Yasmine
Smart führte Pferde vor, Jürg Jenny Raubtiere, Sandrine und Thierry
Bouglione ließen welche erscheinen und verschwinden. Sabu Allegria
balancierte auf dem Washingtontrapez, die Guerreros auf dem Hochseil,
und Don Martinez wirbelte über das Trampolin. Die Moderation lag bei
Klaus Kaulis. Für meine Sperrsitzkarte zahlte ich damals als
Zivildienstleistender ermäßigte 25 DM.
Chapiteau 2012/13
In
dieser Saison nun feiert der Weltweihnachtscircus in Stuttgart seine
20. Auflage. Die Hoffnung von Monica Strotman und Henk van der Meyden
hat sich aufs Beste bewahrheitet. Dieses große circensische Ereignis
ist längst eine Tradition, gar eine Institution in der
baden-württembergischen Landeshauptstadt. Noch immer kann man dort über
Weihnachten einige der aktuell besten Circusnummern sehen. Zum Jubiläum
ist dies nicht anders. Es gibt große Truppen, charismatische Solisten
und Duos, ausgesuchte Tierdressuren und einen der besten Clowns.
Besonderheiten zum runden Geburtstag: Fehlanzeige. Noch immer ist das Chapiteau riesig, der Sitzkomfort aber wurde deutlich verbessert. Und
die Eintrittspreise haben sich den gestiegenen Lebenshaltungskosten
angepasst. Ein vergleichbarer Platz kostet heute rund 30 Euro.
New Flying Girls, Fahrradnummer aus China, Truppe Eshimbekov
Bei
den Truppen schaut Stardust gerne gen Osten. Artisten aus Nordkorea
sind quasi ein Standard. In dieser Produktion erleben wir die „New
Flying Girls“ an einem großen Luftapparat mit Flugtrapez und
Fangstühlen. Die fünf Artistinnen zeigen elegante Flugkombinationen zu
verschiedenen Stationen, wo sie von insgesamt vier männlichen Artisten
gefangen werden. Höhepunkt ist der Vierfache. Mit verbundenen Augen
gelingt er an diesem Nachmittag allerdings nicht. Eine höchst
originelle Variante der Gruppenjonglage präsentiert eine nicht
namentlich genannte Truppe aus China. Sie werfen sich ihre Requisiten -
Holzstäbe, die an einem Ende mit einem roten Tuch umwickelt sind
- zu, während sie dabei auf Einrädern fahren. In einer der
Kombinationen ist eines der Räder im Drei-Mann-Hoch besetzt, während
ein anderer Artist rückwärts vor diesem Rad fährt und mit seinen drei
Partnern jongliert. Äußerst originell, innovativ und schier unfassbar.
Alex Pronin und seine vier Partner fliegen Pirouetten und Salti zwischen
zwei gegenüber aufgestellten Russischen Schaukeln. Das Quintett aus
Moskau wagt dabei auch eine Art „Passage“, bei der sich zwei Artisten
kreuzen. Die Truppe Eshimbekov zählt zu den aktuell besten
Dshigitenreitern. Sie reiten ihre waghalsigen Tricks mit einer Rasanz,
dass es eine wahre Freude ist. Die mitreißende Begleitung durch Markus
Jaichner und sein Orchester macht den Genuss perfekt.
Valerie Inertie, Willer Nicolodi, Giang Brothers
Eine
wunderbar sinnliche Kür am Roue Cyr zelebriert Natalie Inertie. Die
Kanadierin sorgt damit für die ruhigsten, für mich auch schönsten
Momente in diesem Programm. Willer Nicolodi war früher ebenfalls
Akrobat, hat sich nun aber schon seit vielen Jahren der Kunst des
Bauchredens verschrieben. Mit seiner kecken Maus Joselito versprüht er
jede Menge Wortwitz. Drei Zuschauern leiht er ebenfalls seine Stimme,
was zu jeder Menge Erheiterung beim restlichen Publikum im
vollbesetzten Chapiteau führt. Ebenfalls dem komischen Fach entstammen
Claude Sprecher und Daniele Nash. An einem fliegenden Heißluftballon
spielen der Schweizer und der Italiener turbulent und artistisch
versiert „Räuber und Gendarm“. Mit den Giang Brothers hat der
Weltweihnachtscircus auch im 20. Jahr ein Novum zu bieten. Wie
Sprechstallmeister Peter Goesmann in seinen gewohnt informativen und
mit Superlativen gespickten Moderationen ankündigt, sind damit zum
ersten Mal Artisten aus Vietnam beim Weltweihnachtscircus zu sehen.
