Dies gilt ganz
besonders für die aktuelle Produktion unter dem Titel "Eclat", die uns
besonders stark besetzt
erscheint, zumindest was den artistischen und clownesken Teil
angeht.
Elena
Vedyashkina, Redi Montico
Nicht ganz
mithalten kann da der Bereich der Tierdressuren. Dieser erfährt
naturgemäß eine gewisse Limitation durch den sehr begrenzten Platz für
die Unterbringung. Kein Problem stellt diese Einschränkung natürlich
für Hunde dar. Mit sechs Dackeln zeigt Elena Vedyashkina eine Dressur,
wie ich sie noch nie erlebt habe. Als Requisiten dienen, neben den als
Zylinder gestalteten Postamenten, sechs geschwungene Bögen, die wie
kleine Brücken aussehen. An diesen führen die Tiere ein regelrechtes
Ballett auf. Die Bögen werden hintereinander übersprungen,
umgeschmissen und es wird auf ihnen gelegen. Alles wohl orchestriert.
Wenngleich die Tiere relativ klein sind, ist es eine „große“ Nummer.
Gleich zu Beginn der Show führt Redi Montico Tiger aus seiner
gemischten Gruppe vor. Es gibt einige Tricks zu sehen, wie wir sie von
diesen gestreiften Großkatzen kennen, etwa den Steigerlauf eines
Tigers. Interessantes Detail: Auf die komplette Manege wird während der
Nummer eine Plexisglasumrandung gesetzt. Dies wohl, um die Zuschauer in
den ersten Reihen vor unerwünschten „Belästigungen“ zu schützen.
Rob Torres, Jose Michel & Co
Je öfter ich ihn
erlebe, desto mehr begeistert mich Rob Torres. Dieser amerikanische
Clown ist einfach zum Schreien komisch. Er wirkt mit seinem hellblauen
Anzug und dem roten Hut ganz unschuldig. Dabei hat er es faustdick
hinter den Ohren. Er scheut nicht davor zurück, seine irrwitzigen Ideen
in die Praxis umzusetzen. So will er etwa das Tuch eines gedeckten
Tischs wegziehen, ohne das Geschirr zu zerstören. Den Trommelwirbel
dazu soll ein Zuschauer übernehmen. Als Torres mit der Qualität der
musikalischen Begleitung ebenso wenig zufrieden ist wie mit seinem
artistischen Können, werden kurzerhand die Rollen gewechselt. Ehe er es
sich versieht, steht der Herr aus dem Publikum in der Manege, wo er das
Kunststück mit Bravour vollführt. Wunderbar ebenfalls, wie sich Torres
mit vielen aufeinander gestapelten Kartons einen Weg durch die engen Zuschauerreihen bahnt.
Richtig frech, aber eben äußerst liebenswert. Torres ist es zudem, der
das Publikum mit Hilfe von in einer Kiste „gelagertem“ Applaus
aufwärmen darf. Eine Funktion, die nicht unterschätzt werden sollte,
wie wir an diesem Wochenende in anderen Shows erfahren. Bewährte
Entreeclowns sind Jose Michel und Partner Kike. Gemeinsam mit Monsieur
Loyal Michel Palmer und Weißclown Alberto Caroli zeigen sie einmal mehr
ihre wilde Wasserschlacht um ein kostenloses Abendessen. Das Publikum
geht hörbar mit bei diesem spritzigen Vergnügen.
Sampion Bouglione junior,
Irina Bouglione, Natalia Egorova-Bouglione
Wie immer sind
Vertreter der Familie Bouglione in sowie über der Manege zu erleben.
Sampion Bouglione junior kombiniert seine Balljonglagen zum Boden mit
Stepptanz. Somit bekommt dieser Auftritt zusätzlichen Schwung. Extrem
lang ist die Stange, an der Irina Bouglione ihre Mastenakrobatik
vollführt. Durch die Länge bekommt ihre Kür einen zusätzlichen Reiz.
Neben Kraft und Eleganz zeichnet diese Nummer ein gewisses Risiko aus.
