Bereits im
ersten Programmteil wird ein großer Kothaufen – aus Kunststoff,
als Special Effect leicht dampfend – auf der Bühne platziert.
Der Spanier Angel Amieva Bremes spielt hier die Fliege, die mit
langer Zunge am Häufchen leckt, in Disput mit einem schönen
Schmetterling gerät und schließlich im Spinnennetz gefangen
wird. Ja, es ist eben doch ein „Circus der anderen Art“, den
Rolf und Sohn Gregory Knie seit nunmehr zehn Jahren bieten –
Ausgefallenes, Provokantes, Schlagzeilenträchtiges gehört hier
durchaus dazu. Auch wenn grundsätzlich natürlich Hochglanzcircus
moderner Prägung im Vordergrund steht. Und dazu gehören die
achtköpfige Liveband plus Sängerin Jizelle, das ebenso
achtköpfige Ballett (fünf Damen, drei Herren) in farbenfrohen
Outfits und ein hochwertiges artistisches Programm.
Rolf
Knie, Angel Amieva, Daniel-Diorio-Truppe
Erneut
wurden die umfangreichen weißen Zeltanlagen mit diversen Neben-
und Cateringzelten auf dem Flughafengelände Zürich-Kloten
errichtet, unmittelbar an der viel befahrenen Autobahn. So ist
dieser Platz gut sichtbar, aber wenig romantisch – ganz im
Gegensatz zum äußerst aufwendig, üppig und geschmackvoll
dekorierten Vorzelt. Im Chapiteau selbst wurde hinter der
erhöhten Bühne der Artisteneingang eigens für die Schlussnummer
in ein großes Tor umgebaut – so kann die Motorradkugel der
Diorios auf die Bühne gerollt werden. Hier rasen fünf Akteure
durch die sich öffnende Kugel.
D'Holmikers, Philippe Delaunay, Golden Time
Los geht
es aber sehr ruhig, wenn für ein kleines Mädchen (Nola Hayes) –
passend zum Programmmotto „Sternfänger“ – ein Stern vom Himmel
geholt wird und die geheimnisvolle „Weiße Statue“ mit zwei
Köpfen (Philippe Delaunay) zum Leben erwacht. Das anschließende
große Opening mit Ballett widmet sich in voller Farbenpracht dem
„Karneval in Venedig“, ehe das Trio Wozniewski am Fangstuhl für
die erste artistische Nummer im Programm sorgt. Spagatwirbel,
Vorwärtssalto und ein Rückwärts-Abfaller in eine vom Fänger
gehaltene Seilschlaufe werden von den beiden Fliegerinnen u.a., natürlich longengesichert,
geboten. Mit wunderbar swingendem Gesang von Jizelle („Just a
kiss“) wird diese Nummer weiter aufgewertet. Rockig wird’s
dagegen beim Auftritt von „Golden Time“, dem kongenialen
Diabolo-Duo Benno Jacob und Johannes Dudek, Absolventen der
Berliner Artistenschule. Sie arbeiten abwechselnd synchron,
simultan und miteinander, wobei sie gemeinsam bis zu fünf
Diabolos fliegen lassen. Der eigentliche Clou sind aber die
Tricks, bei denen einer die vom anderen geworfenen Diabolos mit
der Schnur in der Luft fängt. Riesen-Jubel unterm Grand
Chapiteau! Die drei Damen des Russia Acro Trio glänzen mit
anspruchsvoller Akrobatik mit außergewöhnlichen Tricks und –
ungewöhnlich für eine rein weibliche Nummer – Handvoltigen, ehe
„D’Holmikers“ mit ihrer gruselig-witzigen Barrennummer zum
Ghostbusters-Sound zur Pause überleiten.
Hebei
Acrobatic Troupe, Galina Hayes und Rolf Knie, Kaikai Jiao
Mit
krachendem Schlagzeug-Sound und einer vollen Bühne, Ballett und
Band sind hier vereint, wird der zweite Programmteil eröffnet.
Gleich anschließend, noch vor der Baby-Einlage, hat Rolf Knie
hier seinen ersten Auftritt, bei der er und seine herrlich
überdrehte, dauerkichernde Partnerin Galina Hayes sich in einer
wirklich witzigen Comedy-Illusion gegenseitig malträtieren. Die
Riege der Komiker im Programm wird durch den fast
allgegenwärtigen Harlekin Guennadi Thijov komplettiert. Für
einen der schönsten Momente des Programms sorgt die Chinesin
Kaikai Jiao. Auf einem mit Kirschblüten dekorierten Requisit
zeigt sie kräftezehrende Handstände; nach dem Auftakt auf zwei
Händen folgen ausschließlich Tricks auf einem Arm, ohne dass sie
während der Nummer einmal absetzen würde. Gleich neun
chinesische Mädchen bringt direkt im Anschluss die Hebei
Acrobatic Troupe auf die Bühne. Wieder wurde eine neue Variante
der ikarischen Spiele kreiert, bei der die Trinkas auf drei
Fahrräder montiert sind. Während in der „unteren Etage“
unablässig im Kreis geradelt wird, liegen erst auf „zweiter
Ebene“ die Unterfrauen, welche die durchweg noch sehr jungen
Fliegerinnen mit den Füßen durch die Luft wirbeln. Selbstredend
sind die Fliegerinnen hierbei longiert. Geboten werden praktisch
alle relevanten Tricks des Ikarier-Genres, selbst Platzwechsel
von einem Fahrrad zum nächsten. Zum Schluss formieren sich alle
Akteurinnen zu einem Fächer auf einem einzigen Fahrrad, wobei
auch hierbei die Fliegerin noch ikarische Tricks zeigt. Diese
Nummer existiert im Übrigen noch in einer weiteren Ausführung,
die ursprünglich im bevorstehenden Heilbronner Weihnachtscircus
auftreten sollte. Auf die Neuheit aus China folgt ein ganz bekanntes
Gesicht, Jongleur Picaso jr. Mit seinen Jonglagen mit
Pingpongbällen, v.a. auch mit dem Mund bewegt, und Tellern sorgt
er auch in diesem Zelt für überwältigende Publikumsreaktionen.
Das ist eine der Nummern, die man jeden Tag sehen könnte.
Frenetisch werden freilich auch Daniel Diorios Hasardeure in der
Motorradkugel gefeiert. |