CHPITEAU.DE

Salto Natale 2013 - "Fabuloso"
www.saltonatale.ch ; 65 Showfotos

Kloten, 23. November 2013: Ein wenig haben Gregory und Rolf Knie ihren Circus „Salto Natale“ für die 11. Spielzeit neu erfunden. Schließlich wurde ein neues Chapiteau angeschafft, das dank außen liegender Masten freie Sicht von allen Plätzen bietet. Obwohl das Zelt nicht größer ist als das bisherige, wirkt der Innenraum so weiter und großzügiger als bisher. Und im Hintergrund strahlt das neue Bühnenportal. Zwei elegant geschwungene, mit LED-Licht vielfarbig beleuchtete Showtreppen unter einer muschelförmigen Bogenkonstruktion verleihen dem Chapiteau den Look eines modernen Revuetheaters.

Die Kombination aus scheinbar freitragendem Dach, runder Bühne und Showtreppen im Hintergrund verstärkt die Illusion, im Theater und nicht im Circuszelt zu sitzen – eine ganz andere Anmutung als noch vor zwei Jahren. Damals hatten die goldenen Statuen links und rechts des früheren Artisteneingangs etwas verspielt-barockes, nun wirkt die Einrichtung eher stylisch-modern. Dazwischen gab es im Vorjahr ein großes, maßgeschneidertes Portal für die "Einfahrt" der Motorradkugel.


Luca Hänni und Ballett 

Doch nicht nur das Zelt und seine Einrichtung lassen sich als Grenzgang zwischen Revue und Circus deuten, auch im Programm ist dies wieder oder mehr denn je Konzept. Zur Artistik gesellen sich Tanz, Gesang, fantastische Kostüme und große Bilder. Ein äußerst geschickter Schachzug war hier sicherlich die Verpflichtung von Luca Hänni. Der 19-jährige Berner gewann im vergangenen Jahr die RTL-Show „Deutschland sucht den Superstar“ und veröffentlichte seitdem zwei Alben, die in der Schweiz beide die Spitze der Charts erreichten. Dementsprechend wird der sympathische und gut aussehende DSDS-Gewinner geradezu euphorisch begrüßt, als er bei seinem ersten Auftritt den Hit „Shameless“ vom aktuellen Album singt. Viele jüngere Besucher sind offenkundig extra für Hänni gekommen, der hier vom Ballett in äußerst farbenfrohen Kostümen umtanzt wird. Selbstredend singt Hänni auch im Finale, er begleitet musikalisch das Seilspring-Trio und swingt nach der Pause lässig „Let it snow“, garniert mit einer kessen Strip-Einlage des Balletts. Das ist doch Revue pur, veredelt durch hervorragendes Licht und eine famos aufspielende Band.


Magic Cube, Leg Show

Für große Bilder im Stile einer Revue sorgen schließlich auch zwei chinesische Truppen. 13 Damen formieren vor der Pause die „Leg Show“. Jede von ihnen ist in einer anderen Farbe gekleidet und verfügt über ein rollbares Requisit in Blumen-Form. In immer neuen Formationen zeigen die Frauen und Mädchen gemeinsam Figuren der Equilibristik, mal synchron und mal im Wechsel. Fünf von ihnen kreiseln zum Abschluss spektakulär im Kopfstand. Für ebenso schöne Bilder sorgen auch fünf Chinesinnen mit ihrem „Magic Cube“. Das Requisit dieser Luftnummer besteht aus verschiedenen, miteinander verbundenen Metallwürfeln, die in mehreren Varianten angeordnet werden können und so immer wieder neue akrobatische Posen ermöglichen. Eine der Artistinnen wird, kopfüber hängend und nur an einem ihrer Beine gehalten, von der ersten bis zur letzten Artistin „durchgereicht“, und drei der Mädchen verabschieden sich mit dem Genickhangwirbel.


Duo Spring in Love, Trio Rome, Willy Weldens

Doch natürlich hat auch dieses Programm seine ganz zirzensischen Momente – zum Beispiel bei drei starken artistischen Nummern im ersten Programmteil, die jeweils mit kräftigem Applaus bedacht werden. Den Anfang macht das vietnamesische Duo „Spring in Love“ mit seiner Luftnummer. Das schwarze Seil kann sowohl als Vertikalseil genutzt als auch zur Schlaufe gehängt werden. In dieser hängt der Partner zum Beispiel rücklings und trägt die Partnerin in dieser ungewöhnlichen Pose. Auch der Genickhang am kreisenden Seil (er) und der Zahnhangwirbel (sie) werden auf diese Weise möglich. Ruhige Saxofonklänge begleiten das gefahrvolle Tun. Svetlana Gvozdetskaya (u.a. Gold beim Cirque de Demain 2005, Knie-Saisonprogramm 2006) präsentiert auf dem Russischen Barren relativ wenige, aber exakt ausgeführte Sprünge, Salti und Pirouetten ohne Hilfestellung. Getragen wird das Requisit von Yury Pedorenko und Vasily Smirnov; das Trio nennt sich nun „Rome“. Der Franzose Willy Weldens sorgt schon mit seinem äußerst muskulösen Körper für Begeisterung auf den Rängen, das Publikum klatscht bei seiner Handstand-Darbietung rhythmisch mit. Sie umfasst lange, kräftezehrende Passagen auf ein und zwei Händen und gipfelt in Weldens’ wohl einzigartigem Trick. Weldens errichtet eine fragile Konstruktion aus sieben gläsernen Stützen und zwei Glasplatten und zeigt obendrauf den Kopfstand auf einem Flaschenhals!


Le Mime, Quiddlers, Susannah Hart (Duo Bogof)

Äußerst schwer haben es im Anschluss Susannah Hart und Matthew Bowyer alias Duo Bogof. Die Idee ihrer komischen Illusionsnummer ist fraglos recht originell, wollte am dritten Gastspieltag in Kloten aber (noch?) nicht zünden. Der Beifall blieb sehr verhalten. Im Hintergrund läuft hier auf einer Leinwand ein Film, der sozusagen das eigentlich geplante Geschehen der Illusionsschau zeigt. Dumm nur, dass die Tricks nie ganz so spektakulär gelingen, wie es im Film simultan gezeigt wird und dass die beiden gegenüber der Filmvariante immer wieder scheinbar versehentlich die Rollen vertauschen. Wie schon in der Vorjahres-Produktion von Salto Natale und heuer im Liebescircus „Ohlala“ ist wieder der Spanier Angel Amieva Brenes mit von der Partie. In der skurrilen Rahmenhandlung der Show ist er nun das „Alpha-Männchen“ in einer Gruppe von Aliens, welche auf der Erde landen und immer wieder zwischen den Darbietungen auf der Bühne auftauchen. In die Sparte Humor gehört auch der polnische Künstler Jerzy Wladyslaw Kuniewicz alias „Le Mime“. Der von ihm verkörperte Vogel-Strauß schlüpft auf der Bühne frisch aus einem Riesen-Ei und steht nach einer witzigen Striptease-Einlage ganz ohne Federkleid da – sozusagen ein „gerupftes Huhn“ in XXL. Für einige Lacher sorgen schließlich die US-Amerikaner Paul Ebejer und Kevin Sanders alias „The Quiddlers“, die in einer schrillen Michael-Jackson-und-Affe-Parodie die Puppen tanzen lassen.


Pagoda of Bowls,  Jump Ropes, Johan Wellton

Richtig Spaß macht das Seilspring-Trio „Jump Ropes“ alias Iurii Danylchenko, Inna Lymar und Artem Voloshchenko. Die jugendlichen Akteure tauschen hier immer wieder blitzschnell die Aufgaben Seilspringen und Seildrehen, ohne zwischendurch zu pausieren. Ein Jongleur der Spitzenklasse und zeitgleich ein echter Entertainer ist der Schwede Johan Wellton, der fließend zwischen Bouncing- und normalen Balljonglagen wechselt. Sechs Bälle lässt er unter der Tischplatte seines Requisits abprallen, um sie wieder zu fangen; kurz darauf zeigt er eine Bouncingjonglage mit sieben Bällen. Später klebt er sich die Augen mit Klebeband zu. Blind lässt er nun fünf Bälle bouncen, während er zu Beginn noch auf seinem Stuhl steht und sich dann hinsetzt. Acht erwachsene Herren und fünf junge Mädchen bilden die aktuelle Formation der „Pagoda of Bowls“ – eine Darbietung, die in der Originalbesetzung vor einigen Jahren den Goldenen Clown in Monte Carlo gewonnen hatte. Nach wie vor werden die Mädchen in Handvoltigen durch die Luft geworfen und wieder gefangen, während sie mit ihren Füßen übereinander gestapelte Schüsseln balancieren. Eine ausgezeichnete Gleichgewichtsleistung.

Im Finale offenbart sich dann, was für ein riesiges Ensemble für dieses Programm zusammengestellt wurde – rund 70 Artisten, Komiker, Tänzer, Musiker und natürlich Sänger Luca Hänni tragen zu dieser modernen Circus-Revue bei, an deren Ende Rolf und Gregory Knie ihr Publikum traditionsgemäß persönlich verabschieden.

__________________________________________________________________________
Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber