CHPITEAU.DE

Offenburger Weihnachtscircus 2012/13
www.weihnachtscircus.com ; 100 Showfotos

Offenburg, 23. Dezember 2012: Wenn Kenneth Huesca zu Beginn der Vorstellung im Scheinwerferlicht steht und das Publikum im vollbesetzten Chapiteau begrüßt, dann tut er dies im „neuen“ Offenburger Weihnachtscircus. Nachdem sich Anja Oschkinat im vergangenen Winter mit einer wunderbar stimmigen, aber sehr auf Artistik ausgerichteten Show nach 16 Jahren verabschiedet hat, haben nun Sascha Melnjak und Uwe Gehrmann diese traditionsreiche Produktion in der Ortenau übernommen. Beide veranstalten seit 14 Jahren sehr erfolgreich den Heilbronner Weihnachtscircus.

Gehrmann hatte zudem zusammen mit Oschkinat den Offenburger Weihnachtscircus aus der Taufe gehoben, Melnjak war ebenfalls beim Start dieser Produktion beteiligt. Sie haben sich auf die Fahne geschrieben, in Offenburg wieder Circus mit allen klassischen Elementen zu spielen. Insbesondere Tierdressuren sollen einen prominenten Platz einnehmen. Ebenfalls aus Heilbronn hat das Produzenten-Duo sein bewährtes Vermarktungskonzept übernommen. Die Plakatwerbung ist weithin gut sichtbar, und auch der Postversand wurde, ebenso wie die Pressearbeit, umfangreich genutzt. Wie zu hören war, lief das Gastspiel erfolgreich an. Das Equipment stammt weitestgehend vom Zirkus Charles Knie. Chapiteau und Vorzelt erstrahlen in den gewohnten Farben weiß und rot. Zudem ist ein Kassenwagen von Alfredo Nock im Einsatz, die Beklebung des Frontzauns wurde entsprechend angepasst. Weihnachtsbäume sorgen für der Jahreszeit angepasste Atmosphäre, im Vorzelt laden die bekannten Verkaufswagen und -stände zum Verweilen ein.


Ballett

Uwe Gehrmann hat zudem die Regie übernommen. Und das hat er so fabelhaft gemacht, dass man ihm nur größten Respekt aussprechen kann. Die Show hat ein perfektes Tempo, es geht Schlag auf Schlag. Hänger gibt es nicht. Das Timing ist grandios. Das Publikum ist von der ersten bis zur letzten Minute voll dabei. Zum Finale gibt es lang anhaltenden, frenetischen Applaus. Torsten Malmström sorgt als Abendregisseur angenehm ruhig dafür, dass alles reibungslos abläuft. Nie werden Darbietungen durch Umbauten gestört, nie ist jemand in der Manege, der dort gerade nicht hingehört. Und doch gibt es keine längeren Pausen. Das von Charles Knie-Kapellmeister Volodymyr Kozachuk zusammengestellte Orchester spielt zu fast allen Nummern. Der Sound ist wunderbar, die Lautstärke genau richtig eingestellt. Das Licht ist stimmungsvoll, und das Ballett sorgt für Auflockerungen zwischen einzelnen Darbietungen. Die fünf Damen übernehmen in Frack und Zylinder auch das Opening.


Truppe Zuma Zuma, Selyna Bogino, Bonbon

Für den nötigen Schwung gleich zu Beginn sorgen die sechs jungen Schwarzafrikaner der Truppe Zuma Zuma. Herrlich ausgelassen wirbeln die Sunnyboys im Zebra-Outfit durch die Manege, die musikalische Begleitung ist exzellent. Es werden Menschentürme gebaut, Sprünge durch Reifen und Balancen unter einer brennenden Stange gezeigt. Mit weiblichem Charme lässt Selyna Bogino die verschiedensten Gegenstände auf ihren Füßen tanzen. Die charmante Antipodistin mit dem langen lockigen Haar jongliert sehr versiert mit einer Walze, Tüchern, Bällen und einem Reifen. Dann kommen wir endlich einmal wieder in den Genuss, Bonbon und Tiina bei uns in Deutschland erleben zu dürfen. Der dänische Clown und seine Partnerin gehören für mich zur aussterbenden Spezies der wirklich witzigen Manegenkomiker. Gleich im ersten Auftritt spielen sie ihr virtuoses Badminton-Match, welches auch sportlich anspruchsvoll ist.


Renata Berousek, Robert Lagroni

Dank der Verpflichtung von Renata und Jiri Berousek junior kann der Offenburger Weihnachtcircus mit einer der aktuell besten Pferdedressuren aufwarten. Die beiden zeigen einen Zwölferzug mit jeweils sechs weißen und braunen Arabern. Die äußerst anspruchsvolle Trickfolge läuft reibungslos. Teilweise werden Abläufe gezeigt, die ich so noch nie gesehen habe. Etwa die Art und Weise, wie nach und nach der Fächer aufgebaut wird. Verschiedene Steiger runden das Repertoire ab. Dazu tragen die beiden Vorführer edle Husarenuniformen. Einzig die dazu abgespielte Musik aus der Konserve mag nicht so recht ins Ohr gehen. Mit noch mehr Pferdestärken gelangt anschließend Robert Lagroni in die Manege. Sein Motorrad nutzt er nicht nur als Beförderungsmittel, sondern ebenfalls als Requisit für kraftvolle Handstandakrobatik. Der muskulöse Tscheche lässt sich den Schwierigkeitsgrad seiner Übungen nicht anmerken und hat zumeist ein Lächeln auf den Lippen. Auch dann, wenn die Klötzchenarbeit nicht im ersten Anlauf gelingt.


