnachtsspektakels“ auf dem Göttinger Schützenplatz eine positive Bilanz. Besonders froh zeigte sich die Circuschefin, dass ihr Konzept beim Publikum „eingeschlagen“ habe, wie viele Reaktionen gezeigt hätten. „Junge Leute, Stars und ausgewählte Tiernummern“ in einem Programm zu vereinen, diesen Ansatz werde sie auch in den nächsten Jahren weiter verfolgen. Besonders am Herzen liegen ihr dabei die Newcomer.

„Es kommen so viele Talente nach, die eine tolle Energie versprühen“, sagte Rebecca Siemoneit-Barum gegenüber Chapiteau.de. Besonders ihre Tätigkeit für den European Youth Circus (EYC) in Wiesbaden – in früheren Jahren als Regisseurin und Moderatorin des Festivals, zuletzt als Jurymitglied – habe ihre Begeisterung für junge Artisten geweckt. Obwohl es in ihrer aktuellen Show nur Vögel und Hunde zu sehen gab, wolle sie sich darüber hinaus künftig keineswegs nur auf Kleintiere beschränken, vielmehr sei jede gute Dressurnummer denkbar.


Der fast legendäre Artisteneingang 

Auf dem Göttinger Schützenplatz, nur gut 40 Kilometer vom nunmehr ehemaligen Barum-Stammsitz in Einbeck-Volksen entfernt, wurde eine bunte zusammengewürfelte Zeltstadt aufgebaut: Das Chapiteau kam vom Schweizer Zeltverleih Alfredo Nock, das Vorzelt von Fliegenpilz, drum herum gruppierten sich Wagen aus dem Restbestand des Circus Barum und fremdes Material, u.a. gemietete Container. Ein ehemaliger Fernseh-Übertragungswagen als Kasse, ein nostalgischer Barwagen, ein Bierstand, ein Toilettenwagen und eine Weihnachtsmarktbude bildeten, neben kleineren Ständen und einem großen Modell des Circus Barum, die Einrichtung des Vorzeltes. Im Chapiteau selbst erwarteten den Besucher der fast legendäre ehemalige Artisteneingang des Circus Barum und, hinter den Logenreihen, ein kompaktes, für dieses Zelt deutlich zu kleines Schalensitzgradin. Das Licht war zum Teil an Quertraversen zwischen den Masten installiert.


CB Dance Crew, Jonas Hein und Rebecca Siemoneit-Barum, Konyots 

Zunächst betritt zum Beginn der Show Clown David Konyot die Manege, wo er sich Klatschspielen mit dem Publikum und dem Kampf gegen die Tücke des Objekts – am Beispiel eines Notenständers – widmet, um schließlich das siebenköpfige Orchester unter der Leitung von Eugeniusz Kawalec (ehemals Fliegenpilz) zu dirigieren. Als Ouvertüre gibt es „All I want for Christmas is you“, gefühlvoll dargeboten vom fernsehbekannten Musicalsänger Jonas Hein (Teilnehmer „The Voice of Germany“), später gar im Duett mit Rebecca Siemoneit-Barum. Und die langjährige Barum-Eröffnung mit Nino Rotas Filmmusik aus „8 ½“? Davon wurden im Anschluss immerhin die letzten Takte gespielt, wozu der Barum-Artisteneingang wie in alten Zeiten leuchtete. Nach der gewohnt charmanten und gekonnten Begrüßung durch Rebecca Siemoneit-Barum folgte ein erster Auftritt der „CB Dance Crew“, die aus fünf Mädels und einem jungen Mann besteht. Zu ihnen gehört Rachel, Tochter von Rebecca Siemoneit-Barum. Ihr Sohn Joshua hatte sich dagegen während der Proben verletzt und konnte nicht mitwirken. Mehrfach tritt die „Dance Crew“ mit Hip Hop und anderen modernen Tanzstilen in Erscheinung.


