Auch
bei der Umsetzung der Show waren die Macher, allen voran Ira Rizaeva,
wieder richtig kreativ. Die Vorstellung der Künstler via Videobotschaft
direkt vor dem Auftritt ist immer wieder eine sympathische Form der
Präsentation. Opening und Finale sind mit Szenen von Housch ma Housch
verbunden. Nach dem Prolog durch den großartigen Komiker erscheinen die
Artisten in gelben Hosen und lila Shirts. Zum Abschied bringen sie
Kerzen ins Chapiteau. Mit einer solchen hatte Housch ma Housch zuvor
seine liebe Not. Die letztendliche Verabschiedung gestaltet sich dann
sehr ausgelassen.
Housch ma Housch, Willer Nicolodi, Wallenda Family
Housch
ma Housch gibt somit den Rahmen dieser Produktion vor. Und er gewinnt
die Sympathien der Zuschauer. Denn durch Vertreter des Publikums werden
die Preisträger des Festivals bestimmt. Trotz vieler artistischer
Höchstleistungen gehen gleich zwei der drei Auszeichnungen an komische
Nummern. Den ersten Platz sichert sich eben jener Semen Schuster. In
seiner Rolle als Housch ma Housch bekommt er in Kassel ausreichend
Raum, sich optimal zu präsentieren. Natürlich ist seine von der Decke
hängende Kordel dabei, an der er zieht und die gerne mal „kaputt“ ist.
Zudem hat er ein fast lebendiges Stofftier im Gepäck und musiziert mit
Freiwilligen aus dem Publikum genauso wie mit einer Rolle Klebeband.
Nicht nur seine Frisur und die Laute, die er von sich gibt, sind
ungeheuer witzig. Es ist sein gesamtes Auftreten und es sind die
wirklich originellen Szenen, die er spielt. Auf den dritten Platz kommt
Bauchredner Willer Nicolodi. Ob mit Mäuserich Joselito oder drei Gästen
aus dem Publikum – Nicolodi sorgt mit seinen Künsten für mächtig Spaß.
Er gibt den Zuschauern auf der Bühne neue Stimmen, sie geben ihm dafür
ihre bei der Wahl der Preisträger. Den zweiten Preis erobert sich die
groß angekündigte Sensation aus den USA. Die Wallendas sind eine
Artistenfamilie im besten Sinne, die im Einspieler auf ihre deutschen
Wurzeln hinweist. Auf dem Hochseil arbeiten mehrere Generationen
zusammen. Höhepunkt ihres Auftritts ist die legendäre
Siebener-Pyramide, die sie ohne Sicherung laufen. Lediglich ein Teil
der Zuschauer erhält durch ein Netz Schutz vor eventuell
herunterfallenden Requisiten. Ihr spektakulärer Auftritt wird von
dramatischer Musik begleitet, die große Pyramide zeigen sie gar ohne
musikalische Begleitung.
Super Silva, Valerie Inertie, Malina Buttgereit
Mitglieder
der Wallendas sind zudem Teil der Flying Cortes, die am Flugtrapez
mitunter ausgefallene Sprünge zeigen. Diese werden insbesondere durch
eine Reckstange oberhalb des Fängers ermöglicht. Ihre Wurzeln haben sie
in Kolumbien, was sie auch in der Präsentation ihres Auftritts nicht
verhehlen. Artistischer Höhepunkt ist der Dreifache Salto. Für
spektakuläre Luftakrobatik ohne Sicherung steht Super Silva. Als
Spiderman klettert er äußerst geschmeidig an einem Seil zu seinem
Arbeitsplatz in knapp 14 Metern Höhe. Dort oben zeigt er einen
waghalsigen Deckenlauf. Noch spektakulärer sind seine Sprünge von
Trapez zu Trapez. Eleganz, Ästhetik und artistisches Können stehen bei
der Luftnummer von Valerie Inertie im Vordergrund. Mag ihre artistische
Kür an Tüchern ebenfalls nicht ungefährlich sein, sind hier eben andere
Attribute kennzeichnend. Vor allem ihre ungewöhnlichen Abfaller sind
sehenswert. Immer wieder ein Hochgenuss ist Inerties traumhafte Nummer
am Roue Cyr. Aufgrund einer Fußverletzung kann die Kanadierin sie nicht
selbst zeigen. Es übernimmt Malina Buttgereit, eine ihrer Schülerinnen.
Buttgereit hat offensichtlich gut gelernt, denn auch bei der jungen
Deutschen macht das Zusehen allergrößten Spaß. Die akrobatische
Leistung ist ebenfalls bewundernswert.
Claudius Specht, Rich Miteku, Duo Racers
Als
weiteren Solisten erleben wir Claudius Specht. Der gebürtige Schweizer
ist inzwischen in Hessen zuhause. Seine Jonglagen mit Keulen und
Bechern kommen bestens an. Er hält nicht nur bis zu sieben Keulen
gleichzeitig in der Luft, sondern verkauft diese Leistung zudem äußerst
smart. Sein genialer Assistent in Form eines Keulen-spuckenden
Behälters sorgt für zusätzliche Aufmerksamkeit. Als Bondgirl kommt
Schlangenfrau Rich Miteku daher. Zu „Skyfall“ verbiegt sie ihren Körper in
schier unglaubliche Positionen. Dabei ist die Äthiopierin ständig in
Bewegung. Damit hat sie eine neue Facette der Sparte Kontorsion nach
Europa gebracht. Victor Gorodetskyy und Partnerin Julia werden als Duo
Racers angekündigt. Den Großteil des Auftritts bestreitet aber Victor
im Solo. Mit Einrädern verschiedener Konstruktion jagt er über die
Rundbühne und erklimmt ein Podest mit Treppenstufen. Für seine Fahrten
reicht ihm am Ende gar ein Rad mit nichts anderem als zwei Pedalen. Auf
einem Einrad mit hoher Stange lädt er dann Julia zu einer gemeinsamen
Spritztour ein.
Dima & Dima, Kuskovs, Trio Yarmoshko
Das
typische Flic Flac-Feeling bringen Dima & Dima mit nach Kassel.
Brennende Fässer sorgen für optische Reize, Musik von Rammstein für
akustische. In dieser aufgeheizten Atmosphäre arbeiten Dmitry Makrushin
und Dmytro Tarasenko ihre kraftvolle Hand-auf-Hand-Akrobatik. Wobei
diese Bezeichnung nicht allzu wörtlich zu nehmen ist. Auch ein Einarmer
auf dem Kopf des Partners gehört zum Repertoire. Ikarische Spiele auf
Motorrädern konnten wir bei Flic Flac ebenfalls schon erleben. Die
Kuskovs jonglieren sich nicht nur gegenseitig auf den Sätteln stehender
Motorräder, sondern zeigen ihre Fußjonglagen zudem während die Trinka
in Form eines Trikes über die Bühne fährt. Kern ihrer Darbietung sind
aber die zumeist auf zwei Motorrädern nebeneinander stattfindenden
ikarischen Spiele. Zwei starke Biker bilden die Untermänner, welche
jeweils einen Jungen mit den Füßen durch die Luft wirbeln. Dank deren
Körperbeherrschung sehen wir elegant ausgeführte Sprünge. Solche hat
auch das Trio Yarmoshko zu bieten. Als Absprungbasis dient dem Flieger
ein Russischer Barren, der auf den starken Schultern seiner Partner
liegt. Der Dreifache Salto bildet hier den Höhepunkt.
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