Gehrmann
hatte zudem zusammen mit Oschkinat den Offenburger Weihnachtscircus aus der
Taufe gehoben, Melnjak war ebenfalls beim Start dieser Produktion
beteiligt. Sie haben sich auf die Fahne geschrieben, in Offenburg wieder
Circus mit allen klassischen Elementen zu spielen. Insbesondere
Tierdressuren sollen einen prominenten Platz einnehmen. Ebenfalls aus
Heilbronn hat das Produzenten-Duo sein bewährtes Vermarktungskonzept
übernommen. Die Plakatwerbung ist weithin gut sichtbar, und auch der
Postversand wurde, ebenso wie die Pressearbeit, umfangreich genutzt.
Wie zu hören war, lief das Gastspiel erfolgreich an. Das Equipment
stammt weitestgehend vom Zirkus Charles Knie. Chapiteau und Vorzelt erstrahlen
in den gewohnten Farben weiß und rot. Zudem ist ein Kassenwagen
von Alfredo Nock im Einsatz, die Beklebung des Frontzauns
wurde entsprechend angepasst. Weihnachtsbäume sorgen für der Jahreszeit
angepasste Atmosphäre, im Vorzelt laden die bekannten Verkaufswagen und
-stände zum Verweilen ein.
Ballett
Uwe
Gehrmann hat zudem die Regie übernommen. Und das hat er so fabelhaft
gemacht, dass man ihm nur größten Respekt aussprechen kann. Die Show
hat ein perfektes Tempo, es geht Schlag auf Schlag. Hänger gibt es
nicht. Das Timing ist grandios. Das Publikum ist von der ersten bis zur
letzten Minute voll dabei. Zum Finale gibt es lang anhaltenden,
frenetischen Applaus. Torsten Malmström sorgt als Abendregisseur
angenehm ruhig dafür, dass alles reibungslos abläuft. Nie werden
Darbietungen durch Umbauten gestört, nie ist jemand in der Manege, der
dort gerade nicht hingehört. Und doch gibt es keine längeren Pausen.
Das von Charles Knie-Kapellmeister Volodymyr Kozachuk zusammengestellte
Orchester spielt zu fast allen Nummern. Der Sound ist wunderbar, die
Lautstärke genau richtig eingestellt. Das Licht ist stimmungsvoll, und
das Ballett sorgt für Auflockerungen zwischen einzelnen
Darbietungen. Die
fünf Damen übernehmen in Frack und Zylinder auch das Opening.
Truppe Zuma Zuma, Selyna Bogino, Bonbon
Für den
nötigen Schwung gleich zu Beginn sorgen die sechs jungen
Schwarzafrikaner der Truppe Zuma Zuma. Herrlich ausgelassen wirbeln die
Sunnyboys im Zebra-Outfit durch die Manege, die musikalische Begleitung
ist exzellent. Es werden Menschentürme gebaut, Sprünge durch Reifen und
Balancen unter einer brennenden Stange gezeigt. Mit weiblichem Charme
lässt Selyna Bogino die verschiedensten Gegenstände auf ihren Füßen
tanzen. Die charmante Antipodistin mit dem langen lockigen Haar
jongliert sehr versiert mit einer Walze, Tüchern, Bällen und einem
Reifen. Dann kommen wir endlich einmal wieder in den Genuss, Bonbon und
Tiina bei uns in Deutschland erleben zu dürfen. Der dänische Clown und
seine Partnerin gehören für mich zur aussterbenden Spezies der wirklich
witzigen Manegenkomiker. Gleich im ersten Auftritt spielen sie ihr
virtuoses Badminton-Match, welches auch sportlich anspruchsvoll ist.
Renata Berousek, Robert Lagroni
Dank
der Verpflichtung von Renata und Jiri Berousek junior kann der
Offenburger Weihnachtcircus mit einer der aktuell besten
Pferdedressuren aufwarten. Die beiden zeigen einen Zwölferzug mit
jeweils sechs weißen und braunen Arabern. Die äußerst anspruchsvolle
Trickfolge läuft reibungslos. Teilweise werden Abläufe gezeigt, die ich
so noch nie gesehen habe. Etwa die Art und Weise, wie nach und nach der
Fächer aufgebaut wird. Verschiedene Steiger runden das Repertoire ab.
Dazu tragen die beiden Vorführer edle Husarenuniformen. Einzig die dazu
abgespielte Musik aus der Konserve mag nicht so recht ins Ohr gehen.
Mit noch mehr Pferdestärken gelangt anschließend Robert Lagroni in die
Manege. Sein Motorrad nutzt er nicht nur als Beförderungsmittel,
sondern ebenfalls als Requisit für kraftvolle Handstandakrobatik. Der
muskulöse Tscheche lässt sich den Schwierigkeitsgrad seiner Übungen
nicht anmerken und hat zumeist ein Lächeln auf den Lippen. Auch dann,
wenn die Klötzchenarbeit nicht im ersten Anlauf gelingt.
Duo Silver Stones, Adriana Folco, Paolo Kaiser
Nachdem
Bonbon gleich in fünffacher Ausfertigung durch die Manege getanzt ist,
erleben wir die einzige Luftnummer im Programm. Das Duo Silver Stones
arbeitet an den Strapaten ein sehr umfangreiches Repertoire. Die beiden
jungen Artisten nutzen ihre trainierten Körper für schwierige, aber
immer herrlich anzusehende Figuren und Umschwünge. Ein echter Hingucker
eben. Elefantendame Baby hat die Zuschauer sofort auf ihrer Seite, auch
wenn sie an diesem Nachmittag den Großteil der Nummer damit
beschäftigt ist, seelenruhig ihren Darm zu entleeren. Für das
Publikum scheint dies Unterhaltung genug zu sein. Tierlehrerin Adriana Folco nimmt es gelassen und animiert Baby dann doch noch zu dem ein
oder anderen Kunststück. Nach der Pause geht es mit Paolo Kaiser und
seiner aus dem Saisonprogramm von Charles Knie bekannten Rola
Rola-Artistik weiter. Vom Afrika-Ballett eingeleitet, folgt die letzte
Tiernummer. Jiri Berousek junior präsentiert Kamele und Zebras in einer
harmonischen Freiheit. Lama und Pony kommen zum Ende hin dazu.
Truppe Alexander, Bonbon und Tiina, Francois Borie
Im
Anschluss an ein Glockenspiel von Bonbon und zwei Kindern aus dem
Publikum ist das Schleuderbrett aufgebaut. Damit zeigt die Truppe
Alexander interessante, anspruchsvolle Sprünge, die wahlweise auf einer
Matte oder der Schulter eines Partners gelandet werden. Die junge Dame
und die fünf ebenfalls jugendlichen Herren machen dazu eine
schwungvolle Show, die auch eine gute Schlussnummer abgeben würde.
Eskortiert von vier Requisiteuren betritt sodann Tiina die Manege. Das
Fangnetz ist bereits aufgebaut. Aus der angekündigten Sensations- wird
allerdings eine Katastrophennummer. Denn Bonbon versemmelt seinen
Auftritt als „menschliche Kanonenkugel“ komplett und steht am Ende
ziemlich zerrupft auf der Piste. Ein herrlicher Spaß ist es natürlich
trotzdem. Ein jugendlicher Jongleur, der seinen Auftritt ausschließlich
mit Keulen bestreitet, ist Francois Borie. Der Franzose wirbelt seine
Requisiten in unterschiedlicher Anzahl so geschickt und rasant durch
die Luft, dass das Zuschauen die reine Freude ist. Am Ende jongliert er
drei Keulen im Hochgeschwindigkeitstempo.
Kenneth Huesca, Compania Havanna, Finale
Kenneth
Huesca kennen wir von seinem langjährigen Engagement beim Zirkus
Charles Knie. Er ist ein virtuoser Musiker an Saxophon und Xylophon,
vor allem aber ein versierter Bauchredner. Ganz egal, ob er Puppen
seine Stimme leiht oder aber Menschen, die einige Augenblicke zuvor
noch entspannt auf ihren Plätzen saßen: Das Publikum geht bei diesem
ausgelassenen Spaß ungemein mit. Die Nummer vor dem Finale bestreitet
die Compania Havanna. Zwei junge Kubaner schleudern ihre beiden Partner
mit dem Russischen Barren in die Luft, wo diese elegant Pirouetten und
Salti drehen, lateinamerikanische Lebensfreude inklusive. Einzig die
durchgehende Musikbegleitung vom Band zu Mambo No. 5 ging zumindest mir im Laufe
des Auftritts etwas auf die Nerven. Das Finale wird Charles Knie-like vom Ballett in Glitzerkostümen eingeleitet. Alle Mitwirkenden
verabschieden sich ausgiebig vom begeistert applaudierenden Publikum.
Kenneth Huesca stellt alle Artisten namentlich vor. Noch einmal wird
den Zuschauern vor Augen geführt, welch jugendlich-sympathisches
Ensemble sie die letzten Stunden unterhalten hat.
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