Duo Silver Stones, Adriana Folco, Paolo Kaiser

Nachdem Bonbon gleich in fünffacher Ausfertigung durch die Manege getanzt ist, erleben wir die einzige Luftnummer im Programm. Das Duo Silver Stones arbeitet an den Strapaten ein sehr umfangreiches Repertoire. Die beiden jungen Artisten nutzen ihre trainierten Körper für schwierige, aber immer herrlich anzusehende Figuren und Umschwünge. Ein echter Hingucker eben. Elefantendame Baby hat die Zuschauer sofort auf ihrer Seite, auch wenn sie an diesem Nachmittag den Großteil der Nummer damit beschäftigt ist, seelenruhig ihren Darm zu entleeren. Für das Publikum scheint dies Unterhaltung genug zu sein. Tierlehrerin Adriana Folco nimmt es gelassen und animiert Baby dann doch noch zu dem ein oder anderen Kunststück. Nach der Pause geht es mit Paolo Kaiser und seiner aus dem Saisonprogramm von Charles Knie bekannten Rola Rola-Artistik weiter. Vom Afrika-Ballett eingeleitet, folgt die letzte Tiernummer. Jiri Berousek junior präsentiert Kamele und Zebras in einer harmonischen Freiheit. Lama und Pony kommen zum Ende hin dazu.


Truppe Alexander, Bonbon und Tiina, Francois Borie

Im Anschluss an ein Glockenspiel von Bonbon und zwei Kindern aus dem Publikum ist das Schleuderbrett aufgebaut. Damit zeigt die Truppe Alexander interessante, anspruchsvolle Sprünge, die wahlweise auf einer Matte oder der Schulter eines Partners gelandet werden. Die junge Dame und die fünf ebenfalls jugendlichen Herren machen dazu eine schwungvolle Show, die auch eine gute Schlussnummer abgeben würde. Eskortiert von vier Requisiteuren betritt sodann Tiina die Manege. Das Fangnetz ist bereits aufgebaut. Aus der angekündigten Sensations- wird allerdings eine Katastrophennummer. Denn Bonbon versemmelt seinen Auftritt als „menschliche Kanonenkugel“ komplett und steht am Ende ziemlich zerrupft auf der Piste. Ein herrlicher Spaß ist es natürlich trotzdem. Ein jugendlicher Jongleur, der seinen Auftritt ausschließlich mit Keulen bestreitet, ist Francois Borie. Der Franzose wirbelt seine Requisiten in unterschiedlicher Anzahl so geschickt und rasant durch die Luft, dass das Zuschauen die reine Freude ist. Am Ende jongliert er drei Keulen im Hochgeschwindigkeitstempo.


Kenneth Huesca, Compania Havanna, Finale

Kenneth Huesca kennen wir von seinem langjährigen Engagement beim Zirkus Charles Knie. Er ist ein virtuoser Musiker an Saxophon und Xylophon, vor allem aber ein versierter Bauchredner. Ganz egal, ob er Puppen seine Stimme leiht oder aber Menschen, die einige Augenblicke zuvor noch entspannt auf ihren Plätzen saßen: Das Publikum geht bei diesem ausgelassenen Spaß ungemein mit. Die Nummer vor dem Finale bestreitet die Compania Havanna. Zwei junge Kubaner schleudern ihre beiden Partner mit dem Russischen Barren in die Luft, wo diese elegant Pirouetten und Salti drehen, lateinamerikanische Lebensfreude inklusive. Einzig die durchgehende Musikbegleitung vom Band zu Mambo No. 5 ging zumindest mir im Laufe des Auftritts etwas auf die Nerven. Das Finale wird Charles Knie-like vom Ballett in Glitzerkostümen eingeleitet. Alle Mitwirkenden verabschieden sich ausgiebig vom begeistert applaudierenden Publikum. Kenneth Huesca stellt alle Artisten namentlich vor. Noch einmal wird den Zuschauern vor Augen geführt, welch jugendlich-sympathisches Ensemble sie die letzten Stunden unterhalten hat.

Offenburger Weihnachtscircus reloaded: Das Experiment ist auf ganzer Linie geglückt. Solch ein mitreißendes, schwungvolles und stark besetztes Programm ist einfach dazu angetan, das Publikum zu begeistern und an diesen „neuen alten“ Weihnachtscircus zu binden. Zur Kundenbindung dienen auch die im Vorzelt ausliegenden Postkarten, mit denen man sich beim Circus für weiterführende Informationen registrieren kann. CRM, Customer Relationship Management, heißt das im Marketing. So etwas sollte eigentlich bei einem jährlich wiederkehrenden Event Standard sein. Ich habe es in Offenburg zum ersten Mal bei einem Weihnachtscircus erlebt. Insofern sollte es einem auch um den wirtschaftlichen Erfolg dieses Weihnachtscircus nicht bange sein. Wir drücken, zugegebenermaßen nicht ganz uneigennützig, ganz fest die Daumen!

__________________________________________________________________________
Text und Fotos: Stefan Gierisch