Nichtsdestotrotz zeigt die attraktive Artistin ihre Tricks sehr
elegant. Die erotische Aufmachung wird durch die raffinierte
Beleuchtung von unten perfekt unterstützt. Eine ähnliche Atmosphäre
wird beim Strapaten-Akt von Natalia Egorova-Bouglione erzeugt.
Wenngleich nicht ganz so knisternd, werden auch ihre Flüge,
Umschwünge und Haltefiguren perfekt mit eher sparsamem - aber sehr
gezieltem - Lichteinsatz inszeniert. Die Junioren der Familie wandeln
schließlich auf Harry Potters Spuren. Valentino, Dimitri und Alessandro
haben sich originell aufgemachte Zaubereien ausgesucht. Da wird etwa
der sich in einem Karton befindende Artist nicht etwa mit Schwertern,
sondern mit Regenschirmen durchbohrt. Sympathisch ebenfalls der
Eingangstrick, bei dem ein Holzauto zusammengebaut wird, welches dann
scheinbar von selbst durch die Manege fährt.
Elena Jasters, Trio Bellissimo, Truppe
Fantasy
Anton
Monastyrsky eröffnet den Reigen der engagierten Artisten. Mit seinen
Hula Hoop-Reifen in verschiedenen Größen gewinnt er diesem Genre seinen
ganz eigenen Stil ab. Dabei setzt er zudem auf seinen beweglichen
Körper und sein akrobatisches Können. Einen Tango am Trapez „tanzt“ das
Duo Tempo Rouge. Bei aller Choreographie darf man nicht übersehen, dass
hier anspruchsvolle, riskante Tricks sehr sicher dargeboten werden.
Äußerstes Risiko geht auch das Duo Jasters ein. In der kompakten
Atmosphäre des Cirque d'Hiver wird dies nochmal besonders deutlich.
Sowohl beim Schießen mit der Armrust als auch beim Werfen von Messern
in verschiedenen Varianten spielt Giacomo Jasters quasi mit dem Leben
seiner Partnerin Elena. So jedenfalls wirkt es auf den Betrachter. Die
Jasters aber werden dieses Risiko besser kalkulieren können.
Entspannung dann wieder beim Trio Bellissimo. Die Ukrainerinnen sind
eine wahre Augenweide. Ihre wunderbare Partnerequilbristik zur
italienischen Version von „All by myself“ ist es ebenfalls. Wir kennen
sie unter anderem von Roncalli und Knie. Mit einer großen Truppe am
Schleuderbrett setzen die Bougliones das passende Ausrufezeichen hinter
dieses starke Programm. Vier Frauen – eine davon als Springerin – und
sechs Männer bilden die Truppe Fantasy. Die gut aussehenden, jungen
Rumänen haben ein Repertoire, das wenig Wünsche offen lässt. Sie zeigen
beispielsweise einen im Spagat zwischen zwei Zwei-Personen-Türmen
gefangenen Sprung und einen, der in gleicher Höhe auf einer Stange
gelandet wird. Schlusstrick ist der Fünf-Mann-Hoch mit Perchestange.
Mit dieser Truppe ist definitiv zu rechnen.
Orchester,
Salto Dancers, Michel Palmer
Natürlich
ist eine Show im Cirque d'Hiver mehr als die Summe ihrer Nummern. Da
ist das fantastische, über der feudalen Gardine thronende Orchester
unter der Leitung von Pierre Nouveau. Der Sound ist einfach grandios.
Ebenfalls grandios ist das traumhafte Lichtdesign. Dank Michel Palmer
hat das Spectacle den passenden Monsieur Loyal. Mit markanter
Erzählstimme überbrückt er knapp die ohnehin kurzen Umbaupausen. In
einer gefühlten Hundertschaft sind in diesen Tagen – dank der parallel
stattfindenden Show in Le Bourget - die Salto Dancers unterwegs. Im
Cirque d'Hiver aber haben sie ihre Heimat. Mit vielen neuen
Choreographien runden sie „Eclat“ formvollendet ab.
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