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Circus Krone - Januar 2015
www.circus-krone.de ; 85 Showfotos

München, 17. Januar 2015: Die Mischung stimmt. Das erste Programm der Winterspielzeit 2014/15 im Kronebau bietet alles: Ein Wiedersehen mit guten Bekannten, (vielleicht) einen Abschied von lieb gewonnenen Freunden und spannende neue Gesichter – darunter gar eine Liebe auf den ersten Blick. Mag auch der Titel „Giganten der Manege“ etwas zu hoch gegriffen sein, bietet Krone wiederum beste Unterhaltung für die ganze Familie von drei bis 99 Jahren. Ein Samstagnachmittag im ausverkauften Stammhaus des größten Circus Europas sorgt immer wieder für Freude.

Noch dazu, wenn die einladend strahlende Front an der Marsstraße einen wunderbaren Kontrast zum kalten Winterwetter mit Schneetreiben bildet. Da heißt es Eintreten und für zweieinhalb Stunden Abtauchen in die internationale Welt der Manegenunterhaltung. So, wie es seit 96 Jahren an dieser Stelle Tradition ist. Auf diese stolze Zahl weist Direktorin Christel Sembach-Krone im Vorwort des Programmhefts hin. Genauso wie auf die 34 Artisten aus zehn Nationen, die vom ersten Weihnachtsfeiertag bis Ende Januar die erste von drei Shows gestalten.


Truppe Dalian, Nicol Nicols, Jochen Träger

Nachdem der Kinderspaß vor der Vorstellung, jetzt um ein Trampolin erweitert, beendet ist und Nikolai Tovarich das Publikum begrüßt hat, treffen wir auf Artisten, welche wir schon im Saisonprogramm sehen konnten. Die Mitglieder der Truppe Dalian landen ihre hohen Sprünge von zwei nebeneinander aufgestellten Schaukeln in einem Tuch, das von der Kuppel herunterhängt. Präzision erfordert insbesondere der Satz durch einen Reifen. Mit ihrer Artistik an Bungeeseilen im UV-Licht bilden die Chy Fu Dey die Schlussnummer. Auch sie sind uns aus Celebration bekannt und bieten dem Publikum ein ganz besonderes visuelles Erlebnis. Spätestens mit seinem Engagement beim Zirkus Charles Knie hat sich Nicol Nicols auch hierzulande einen Namen gemacht. Der „spanische Grieche“ (Zitat Programmheft) tanzt gekonnt über das Drahtseil. Höhepunkte seines Repertoires sind der Rückwärts- sowie Vorwärtssalto. Lange nicht mehr gesehen hatte ich die Kleintierrevue von Jochen Träger alias Krenzola junior. Und die hat sich inzwischen prächtig entwickelt. Wieder dabei ist die Szene, bei der ein Fuchs eine Gans im Puppenwagen schiebt. Sie ist so etwas wie das Markenzeichen dieser Darbietung. Neu für mich ist die Pute, welche ihren zwei- und vierbeinigen Kollegen in Sachen Manegenpräsenz in nichts nachsteht. Zum Kollegenkreis zählen Katzen, Hunde, Hühner und ein Papagei. Unzählige Tauben fliegen zudem in einen großen Korb.


Jana Mandana, Martin Lacey junior

Die weiteren Tiernummern kommen aus dem Hause Krone. Ein Zusammentreffen zweier sehr unterschiedlicher Damen, die doch wunderbar harmonieren, ist die Elefantennummer. Die eine wiegt vier Tonnen und hört auf den Namen Bara, die andere bringt nur ein Bruchteil dieses Gewichts auf die Waage und heißt Jana Mandana. Zunächst erklimmen sie gemeinsam einen Turm aus fünf Postamenten. Auch bei den weiteren Tricks, wie dem Aufrichten auf den Hinterbeinen, trägt Bara ihre junge Trainerin ganz locker auf dem Rücken. Von der Manegenmitte aus dirigiert Krones Juniorchefin später sechs wunderschöne Falben. Die Lusitanos geben ein herrliches Bild ab und laufen in schönen Formationen durch das Rund. Bedingt durch eine Fußverletzung von Jana Mandana sehen wir bei den da capi an diesem Nachmittag „nur“ einen Vorwärtssteiger. Womöglich den letzten Auftritt hat die Löwengruppe von Martin Lacey junior, mit der er uns über so viele Jahre begeistert hat. Die vierbeinige Jugend steht in der Startlöchern und wird in den nächsten beiden Winterprogrammen sowie auf Tournee das Scheinwerferlicht genießen dürfen. Nun also noch einmal die Routiniers, die sich in einem Augenblick so herrlich wild generieren, um im nächsten als vermeintliche Schmusekatzen mit Martin Lacey zu spielen. Eindrucksvoll ist immer wieder das x-fache Hochsitzen der Löwinnen. Ebenso der vertraute Umgang mit Mähnenlöwe Kassanga. „Thanks for the Memory!“


