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Crailsheimer Weihnachtscircus 2012/13
www.crailsheimer-weihnachtscircus.de

Crailsheim, 2. Januar 2013: Ein herrliches Bild bietet der 8. Crailsheimer Weihnachtscircus des Circus Alberti (Harry Frank): Das blaue Viermastzelt und das zweimastige Vorzelt sind mit Lichterketten, Lichterbögen auf den Kuppeln und leuchtenden Kronen auf den Mastspitzen dekoriert; der Durchgangswagen und die beiden Frontwagen sind mit Circusmotiven bemalt und mit Leuchtschriften versehen. Im Vorzelt dreht eine Kindereisenbahn ihre Runden, darum gruppieren sich Verkaufswagen und im Weihnachtsmarkt-Stil gestaltete Stände. Dazu wird ein attraktives Programm mit Livemusik geboten.

Leider steht der Circus nicht auf dem Volksfestplatz dieser 33.000-Einwohner-Stadt im Nordosten Baden-Württembergs (Landkreis Schwäbisch Hall), sondern – wie all die Jahre zuvor – auf einer Wiese im Gewerbegebiet Rossfeld. Das Gelände ist gerade zu dieser Jahreszeit sicher nicht ideal, die Parksituation schwierig, eine „Brücke“ aus mit Teppich belegten Holzpaletten führt vom asphaltierten Weg über den Wiesenplatz zum Circuseingang. Dank eines Bodenbelags aus Rindenmulch kann man sich in den Zelten jedoch trockenen Fußes bewegen. Im Chapiteau erstrecken sich hinter den weißen Logenbrüstungen mit goldenem Dekor und Lämpchen drei Reihen Logenstühle und ein fünfreihiges Holzbankgradin ohne Rückenlehnen. Vor dem geschmackvollen, samtroten Artisteneingang ist das Musikerpodium platziert. Die gesamte Vorstellung über – von der Schlussnummer abgesehen – begleitet die musikalische Familie Frank dieses Programm komplett mit guter Livemusik, mit Schlagzeug, Orgel und Bläsern in wechselnder Formation. Mit jeweils drei LED-Scheinwerfern plus Moving Head an jedem Mast sowie dem Verfolger wird, ergänzt um viel Theaternebel, gutes Licht gemacht.


Michael Bados, Duo Wolf, Iveta Wolf

Im Prolog der flott und flüssig, ohne größere Umbaupausen ablaufenden Vorstellung verlesen der Weihnachtsmann und ein Kind Weihnachtsbriefe und verkünden das Ziel, die „Weihnachtsfreude nach Crailsheim zu bringen“, ehe ein buntes Opening mit Schlitten, dem kleinen hauseigenen Ballett und weiteren Figuranten folgt; auch die Einleitung zur Pause ist pfiffig gestaltet. Als erste Nummer ist das tschechische Duo Wolf mit einer ansprechenden Arbeit an den Strapaten zu sehen; die Partnerin Iveta Wolf kehrt nach der Pause noch mal mit einer klassischen Nummer an roten Tüchern wieder. Der Sohn der Wolfs, Michael Bados, erweist sich als schneller, sicherer und vielseitiger Jongleur. Bis zu sieben Bälle und sieben Keulen hält er in der Luft, außerdem bis zu neun Ringe. Bei der Jonglage mit neun Ringen nimmt er die letzten beiden von „Halterungen“ an seinem Gürtel auf, als sich die anderen bereits in der Luft befinden. Bei den Ring- und Keulenjonglage lässt Michael Bados zum Teil noch einen Ball auf seinem Kopf dopsen oder balanciert auf selbigem ein Metallgestell.


Hynek Navratil, Duo Mystic, Ludwig Navratil

Erschwert wurden die Vorbereitungen für diesen Weihnachtscircus – wie auch andernorts in dieser Saison – von der Absage einiger Artisten, u.a. der vorgesehenen Hochseiltruppe. So mussten in letzter Minute neue Artisten verpflichtet werden – und wurde hochwertiger Ersatz gefunden. Die Brüder Ludwig und Hynek Navratil vom tschechischen Cirkus Humberto steuerten zwei Darbietungen bei. In rasantem Tempo jongliert Ludwig Navratil bei seiner Antipodennummer mit Händen und Füßen u.a. fünf Fußbälle und später zwei Walzen. Zum Abschluss lässt er einen Fußball über drei Plattformen an die Spitze eines Metallgestells tanzen, das an seinen Füßen befestigt ist. In Sachen Leistungsstärke herausragend ist dann die Handstandarbeit von Hynek Navratil. Nach u.a. langen Passagen auf nur einem Arm beeindruckt insbesondere sein Schlusstrick. Hier geht er im Handstand auf Stelzen die Treppe des Piedestals hinab und lässt dabei noch einen Stab auf seinen Füßen kreisen! Nach diesem Highlight vor der Pause bleibt dem Duo Mystic, das u.a. schon in Sarrasanis Dinnershow zu sehen war, die Ehre der Schlussnummer. Die beiden muskulösen Bulgaren bieten eine sehr starke Hand-auf-Hand-Arbeit. Unter anderem dreht der Untermann eine Pirouette im Sitzen/Liegestütz, während der Partner im Einarmer auf seinem Kopf balanciert. Aus eben dieser Konstellation richtet sich der Untermann zudem aus dem Sitzen wieder in den Stand auf. Das artistische Angebot wird abgerundet durch die Kautschuknummer von „Pink Violet“ alias Anja Lorena.


Bienchen-Entree, Marcel Baldini, Harry Frank 

Selbstverständlich werden in diesem klassischen Circusprogramm auch Tiere geboten. Engagiert wurde Marcel Baldini. Mit seinen fünf Eseln, zunächst vom Pferd aus vorgeführt, und zwei Bisons präsentiert er jeweils eine vollwertige, temporeich laufende Freiheitsdressur. Auf die Schüsse mit der Schreckschusspistole, die er in beiden Nummern noch als „Showeffekte“ abfeuert, sollte er jedoch besser verzichten. Zwei weitere Tiernummern steuert Direktor Harry Frank persönlich bei: Zunächst zeigt er einen flott und präzise laufenden Viererzug Miniponys mit Federpuscheln sowie im Anschluss einen Pintoschecken. Dieses Tier beeindruckt mit vielfältigem Können, zeigt u.a. diverse Schulschritte und Steiger, springt die Kapriole und über Hürden. Springende Hunde verschiedener Größe runden unter Harry Franks Anleitung den tierischen Teil ab. In die Sparte Clownerie fällt, neben einem kurzen Intermezzo im ersten Teil, eine recht eigenständige und witzige Variante des Bienchen-Entrees, das hier von Wolfgang Frank als seriösem Part sowie dem erwachsenden August Sergio und seinem Kompagnon im Kindesalter dargeboten wird. Schön gestaltet ist der Abschluss des Programms: Mit „Maria und Josef“ auf dem Esel sowie den „Heiligen Drei Königen“ mit Kamel wird kurz die Weihnachtsgeschichte dargestellt; schließlich gibt der Weihnachtsmann jedem Artisten, der auf dem „Nachhauseweg“ durch die Manege streift, ein Glas aus dem Wasserkrug ab – und auch das letzte Glas behält er nicht für sich, sondern bewahrt lieber eine Blume vor dem Welken. Diese beiden Episoden münden dann ins Finale mit der Verabschiedung aller Akteure.

Trotz kleinerer Abstriche beim Komfort zeigen schönes Ambiente und ein starkes Programm, wie auch eine Weihnachtscircus-Produktion begeistern kann, die nicht zu den ganz großen im Lande gehört.

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Text und Fotos: Markus Moll