In den
Jahren 2000, 2002 und 2004 hatte die „Good News Production AG“
die ersten drei Ausgaben von „Himmel auf Erden“ veranstaltet;
2006 holte „Himmel auf Erden“ den Circus Roncalli in die
Schweiz. Seitdem wurde die Marke nicht mehr genutzt. Dafür
hatten andere Veranstalter versucht, auf der offenen Radrennbahn
in Zürich-Oerlikon eine neue Weihnachtsshow namens „Swiss
Christmas“ zu etablieren. Vier Mal fand die Veranstaltung statt,
zuletzt 2013. Jetzt ist „Swiss Christmas“ Geschichte und „Himmel
auf Erden“ auf der Rennbahn zu Gast. „Good News“ hat sich hierzu
die „Carré Event AG“ an die Seite geholt, die in der Schweiz mit
Shows wie „Art on Ice“ erfolgreich ist.
Zehn-Masten-Chapiteau von Alfredo Nock
Wie bei
„Swiss Christmas“ wurde im Innenraum der ovalen Rennbahn wieder
ein Zehn-Masten-Chapiteau von Alfredo Nock aufgebaut.
Es ist schon ein imposanter Anblick, wie die Fahrbahn und die
Zuschauerränge der Sportanlage das riesige Zelt umschließen.
Dieses präsentiert sich im Inneren edel ausgestattet und vereint
Foyer, Gastronomie und Spielstätte unter einem Dach. Der Boden
ist mit blauem Teppichboden ausgelegt, die Rundleinwand mit
weißem Stoff abgehängt. Sofas, Stehtische und Sessel schaffen im
Foyerbereich eine stilvoll-moderne Lounge-Atmosphäre. In einem
Teil des Zelts steht ein Restaurant mit gedeckten Tischen zur
Verfügung, in einem Nebenzelt werden im rustikalen „Chäs-Stübli“
Raclette und Fondue angeboten. Im Zuschauerraum steht die
u-förmige Tribüne leider weit weg von der Showbühne, so
dass das Geschehen bereits aus der siebten Reihe allzu weit
entfernt wirkte.
Show-Impressionen
„Konferenz
der Weihnachtsmänner“ ist der Titel der aktuellen Produktion.
Die Geschichte wurde von der Neuen Zürcher Zeitung nicht ganz
unzutreffend als „schlicht blöd“ beschrieben. Sie handelt davon,
dass die Jahreskonferenz der Weihnachtsmänner nicht wie üblich
in New York stattfinden kann. Weil das Treffen im Vorjahr in
einer wilden Feier endete, wurde der Kongress kurzfristig nach
Zürich verlegt. Die männlichen Artisten und Tänzer der Show
müssen die neun Weihnachtsmänner geben. Im Mittelpunkt steht der
kolumbianische Comedy-Trampolin-Artist Duban Nickol als ihr
Präsident. Im Zwiegespräch zwischen ihm und einer Art „Miss
Moneypenny“, die sich immer wieder auf der Videoleinwand „aus
den USA zuschaltet“, wird die Story erzählt. Dass Nickol dabei
englisch spricht, mag für eine Familienshow nicht gerade
geeignet sein; den amerikanischen Akzent seiner
Gesprächspartnerin empfanden wir jedenfalls als anstrengend.
Hinzu kommen die „Nachrichten“ eines Zürcher Radiosenders, die
aus dem Off das Geschehen kommentieren. Unter anderem heißt es
da gleich zu Beginn, dass die Weihnachtscircusse „Salto Natale“
und „Conelli“ gegen die Weihnachtsmänner-Konferenz protestieren
würden. Hier wollen die Macher also ihr Selbstbewusstsein
gegenüber den beiden langjährig etablierten Shows demonstrieren.
Das weckt zunächst Hoffnung auf eine wirklich überzeugende
Vorstellung. Doch es kommt es anders: Besonders die ausgedehnten
Spielszenen sind es, die weite Teile der Show langatmig wirken
lassen.
Spark
Fire Dance, Duo Blind Date, Gennadiy Tsvetkov
Nachdem
die Päckchen der Weihnachtsmänner aus aller Welt aufgrund
„unerlaubter pflanzlicher Substanzen“ beschlagnahmt werden,
sollen Gesang, Tanz und Kunststücke als Ersatz dienen. Und damit
wären wird nun beim eigentlichen Programm. Beim Duo „Blind Date“
gibt Konstantin Dementiev einen biederen älteren Herren, der von
seiner Partnerin Svetlana als „Dompteurin mit Peitsche“ zu
Kunststücken auf der Rola Rola gezwungen wird. Im zweiten Teil ist das Duo nochmals kurz
mit einer Partnerakrobatik zu sehen. Gennadiy Tsvetkov vertritt
das Genre „Malerei“. Minutenlang scheint das, was er auf die
Leinwand bringt, keinerlei Sinn zu ergeben – bis das Bild am
Ende mit Goldflitter beworfen wird. Durch den anhaftenden
Flitter wird eine Kopie des bekannten Porträts der „Queen of
Pop“ Madonna mit Augenklappe sichtbar. Ein netter
Überraschungseffekt, ja. Allerdings bietet im Vergleich dazu das
Varieté-Genre der Sandmalerei die ganze Nummer über
Unterhaltung, überraschende Momente und Kurzweiligkeit, weil
immer wieder neue Bilder entstehen. Tsvetkovs Act muss sich
allein auf das unerwartete Ende verlassen. Uneingeschränkt
Freude dagegen bereitet die außergewöhnliche Feuershow von Dan
und Steffi alias „Spark Fire Dance“, welche die Bühne in ein
regelrechtes Flammenmeer verwandeln.
Evelyne
Paquin-Lanthier und Shannon Gélinas, Rémi Martin Lenz,
Tridiculous
Eine der
wenigen rein artistischen Darbietungen des Programms steuern die
beiden Kanadierinnen Evelyne Paquin-Lanthier und Shannon Gélinas
bei. Sie waren die Gold-Gewinnerinnen beim Basler
Young-Stage-Festival 2014 und arbeiten am still hängenden Trapez
mit zwei übereinander angebrachten Trapezstangen. Diese
Anordnung ermöglicht neue, schwierige Kombinationen, die mit
sehr zurückhaltender musikalischer Begleitung und recht düsterer
Beleuchtung dargeboten werden. Ein Ballett gibt es in dieser
Show nicht. Dafür wurden Solotänzer Samuel Delvaux, Hip-Hopper
U-Gin Boateng und die beiden L’sheila Sisters verpflichtet, die
als aufreizende „Weihnachtsfrauen“ das Burlesque-Thema abdecken
sollen. Den stärksten Eindruck unter den Tänzern hinterlässt
jedoch das Berliner Trio „Tridiculous“. Nachdem der zweite
Programmteil längere Zeit nur so dahinplätschert, sorgen die
drei Männer mit ihrer starken Mischung aus Tanz und Akrobatik
für Stimmung. Das über weite Teile der Vorstellung verhalten
reagierende Publikum geht hier begeistert mit. Gleiches gilt für
den großartigen, von Kraft und Dynamik geprägten Auftritt von
Rémi Martin Lenz am Chinesischen Mast.
Duban
Nickol, Freedom-Jazz
Zum
Besten, was diese Show zu bieten hat, gehört freilich auch die
zehnköpfige Band „Freedom-Jazz“ aus der Ukraine, die
ausschließlich aus Frauen besteht. Die schönen Damen mit den
strengen Tollen-Frisuren spielen unter anderem Musik im Stil der
1930er bis 1950er Jahre – schade, dass die Begleitmusik bei den
artistischen Auftritten und selbst im Finale jedoch vom Band
kommt. In der ersten Hälfte noch gut vertreten, hat die Band im
zweiten Programmteil nur noch direkt nach der Pause einen
Auftritt. Dann sieht man Freedom-Jazz erst wieder zum
Schlussapplaus. Produzent Oliver Höner, Regisseur Maxim Bauer,
Choreograph Dimitri Lavrynenko, Texter Kamil Kreči,
Kostümbildnerin Isabel Jazzabel sowie die Lichtdesigner Paul Lee
und Benjamin Alberts bildeten das Kreativteam dieser Produktion,
welche den „Weihnachtsmann-Präsidenten“ Duban Nickol in den
Mittelpunkt stellt. Beide Programmteile darf er beschließen: den
ersten mit Songs von Tom Jones & Co., den zweiten mit eher lauen
Gags auf dem Trampolin. Da wird selbst auf „Gangnam Style“,
Klatschspiele mit dem Publikum und angedeuteten Strip nicht
verzichtet. |