Wie
kaum ein anderer (Weihnachts-)Circusdirektor nimmt Kretz zudem in der
Werbung eine prominente Stelle ein. In der Gegend um Ravensburg kennt
man ihn einfach und verbindet ihn mit diesem Weihnachtscircus. Es ist
also ein Heimspiel für den Direktor dieser noch vergleichsweise jungen
Produktion.
Elmar Kretz
Der
33-jährige Hotelierssohn hat - wie einige andere auch - seine
Leidenschaft zum Beruf gemacht. Barum heißt der Circus, den er am meisten verehrt hat. Und so war
der Aufbau in Ravensburg in diesem Jahr ein ganz besonderes Erlebnis.
Gespielt wird nämlich im vorletzten Chapiteau dieses inzwischen
eingestellten Unternehmens. Derzeit befindet sich das Zelt im Besitz
von Daniel Renz. Das Gradin stammt von Daniel Diorio, der Eingangsbereich
wird von einem Festzelt überdacht. Dafür, dass dort trotzdem Stimmung
aufkommt, sorgen Holzhütten, in denen Speisen, Getränke und Souvenirs
angeboten werden.
Opening, David Paschke, Dani Jahn
Bei
der Gestaltung des Programms orientiert man sich in Ravensburg ganz am
klassischen Circus. Eine kontinuierliche Steigerung ist zu bemerken.
Die Regie der Show 2012 wurde „inhouse“ realisiert. Sprich, Elmar
Kretz, David Paschke und André Broger haben Ideen für einzelne Einlagen
sowie das Gesamtkonzept entwickelt. Monte Carlo-like gleich das
Opening, bei dem die Artisten mit großen Fahnen durch das Gradin
laufen, um sich dann in der Manege zu treffen. Originell ebenfalls der
moderierte Käfigabbau, bei dem David Paschke – in diesem Jahr
formvollendeter Sprechstallmeister mit Zylinder und rotem Frack – die
Requisiteure anfeuert sowie ihre Leistungen lobt. Flic Flac stand ganz
offensichtlich für den Aufbau der Motorradkugel Pate: Dani Jahn als
Rocker spielt E-Gitarre, während dazu „Sonne“ von Rammstein erklingt.
Elmar Kretz, Jan Ales, Conchi Munoz
Eine andere Herausforderung besteht darin, jedes Jahr neue
Attraktionen zu bieten. Im fünften Jahr eine bereits durchaus
sportliche Aufgabe. Bei den Tierdarbietungen ist dies
wunderbar gelungen. Statt Hunden und Elefanten wie im
vergangenen Jahr, gibt es nun Raubtiere und Seelöwen. Einzig
die Pferde sind geblieben. Wie gewohnt werden sie vom Direktor
im eleganten Frack vorgeführt. In diesem Winter zeigt er einen
Achterzug weißer Araber, der wiederum vom dänischen Cirkus Arena
gemietet wurden. Die Freiheit läuft von Beginn an ruhig und geordnet.
Als besondere Einlage assistiert die Tochter bei der Verteilung der
Futterbelohnungen. Der Tscheche Jan Ales bringt fünf Tiger und zwei
Löwen in den Zentralkäfig. Die gepflegten Tiere zeigen unter seiner
Anleitung eine sehenswerte Auswahl an Tricks. Andrew, Siggi und Nelson
hören auf das Kommando von Conchi Munoz sowie Garry Jahn. Die drei
stattlichen Seelöwen sind mit viel Freude bei der Sache und beklatschen
ihre Kunststücke gegenseitig.
Steve Munoz, Aliona, Super Alex
Sohn
Steve Jahn jongliert mit Reifen, Bällen, Keulen und Fackeln. Als
Schlusstrick mit den Keulen kombiniert er die Jonglagen mit einem Flic
Flac. Klar, dass dieser Trick nicht im ersten Versuch funktioniert. Als
es denn endlich klappt, tobt das Publikum. Zum Thema Verkauf gehört
auch Jahns Aufmachung als Edel-Gangster. Die Rolle der zugehörigen
Gangsterbraut übernimmt seine Freundin Aliona. Die Moldawierin ist
zudem im Solo an den Strapatentüchern zu erleben, wo sie eine
wunderbare Kür mit den von diesem Requisit bekannten Tricks aufführt.
Zwei weitere Luftnummern steuern die Flying Michaels bei, die nach
eigenen Angaben erstmalig in Deutschland gastieren. Direkt vor der
Pause sehen wir sie in großer Formation (zwei Fliegerinnen, zwei
Flieger und ein Fänger) am Flugtrapez. Höhepunkte sind der mit
verbundenen Augen gesprungene Dreifache und die Passage. Einen der
beiden Flieger erleben wir zudem als Super Alex. Völlig ungesichert
zeigt er unter der Kuppel einen Deckenlauf und den mit den Füßen
gefangenen Sprung von Trapez zu Trapez. Ein echter Nervenkitzel. Fänger
Marcello ist nicht weniger vielseitig. Als erste Nummer im Programm
zeigt er Balancen auf der Rola Rola. Schade zu hören, dass sich die
Flying Michaels in Kürze auflösen wollen. Ein Trost: Flieger Marlon Michael
wechselt zu den Zunigas bei Krone. Ein Klassiker in Ravensburg
ist die Motorradkugel der Diorios. Verletzungsbedingt sehen wir an
diesem Abend nur drei der ursprünglich vorgesehenen fünf Fahrer. Dafür
aber öffnet sich die Kugel, während die Piloten hindurch rasen.
Clown André
Als
Pilot der Lüfte wird der kleinen Teddy von Clown Andre (Broger) auf die
Reise geschickt. Nach etlichen Startversuchen vom Gradin erfolgt der
Abflug dann letztendlich vom oberen Ende der hohen roten Gardine. Das
Flugzeug legt eine Bruchlandung hin, der kleine Bär überlebt dank
seines Fallschirms. Außerdem zeigt der Clown aus der Schweiz sein Duett
mit Hilfe eines Wischmops, das Bratpfannenkonzert, die Jagd auf eine
Fliege, und zur Einleitung der Pause wird auf dem Campingkocher Popcorn
produziert. Schön ebenfalls der Beginn, bei dem André auf der Suche
nach einem Stromanschluss weite Wege zurücklegt. Zur Einleitung des
Finales dann wieder eine jene Szenen, die dieser Show eine individuelle
Note geben. David Paschke erzählt von seinem Kindheitstraum, später
einmal zum Circus zu gehen. In den Aufgängen stehen dazu all die
Figuren, die er gerne verkörpern würde, wie etwa der mutige
Raubtierdompteur oder der tollkühne Trapezartist. Alle Mitwirkenden
verabschieden sich sodann in der Manege und erfüllen den „Traum vom
Circus“ insgesamt mit Leben. Ein Traum, den sich auch Elmar Kretz
erfüllt hat. Sichtlich begeistert über den fulminanten Start
verabschiedet er das frenetisch applaudierende Publikum an diesem
Premierenabend. Heimspielatmosphäre eben.
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