Pat Clarrison, Elena Shmarlovski, Carlos Lilienthal 

15 Minuten dauert insgesamt dieser ausführliche Prolog, bis dann mit den Kontorsionen auf schwarzen Hüten von Aniko Servözo, Absolventin der Berliner Artistenschule, die erste artistische Nummer folgt. Sie wird von Jonas Heins hervorragendem Live-Gesang mit „Feeling Good“ à la Michael Bublé begleitet, druckvoll unterstützt vom Orchester. So schön hätte es eigentlich weitergehen können, doch leider wurden weite Teile dieser Show zu Musik vom Band präsentiert. Viele Artisten reisten heute ohne Noten an und seien auch nicht bereit, zu einem extra geschriebenen Live-Arrangement zu arbeiten, sagte uns Rebecca Siemoneit-Barum auf Nachfrage – schade, vor allem auch für die Künstler selbst, da gute Livemusik jede Nummer erheblich aufwerten kann. Immerhin einige wenige Arrangements konnte Guido Naus, sonst u.a. für Krone tätig, noch extra für diese Produktion liefern. Für Bandmusik hatte sich zum Beispiel auch der recht introvertiert wirkende Carlos Lilienthal entschieden, der mit drei normalen und später – bei Dunkelheit – drei leuchtenden Diabolos jonglierte. Beide Tiernummern in diesem Programm wurden im ersten Teil gezeigt: zunächst die fröhlichen Hunde von „Hot Dog-Verkäufer“ Pat Clarrison, dann die zum Piratenthema präsentierten Vögel von Evgeni und Elena Shmarlovski: Die kleineren Papageien, die Agarponiden, gefielen mit einem witzigen Trickrepertoire von Wippen über Kugellauf bis Rutschen, die großen Aras mit kurzem Freiflug im Zelt.


Patrick Gruss Bouglione, Valpuri, Maria und Ronja, Martyn Chabri

Peitschenspiele, Lassodrehen und Pistolenjonglage kombinierte Patrick Gruss Bouglione zu einer temperamentvollen Cowboynummer. Ein ganz bekanntes Gesicht sorgte schließlich für die Pausennummer: die herrlich ausstrahlungsstarke Martyn Chabri mit ihrer glamourösen Kombination von Quickchange und musikalischen Einlagen von Xylophon bis Flaschenorgel. Den zweiten Programmteil eröffneten die Finninnen Valpuri, Maria und Ronja mit ihrer originellen und mit interessanten Tricks gespickten Nummer am dreifachen Trapez. Sie wurden von Rebecca Siemoneit-Barum beim European Youth Circus 2010 entdeckt. Ebenso originell ist die Darbietung von Katerina Repponen, die bei ihren Antipodenspielen den Partner Pasi als lebende Trinka nutzt und mit ihm zusammen auch Elemente von Partnerakrobatik und Handvoltigen zeigt. In ihrem zweiten Auftritt arbeitet Aniko Servözo an einem in sehr niedriger Höhe hängenden Luftring. Dieser ist in ein Gestell eingefügt und kann daher horizontal oder vertikal arretiert werden, was zusätzliche Posen ermöglicht. Nach diesen beiden modernen Darbietungen, die von Livemusik begleitet werden, folgt das klassische Musikal-Entree der Konyots. Mutter Konyot sieht sich hier bei ihren Musizierversuchen zahlreichen Störungen durch Mann und Tochter ausgesetzt, die als Auguste agieren. Vergnügt kreischende Kinder und amüsierte Erwachsene im Publikum sind das Resultat.


Katerina Repponen und Pasi, Raffael Scholten, Raffael de Carlos

Den stärksten Eindruck hinterlässt in dieser Programmhälfte dank seines mehr als feurigen Verkaufs Jongleur Raffael de Carlos, der mit fünf Fußbällen und sieben kleineren Bällen jongliert sowie Pingpongbälle mit dem Mund bewegt, während Fußbälle auf seinen Fingerspitzen kreisen. Ein weiterer Wiesbadener „EYC“-Teilnehmer ist Raffael Scholten, der als Schlussnummer elegant-perfekte Manipulationen u.a. mit Spielkarten zeigt. Wegen ihrer Kleinteiligkeit – und hier noch ganz im Hintergrund, direkt vor dem Bühnenwagen arbeitend – wären die hervorragende Nummer aber für einen kleineren Rahmen noch besser geeignet. Der Bigband-Sound mit Musicalsänger vs. Hip-Hop-Tanz, etablierte Hochglanz-Nummern wie jene von Martyn Chabri vs. Nachwuchstalente wie Carlos Lilienthal, Kleintiernummern und traditionelle Circusclowns: Rebecca Siemoneit-Barum hatte für ihr Weihnachtsspektakel vieles ausgewählt, was ihr am Herzen lag und dabei sicher viel Herzblut investiert. Dieser unkonventionellen Mischung verschiedenster Zutaten fehlte aber zumindest in unseren Augen der gemeinsame Nenner. Eine klare Festlegung auf einen Weg – zum Beispiel entweder ein klassisches Circusprogramm im gewohnten Barum-Ambiente oder eine coole Newcomer-Show im entsprechenden Umfeld – wäre da wohl noch ansprechender gewesen.

Dennoch, man kann Rebecca Siemoneit-Barum zu ihrem gut angenommenen Start nur gratulieren und viel Erfolg wünschen für die kommenden Jahre. Dann vielleicht auch mit einer harmonischer zusammengestellten Show.

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Text: Markus Moll; Fotos: Stefan Gierisch