Ihre Partnerequilibristik ist schlichtweg phänomenal und wird von den
23 sowie 28 Jahre alten Brüdern ungemein sympathisch vorgeführt. Der
Höhepunkt ist erreicht, wenn einer der beiden Vietnamesen den anderen
Kopf-auf-Kopf (mit Vorteil) rückwärts eine Treppe hinauf balanciert.
Sind wir gespannt, wie die Giang Brothers beim kommenden Circusfestival
von Monte Carlo abschneiden werden. Dort bereits mit einem Goldenen
Clown ausgezeichnet wurden die Fratelli Errani. Diesen Preis erhielten
sie für ihre ikarischen Spiele. In Stuttgart nun erleben wir Maycol und
Guido zusammen mit ihrem Bruder Wioris auf dem Trampolin. Zu
fröhlich-treibender Musik zeigen sie variantenreiche Sprünge, in die
sie mittels einer Trinka Elemente aus ihrer Ikarier-Nummer einfließen
lassen.
Maycol Errani, Martin Lacey junior
Den
Erranis gehört auch die Eröffnung des Programms. Auf jeweils zwei
Friesen stehend reiten Maycol und Wioris eine herrliche Doppelpost.
Immer mehr weiße Araber lassen die beiden unter sich durchlaufen, um
sie dann am langen Zügel zu führen. Es entsteht so gleich zu Beginn ein
manegenfüllendes Bild, bei dem Géraldine Katharina Knie die Peitsche
führt. Wie die Post, stammt ebenfalls die Freiheitsdressur aus dem
Programm 2012 des Schweizer Nationalcircus Knie. Zunächst dirigiert Maycol Errani ein Groß und Klein, dann präsentiert seine Ehefrau
Géraldine Katharina Knie die große Freiheit mit Friesen, weißen Arabern
und Zebras. Die abschließenden Steiger werden wieder von Errani
angeleitet. Mit Martin Lacey junior und seinen Großkatzen ist einmal
mehr eine große, vielfach ausgezeichnete Löwennummer zu Gast in
Stuttgart. Die Trickfolge ist von seinen Auftritten bei Krone bestens
bekannt. Einer der Zuschauer an diesem Nachmittag ist, neben Bruder
Alexander, eben jener Jürg Jenny, welcher beim ersten Stuttgarter
Weltweihnachtscircus mit seiner gemischten Raubtiernummer dabei war.
Bello Nock
Von
den Plakaten für die diesjährige Produktion lacht Bello Nock. Der
US-amerikanische Clown mit Wurzeln in der Schweiz wird auch im Programm
groß herausgestellt. Mit seinen zig Auftritten erfüllt er die „Mission
Comedy“. Bello Nock turnt über das Trampolin, Bello Nock marschiert
über das Todesrad, und Bello Nock fährt mit einem Mini-Fahrrad durch die
Manege. Am besten gefällt mir aber nach wie vor seine Nummer mit dem aus einem
Luftballon gebildeten Bogen und einem imaginären Pfeil, mit
welchem er einen anderen Ballon über dem Kopf einer
Zuschauerin zerschießt. Dabei kann der Mann mit der markanten
blonden Frisur seine ganzen darstellerischen Fähigkeiten
ausspielen. Er ist eben ein Showman durch und durch, im Großen
wie im Kleinen. Wie bereits erwähnt, wird das Programm wie
schon seit vielen Jahren von Peter Goesmann moderiert. Das Orchester von Markus Jaichner
musiziert
hervorragend
und kommt wieder
vermehrt, aber längst nicht bei allen Nummern, zum Einsatz.
Das Licht ist stark, auf Spielereien wird aber weitgehend
verzichtet.
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