Dmitry Chernov, Duo Capilar, The Champions

Kommen wir nun also zu den neuen Gesichtern. Kurzfristig für seine Kollegin Shirley Dean eingesprungen ist Dmitry Chernov. Chernov ist nicht nur ein technisch versierter Jongleur. Er ist ebenfalls ein äußerst kreativer Kopf. Für viele andere Artisten hat der Russe bereits Auftritte kreiert. Und so ist sein eigener alles andere als gewöhnlich. Als Schamane jongliert er bis zu sieben relativ große weiße Bälle. Mit Kostüm, Schminke, Musik und seinen Bewegungen setzt er das Thema um. Von Russland geht es direkt weiter nach Kuba. Vom dortigen Nationalcircus kommt das Duo Capilar. Die beiden bildhübschen Twens Jenny Montero Arencibia und Yanisley Sanchez Hinojosa beherrschen die Kunst des Zopfhangs. Vielmehr noch gewinnen sie ihr neue Aspekte ab. Denn sie schweben nicht nur nebeneinander durch die Luft, sondern hängen auch Zopf an Zopf übereinander. Originell sind zudem die Sequenzen, bei denen die Oberfrau kopfüber einen Luftring und Tücher an ihren Haaren befestigt, während die Partnerin daran Kunststücke zeigt. The Champions nennt sich die nächste Generation der Truppe Sarach. Ein Name, mit dem man in der Circuswelt die Disziplin der Percheartistik verbindet. Das Balancieren mit langen Stangen sorgt hier für den Nervenkitzel vor der Pause. Das Sextett und Truppenchef Alexei Sarach betreiben einen enormen Aufwand. Viele Requisiten werden eingesetzt, um eindrucksvolle Bilder zu schaffen. Während das untere Ende der Perchestange auf den Schultern der kräftigen Träger liegt, halten sich die Artisten oben geschickt im Gleichgewicht. Dies auch über mehrere Etagen.


Sterza Family, Duo Fusion

In der Sparte Humor hat Krone mit der Sterza Family einen richtig guten Griff gemacht und Spaßmacher engagiert, die zum ersten Mal in München zu erleben sind. Beim Circusfestival von Latina machten sie im vergangenen Jahr auf sich aufmerksam. Das große Entree bestreiten Vater Alessandro Sterza sowie Bryan, David und Gulzan gemeinsam. Es wird auf gewöhnlichen genauso wie auf ungewöhnlichen Instrumenten gespielt. Es wird sich gegenseitig gestört und am Ende dann doch gemeinsam musiziert. Hinzu kommen Gags neuerer Prägung, wie das Fotografieren eines Selfies mittels Smartphones. Sehr unterschiedlich sind zudem ihre Reprisen. In einer reitet einer der Clowns auf einem Zebra, welches mit Wasser spritzt, in den Zuschauerraum. In einer anderen gibt es ein originelles Spiel mit einer Stoffpuppe. Eine Einordnung fällt schwer. Aber die ist auch gar nicht zwingend notwendig. Vielmehr bleibt festzuhalten, dass diese sympathische Familie für ansteckenden Spaß sorgt. Vollends überzeugt, ja begeistert, haben mich schließlich Virginia Tuells und Giovani Perez. Es ist eine jener Nummern, bei denen einfach alles stimmt: Ausstrahlung, Personality, Auftreten und zum Glück ebenfalls die Leistung. Als Duo Fusion zeigen sie Partner-Akrobatik vom Feinsten. Der Clou bei der Sache: Mal übernimmt Virginia den tragenden Part, dann wieder Giovani. Die anspruchsvollen Tricks sind eingebunden in einen Tango, wie er leidenschaftlicher kaum vorstellbar ist. Nicht nur für mich das Highlight der Show. Auch das Publikum feierte das Duo Fusion ähnlich frenetisch wie den Lokalmatador Martin Lacey junior.

Die Moderation liegt wie gehabt bei Ringmaster Nikolai Tovarich. Über dem Artisteneingang thront das große Orchester unter der Leitung von Oleksandr Krasyun. Allerdings kommen die Musiker nicht bei allen Nummern zum Einsatz. Dankenswerterweise hat das Finale wieder eine kleine Choreographie bekommen, welche die Sterza Family musikalisch eröffnet. Alles in allem ein gelungener Start in die neue Spielzeit, der Lust auf die beiden nächsten Programme macht.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch