Für
die jährlich wechselnden Programme ist die Direktionsfamilie Bouglione
verantwortlich. Es gibt in der Saison 2013/14 die bewährten Eckpunkte
der Shows. Dies sind das große Orchester über dem prächtigen
Artisteneingang, das feudale Lichtdesign, die tänzerische Umrahmung
durch die Salto Dancers sowie die souveräne Moderation von Monsieur
Loyal Michel Palmer. Mit Fumagalli hat das Publikum einen weiteren
Begleiter durch „Phénoménal“. Er ist zum wiederholten Mal im Cirque
d'Hiver zu Gast und dürfte zudem Pate für das Motto der aktuellen
Produktion stehen. Im artistischen Bereich sind wiederum ausgesuchte
Darbietungen zu erleben. Allerdings sind die meisten von ihnen zum
ersten Mal im Bau der Bougliones engagiert.
Hans-Ludwig Suppmeier,
Regina Bouglione
Der
knappe Raum auf dem zentral gelegenen Grundstück bildet naturgemäß die
Restriktion für die Auswahl der Tiernummern. Zu Beginn der Vorstellung
ist der Zentralkäfig aufgebaut. Fumagalli und Michel Palmer begrüßen
darin das Publikum, bevor Hans-Ludwig Suppmeier vier Tiger von Flavio
Togni vorführt. Es sind schöne Tiere. Jeweils zwei normalfarbene Tiger
und Golden Tabbies, welche eine abgerundete Trickfolge zeigen.
Wirkungsvoller Schlusspunkt ist die Fahrt auf der Spiegelkugel.
Suppmeier sehen wir zudem bei der Präsentation eines Viererzugs weißer
Araber mit klassischem Federschmuck. Auch die Pferde absolvieren ein
stimmiges Dressurprogramm. Dank von den Salto Dancers gehaltener
beleuchteter Reifen erzielt die durch Regina Bouglione dirigierte
Einzelfreiheit eine besondere optische Wirkung. Das weiße Pferd steht
so nicht mit der Vorführerin alleine in der Manege, sondern ist Teil
eines großen Bildes.
Fumagalli, Fuma Boys, Alex Bobylev
Wie
oft Fumagalli tatsächlich schon im Cirque d'Hiver war, ließe sich
natürlich schnell recherchieren. Gefühlt waren es schon einige
Gastspiele. Er gehört schon fast zum Inventar, ist eine liebgewordene
Konstante in den Produktionen der Familie Bouglione. Natürlich ist auch
Bruder Darix wieder mit von der Partie. Als Entree gibt es nun im
Zusammenspiel mit Alberto Caroli das Spukschloss-Entree. Auf dem von
Fumagalli in Schottland geerbten Landsitz treibt ein Geist sein Unwesen
mit den Gästen. Das Trio setzt die bekannte Geschichte herrlich
erfrischend um. Wenn es darum geht, Fumagalli vor dem Gespenst zu
warnen, sind die Kinder im Publikum deutlich hörbar bei der Sache.
Somit ist es ein Spaß für alle Beteiligten. Ganz egal, ob in der Manege
oder auf den Zuschauerrängen. Neben kleinen Einlagen zeigen Fumagalli
und Partner als Fuma Boys Akrobatik im Stil von anno dazumal. Natürlich
bricht auch hier das Schleuderbrett, wenn ein Herr aus dem Publikum
versucht, Fumagalli in die Luft zu katapultieren. Auf das Verknoten von
vier Herren als Einlage vor der Pause hätte ich in diesem hochwertigen
Programm hingegen gut verzichten können. Für gute Laune sorgt zudem das
Duo Bobylev. Sie bringen, neben der zweiteiligen Clownsfigur, ihre
wunderbare Version von Schwanensee sowie die Wasserpistolenschlacht mit
Jungs aus dem Publikum. Auch sie sind Profis durch und durch. Mit
eigenständigen Ideen haben sie sich zudem einzigartige Nummern
aufgebaut.
Helena Polach, Dasha & Vadym, Fratelli
Curatola
Passend
als Überleitung ins WM-Jahr 2014 erleben wir zu Beginn des artistischen
Parts Helena Polach und ihre Jonglagen mit Fußbällen. Die tschechische
Blondine „spielt“ souverän bauchfrei mit bis zu fünf schwarz-weißen
Bällen. Auf dem diesjährigen Young Stage-Festival in Basel erlebten wir
erstmalig Dasha und Vadym an den Strapaten. Die beiden jungen Ukrainer
lassen in ihrer traumhaften Kür fast vergessen, wie riskant ihre
ungesichert gezeigten Tricks wirklich sind. Es ist eine
Liebesgeschichte unter der Kuppel, die zahlreiche Haltefiguren
beinhaltet, welche von großem Können zeugen. Die Fratelli Curatolla
sind einmal mehr im Bau der Bougliones zu Gast. Die beiden Italiener
präsentieren ihre Partnerakrobatik wie gewohnt elegant in Anzughose,
Weste und weißem Hemd. Handstände werden hier variantenreich und in
Kombination mit Würfen gearbeitet.
Romina Micheletty, Emily und Menno van Dyke, Alejandro Vanegas
Zum
zweiten Teil gehören an diesem Morgen drei artistische Darbietungen.
Pavel Voladas am Quadratreck sowie die Bouglione-Junioren mit ihren
Illusionen sind in der leicht verkürzten Show nicht dabei. Optimal
präsentiert wird Romina Micheletty. Ihre goldenen Hula Hoop-Reifen
glänzen nur so im opulenten Scheinwerferlicht. Zudem wird sie mit einer
beleuchteten Bühne in der Manegenmitte nach oben gefahren. Ihr Spiel
mit den Reifen ist ungemein sinnlich. Es ist in der Tat eine wahre
Augenweide, die die bildhübsche Artistin mit ihrer hinreißenden Kür
bietet. Tango ist angesagt, wenn Menny van Dyke im Duo mit Partnerin
Emilie jongliert. Die beiden stellen eine mitreißende,
leidenschaftliche Liebesszene dar, während Bälle und Keulen fliegen. Es
ist eine wunderbare Nummer, die man sich in der intimen Atmosphäre
eines Tangocafés in Buenos Aires genauso gut vorstellen kann, wie eben
im Cirque d'Hiver. Hier sorgt insbesondere das ausgefeilte Licht für
die passende Stimmung. Zwei Cousins setzen den rasanten Schlusspunkt
hinter den artistischen Part. Wobei es vielmehr ein Ausrufezeichen ist.
Alejandro und Michael Ricardo Daza Vanegas bilden aktuell das
gleichnamige Duo. Am Todesrad, welches unter der freitragenden Kuppel
besonders zur Geltung kommt, arbeiten sie sehr rasant ein umfangreiches
Repertoire. Ihre Spezialität ist der nur von wenigen Artisten gezeigte
Salto auf der Außenseite des rotierenden Rades. Nervenkitzel ist hier
garantiert.
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