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La Grande Fête Lilloise du Cirque 2012
www.lagrandefetelilloiseducirque.com ; 65 Showfotos

Lille, 27. Oktober 2011: Stark besetzt, flott im Ablauf und hochwertig in der Präsentation – so glänzt auch 2012 die Grande Fête Lilloise du Cirque. In dieser Produktion von Thierry Feery finden sich stets einige der angesagtesten Darbietungen, wobei auf eine Ausgewogenheit zwischen Artistik, Tierdressuren und Clownerie geachtet wird. Es ist alles dabei, was zum „richtigen“ Circus gehört. Und das eben auf höchstem Niveau. Da die Nummern Schlag auf Schlag folgen und die Regie geschickt durchdacht ist, gibt es keine Längen. Hinzu kommen ein großer Orchester (Leitung: Kristof Majewski) und ein opulentes Lichtdesign.

Das im vergangenen Jahr angeschaffte Chapiteau ohne Masten im Inneren sorgt für optimale Sichtverhältnisse. Selbstverständlich sitzen alle Zuschauer auf bequemen Einzelsitzen. Die Moderation übernimmt Feery selbst. Er ist immer präsent, ohne aufdringlich zu wirken.


Casablanca Truppe, Pagoda of Bowls, Young Flyers

Allein im artistischen Bereich finden sich drei Truppen. Gleich zu Beginn der Show sorgt die Casablanca Truppe für eine Manege voller Wirbelwinde. Die Marokkaner lassen ihre Körper bei den verschiedensten Sprüngen durch die Luft fliegen. Recht wackelig sind an diesem Nachmittag hingegen ihre Menschenpyramiden. Die Schalenpagode vom Chinesischen Nationalcircus war in unterschiedlicher Besetzung schon in vielen Produktionen zu sehen. In Lille erleben wir einmal mehr die Erstbesetzung. Die Handvoltigen, bei denen die Fliegerinnen kleine Schalen mit den Füßen balancieren, wirken ebenso durch die unglaublichen Leistungen wie durch die folkloristische Aufmachung. Gewöhnungsbedürftiger ist da schon die Hochleistungsakrobatik der Young Flyers aus Nordkorea. Die Begleitmusik ist für unsere Ohren eigenwillig, die Fokussierung auf Höchstleistungen wirkt eher verkrampft. So erlebt der vierfache Salto gleich drei Versuche, von denen keiner gelingt. Viel schöner anzusehen sind da ihre unglaublichen Flugkombinationen über mehrere Stationen, die dank mehrere Fänger möglich werden.


Azzario Sisters, Ty Tojo, Super Silva

Immer wieder mitreißend ist die Musik der Azzario Sisters, die ihre starke Duo-Equlibristik vortrefflich begleitet. Die spanischen Schwestern Quincy und Katie zeigen ihre kraftraubenden Tricks immer mit einem charmanten Lächeln. Ein Silberner Clown beim diesjährigen Circusfestival von Monte Carlo gehört zu ihren Trophäen. In Monte Carlo war in diesem Jahr ebenfalls der junge Jongleur Ty Tojo dabei. Mit Bällen und Zigarrenkisten zeigt der Japaner rasante, anspruchsvolle Touren. Der Verzicht auf das animierte Requisit zum Fangen von Bällen über dem Kopf tut seinem Auftritt gut. Für Nervenkitzel während bzw. nach dem Käfigabbau sorgt der ebenfalls Monte Carlo-erfahrene Super Silva. Mit Deckenlauf und Sprüngen ans Trapez in sehr großer Höhe gibt er dem Programm einen ganz besonderen Thrill.


Merrylu und Rene Casselly junior

Gar einen aktuellen Goldenen Clown besitzt die Familie von Rene Casselly. In Lille zeigen die Cassellys natürlich ihre preisgekrönte Show mit den vier afrikanischen Elefanten. Die Kinder Merrylu und Rene junior sind es, die mit akrobatischen Leistungen im Zusammenspiel mit den Dickhäutern begeistern. Insbesondere die Sprünge vom Schleuderbrett auf den Elefantenrücken sind ein Garant für Höchststimmung unter dem Chapiteau. Das perfekte Zusammenspiel von Mensch und Tier steht auch bei den Eshimbekov im Mittelpunkt. Ihre ansonsten im Hochgeschwindigkeitstempo gezeigte Dshigitenreiterei wird allerdings des öfteren ausgebremst. Der aus Matten gebildete Manegenboden ist offensichtlich nicht optimal. Immer wieder muss mit Sägespänen nachgebessert werden. Das Erlebnis wird so getrübt. Keine derartigen Probleme haben die sieben Tiger, darunter ein weißer, von Eric Bormann. Sie zeigen ein rundes Repertoire, welches flüssig abläuft. Mit dem Sprung durch die Beine ihres im einarmigen Handstand balancierenden Tierlehrers hat diese Nummer ihren ganz individuellen Trick. Eine Manege voller lebhafter Hunde und Ponys garantiert Mister Dalmatin, der inzwischen seinen jungen Sohn als zusätzlichen „Vorführer“ einbezieht. Wie der Papa, tritt auch der Junior im Dalmatiner-Outfit mit Zylinder auf. Ebenfalls eine Kombination aus zwei Tierarten gibt es bei Philips Seelöwen- und Papageienshow. Allerdings arbeiten die beiden Meerestiere nicht unmittelbar mit den Vögeln. Die Tricks werden durch die drei Vorführer abwechselnd präsentiert. Mal agieren die beiden Seelöwen in wirklich witzigen Sequenzen mit zwei der Tierlehrer, mal lässt der dritte die Papageien fliegen.


Totti, Fumagalli, Thierry Feery, Darix Huesca

Ein Liller „Urgestein“ ist trotz seines jungen Alters Clown Totti (Alexis). Er ist Sketchpartner von Thierry Feery, glänzt aber genauso mit seinen eigenen Auftritten. Das bekannte Spiel um die nicht vorhandene Eintrittskarte inszeniert er ebenso eigenständig wie neue Reprisen. Ein wahrer Entertainer, der das Publikum bestens im Griff hat. Ein Klassiker ist das „Bienchen“, welches heutzutage am ehesten mit Fumagalli verbunden wird, der das „feuchte F“ beherrscht wie kein Zweiter. Hier zeigt er es im Zusammenspiel mit Bruder Darix Huesca und Thierry Feery. Die großartigen Manegenkomiker bringen noch weitere Einlagen wie etwa die Zauberei mit einem, oder dann doch eher zwei, Halstüchern. Somit ist in diesem ungewöhnlich starken Programm auch die Clownerie bestens besetzt. Beim Finale wird den Zuschauern dann noch ein letztes Mal vor Augen geführt, welch großartige Show sie da gerade genießen durften.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch