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Ravensburger Weihnachtscircus 2012
www.weihnachtscircus-rv.de ; 60 Showfotos

Ravensburg, 22. Dezember 2012: Für gewöhnlich besteht ein Gradin aus mehreren Blöcken, die mehr oder weniger ein Rund ergeben. In Ravensburg scheint das etwas anders zu sein. Hier gibt es bei entsprechender Stimmung zwei Fankurven, beide für die Heimmannschaft. Und das ist der Ravensburger Weihnachtscircus mit Teamchef Elmar Kretz. Wenn man ihn am Premierenabend im Eingangsbereich stehen sieht, könnte man meinen, dass er jeden einzelnen Besucher persönlich kennt. Hier ein kurzes Gespräch, da ein Händedruck, es wirkt alles sehr familiär.

Wie kaum ein anderer (Weihnachts-)Circusdirektor nimmt Kretz zudem in der Werbung eine prominente Stelle ein. In der Gegend um Ravensburg kennt man ihn einfach und verbindet ihn mit diesem Weihnachtscircus. Es ist also ein Heimspiel für den Direktor dieser noch vergleichsweise jungen Produktion.


Elmar Kretz

Der 33-jährige Hotelierssohn hat - wie einige andere auch - seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Barum heißt der Circus, den er am meisten verehrt hat. Und so war der Aufbau in Ravensburg in diesem Jahr ein ganz besonderes Erlebnis. Gespielt wird nämlich im vorletzten Chapiteau dieses inzwischen eingestellten Unternehmens. Derzeit befindet sich das Zelt im Besitz von Daniel Renz. Das Gradin stammt von Daniel Diorio, der Eingangsbereich wird von einem Festzelt überdacht. Dafür, dass dort trotzdem Stimmung aufkommt, sorgen Holzhütten, in denen Speisen, Getränke und Souvenirs angeboten werden.


Opening, David Paschke, Dani Jahn

Bei der Gestaltung des Programms orientiert man sich in Ravensburg ganz am klassischen Circus. Eine kontinuierliche Steigerung ist zu bemerken. Die Regie der Show 2012 wurde „inhouse“ realisiert. Sprich, Elmar Kretz, David Paschke und André Broger haben Ideen für einzelne Einlagen sowie das Gesamtkonzept entwickelt. Monte Carlo-like gleich das Opening, bei dem die Artisten mit großen Fahnen durch das Gradin laufen, um sich dann in der Manege zu treffen. Originell ebenfalls der moderierte Käfigabbau, bei dem David Paschke – in diesem Jahr formvollendeter Sprechstallmeister mit Zylinder und rotem Frack – die Requisiteure anfeuert sowie ihre Leistungen lobt. Flic Flac stand ganz offensichtlich für den Aufbau der Motorradkugel Pate: Dani Jahn als Rocker spielt E-Gitarre, während dazu „Sonne“ von Rammstein erklingt.


Elmar Kretz, Jan Ales, Conchi Munoz

Eine andere Herausforderung besteht darin, jedes Jahr neue Attraktionen zu bieten. Im fünften Jahr eine bereits durchaus sportliche Aufgabe. Bei den Tierdarbietungen ist dies wunderbar gelungen. Statt Hunden und Elefanten wie im vergangenen Jahr, gibt es nun Raubtiere und Seelöwen. Einzig die Pferde sind geblieben. Wie gewohnt werden sie vom Direktor im eleganten Frack vorgeführt. In diesem Winter zeigt er einen Achterzug weißer Araber, der wiederum vom dänischen Cirkus Arena gemietet wurden. Die Freiheit läuft von Beginn an ruhig und geordnet. Als besondere Einlage assistiert die Tochter bei der Verteilung der Futterbelohnungen. Der Tscheche Jan Ales bringt fünf Tiger und zwei Löwen in den Zentralkäfig. Die gepflegten Tiere zeigen unter seiner Anleitung eine sehenswerte Auswahl an Tricks. Andrew, Siggi und Nelson hören auf das Kommando von Conchi Munoz sowie Garry Jahn. Die drei stattlichen Seelöwen sind mit viel Freude bei der Sache und beklatschen ihre Kunststücke gegenseitig.


Steve Munoz, Aliona, Super Alex

Sohn Steve Jahn jongliert mit Reifen, Bällen, Keulen und Fackeln. Als Schlusstrick mit den Keulen kombiniert er die Jonglagen mit einem Flic Flac. Klar, dass dieser Trick nicht im ersten Versuch funktioniert. Als es denn endlich klappt, tobt das Publikum. Zum Thema Verkauf gehört auch Jahns Aufmachung als Edel-Gangster. Die Rolle der zugehörigen Gangsterbraut übernimmt seine Freundin Aliona. Die Moldawierin ist zudem im Solo an den Strapatentüchern zu erleben, wo sie eine wunderbare Kür mit den von diesem Requisit bekannten Tricks aufführt. Zwei weitere Luftnummern steuern die Flying Michaels bei, die nach eigenen Angaben erstmalig in Deutschland gastieren. Direkt vor der Pause sehen wir sie in großer Formation (zwei Fliegerinnen, zwei Flieger und ein Fänger) am Flugtrapez. Höhepunkte sind der mit verbundenen Augen gesprungene Dreifache und die Passage. Einen der beiden Flieger erleben wir zudem als Super Alex. Völlig ungesichert zeigt er unter der Kuppel einen Deckenlauf und den mit den Füßen gefangenen Sprung von Trapez zu Trapez. Ein echter Nervenkitzel. Fänger Marcello ist nicht weniger vielseitig. Als erste Nummer im Programm zeigt er Balancen auf der Rola Rola. Schade zu hören, dass sich die Flying Michaels in Kürze auflösen wollen. Ein Trost: Flieger Marlon Michael wechselt zu den Zunigas bei Krone. Ein Klassiker in Ravensburg ist die Motorradkugel der Diorios. Verletzungsbedingt sehen wir an diesem Abend nur drei der ursprünglich vorgesehenen fünf Fahrer. Dafür aber öffnet sich die Kugel, während die Piloten hindurch rasen.


Clown André

Als Pilot der Lüfte wird der kleinen Teddy von Clown Andre (Broger) auf die Reise geschickt. Nach etlichen Startversuchen vom Gradin erfolgt der Abflug dann letztendlich vom oberen Ende der hohen roten Gardine. Das Flugzeug legt eine Bruchlandung hin, der kleine Bär überlebt dank seines Fallschirms. Außerdem zeigt der Clown aus der Schweiz sein Duett mit Hilfe eines Wischmops, das Bratpfannenkonzert, die Jagd auf eine Fliege, und zur Einleitung der Pause wird auf dem Campingkocher Popcorn produziert. Schön ebenfalls der Beginn, bei dem André auf der Suche nach einem Stromanschluss weite Wege zurücklegt. Zur Einleitung des Finales dann wieder eine jene Szenen, die dieser Show eine individuelle Note geben. David Paschke erzählt von seinem Kindheitstraum, später einmal zum Circus zu gehen. In den Aufgängen stehen dazu all die Figuren, die er gerne verkörpern würde, wie etwa der mutige Raubtierdompteur oder der tollkühne Trapezartist. Alle Mitwirkenden verabschieden sich sodann in der Manege und erfüllen den „Traum vom Circus“ insgesamt mit Leben. Ein Traum, den sich auch Elmar Kretz erfüllt hat. Sichtlich begeistert über den fulminanten Start verabschiedet er das frenetisch applaudierende Publikum an diesem Premierenabend. Heimspielatmosphäre eben.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch