Die
Nachmittagsvorstellung im Gelsenkirchener Weihnachtscircus ist
schon in vollem Gange, als wir das Zelt betreten.
Gerade verabschiedet sich das Duo Szeibe nach seiner
Fangstuhldarbietung mit dem Schlusskompliment vom Publikum.
Andreas Leyseck,
Cuban Girls, Mariani-Clowns
Es folgt der bekannte Exotenzug des Circus Probst. Diesmal wird
er von Andreas Leyseck vorgeführt. Auch unter seiner
Peitschenführung läuft die Dressur mit Kamel und Dromedar,
Kaltblutpferden, exotischen Rindern, Lamas, Nandu und Zebra
flott und präzise ab. Dann ist Pause. Der zweite
Programmteil beginnt mit sechs hübschen Kubanerinnen, die Tanz
in der Manege und Artistik am Mast kombinieren. Dabei lebt die
Darbietung eher vom Schauwert. Der dreifache Genickhangwirbel am
Ende sorgt für einen eindrucksvollen Abschluss. Großen Anklang finden beim Publikum
die rustikalen Späße der Mariani-Clowns aus Portugal.
Die beiden Auguste sollen im „neu eröffneten
Weihnachtscircus-Restaurant“ das fehlende Personal ersetzen.
Bald fliegen hier Spaghetti in die Loge und bekommt ein Gast in
der ersten Reihe Sahne ins Gesicht getupft – sehr zum Vergnügen
der übrigen Gäste.
Beatrix Spindler,
Los Sanchez
Für die einzige Tierdarbietung im zweiten
Programmteil sorgt Beatrix Spindler. Einen Fünferzug
Freiheitspferde führt sie zunächst vom Pferd aus vor, ehe sie
für den zweiten Teil der Darbietung auf den Boden wechselt.
Aus der Zeit gefallen wirken die Mützen, welche die
Pferde auf den Köpfen tragen; am Puls der Zeit sind dagegen die
modernen, live gespielten Popsongs, die Spindlers Auftritt
begleiten. „Diamonds in the sky“ inklusive. Zwei der
Kubanerinnen kehren mit einer Akrobatik am Luftring wieder, die
– wie die Mastnummer – ebenfalls mit dem Genickhangwirbel endet.
So richtig überzeugt hat uns in der zweiten Hälfte des Programms
jedoch nur das Flugtrapez der Flying Molinas aus
Kolumbien. Die große Apparatur verfügt noch über einen Fangstuhl oberhalb
der klassischen Schaukel. Hier ist ein zweiter
Fänger platziert, so dass zusätzliche Sprungkombinationen
möglich werden. Salti bis hin zum „Dreifachen“, Schrauben und
eine Passage gehören zum sicher dargebotenen Repertoire.
Flying Molinas
Der erste
Programmteil sei der wesentlich stärkere gewesen, haben wir von vielen
Seiten gehört. Nachdem wir diesen fast zur Gänze verpassten,
haben wir Achim Schlotfeldt gebeten, uns seine Eindrücke der
ersten Hälfte zu schildern. Der langjährige Autor der
Circus-Zeitung sah die Nachmittagsvorstellung einen Tag später
und hat uns Folgendes geschrieben: „Stimmungsvoll wird beim
Gelsenkirchener Weihnachtscircus auch nun wieder der
Programmauftakt inszeniert, wenn Moderatorin Carmen Leyseck auf
ihrer Weihnachtskutsche hereinkommt und von den Marianis mit je
einer Rose verwöhnt wird. Sie stellt alle Artisten namentlich
vor, fast wie die Parade einer Schaubude, was wir als Lob
betrachten! Auch im ersten Teil sind die Damen des kubanischen
Staatscircus zu erleben, hier in zwei Duo-Auftritten: Los
Sanchez wackeln auf ihren Rollschuhen mit Po, Hüften und
Schultern, zeigen aber auch verschiedene genre-übliche Tricks;
zum Schluss lässt die eine die andere bäuchlings auf ihrem Kopf
rotieren. Zwei andere Kubanerinnen (Duo Air Feeling alias Cuban
Girls) werden an ihren Zöpfen unter die Kuppel gezogen,
teilweise kombiniert mit Ringtrapez und Vertikaltuch. Den
artistischen Höhepunkt im ersten Teil verdanken wir Antonio,
einem der langjährigen Probst-Kubaner. Speziell für dieses
Weihnachtsprogramm hat er eine Darbietung am weit
ausschwingenden Mast einstudiert, der emporgezogen wird – eine
interessante Weiterentwicklung dieses populären Genres. Staunen
lässt der Publikumserfolg, den der jüngere der Marianis mit vier
Zuschauern auf vier Hockern erzielte. Im ersten Teil verkauft
Beatrix Spindler humorvoll ihr Potpourri der Hunderassen. Die
Tiere sitzen in offenen Koffern anstatt auf Podesten, und zum
Schluss wird auf einem großen Pony geritten und voltigiert. An
einer Luftleiter in Form einer Hängeperche steigert sich das Duo
Irina und Sewerjn Szeibe aus Polen bis zum Aldonwirbel. Sewerjn
haben wir zuvor mit Kubusjonglage und -balance, letztere auf der
Stirn, gesehen.“
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