Die
vergangenen Jahre sahen wir in Reutlingen stets die erste
Mittagsvorstellung, die vor der offiziellen Abendpremiere immer
auch ein wenig den Charakter einer öffentlichen Generalprobe
hatte. In diesem Jahr besuchten wir dagegen eine ausverkaufte
Vorstellung vier Tage vor Gastspielschluss und erlebten ein
wunderbar eingespieltes Programm, das vom Publikum im Finale mit
begeistertem Schlussapplaus bedacht wurde. Während die
wunderschönen Zeltanlagen und das liebevoll gestaltete Ambiente
wiederum rundum überzeugten, zeigte sich die nicht gerade
überdimensionierte Licht- und Soundanlage weiterhin ausbaufähig.
Insbesondere klang die eingespielte Musik häufig seltsam dumpf.
Für schöne Effekte sorgte immerhin die Lasershow beim Aufbau des
Todesrades.
Adele Olivera, Melanie Sperlich, Robert Foxall mit Ensemble
Die Show
wurde in eine kleine Rahmenhandlung gekleidet, die im Opening
beginnt und dann im Finale wieder aufgegriffen wird: Ein junges
Mädchen (Melanie Sperlich) träumt im Zwiegespräch mit seinem
großen Teddybär davon, in einer großen Circusshow auftreten zu
dürfen. Das Kind schläft ein, und im nächsten Bild sehen wir
seine Traumwelt: Kunstschnee rieselt aus der Kuppel,
Schneemänner und Weihnachtsfrauen erscheinen, und Robert Foxall
schwebt kraftvoll an den Strapaten unter der Zeltkuppel. Vor
drei Jahren war seine Darbietung Schlussnummer in Reutlingen,
nun war sie erneut zu sehen und an den Beginn der Show gerückt.
Schade nur, dass es im Opening keine echte Begrüßung des
Publikums stattfindet. Stattdessen hört das Publikum Moderatorin
Susy Ranitz erst dann zum ersten Mal, wenn sie nach der
Strapatennummer Robert Foxalls Namen aus dem Off ruft. Großen
Anklang findet gleich im Anschluss die Papageienshow von Adele
und Franco Olivera. Zu Rock’n’Roll-Musik wird hier eine
Darbietung im klassischen Stil gezeigt, bei der die Tiere zum
Beispiel Auto und Roller fahren oder Mini-Basketbälle in einen
Korb werfen. Hinzu kommen schöne Freiflüge unter der Zeltkuppel.
Franco Olivera, Antonio und Alfons Casselly
Für die
Clownerie sorgt einmal mehr Antonio Casselly. Mit seinen
sympathischen Auftritten, die sich wohltuend von der Masse der
Reprisenclowns abheben, lässt er Kinder und Erwachsene
gleichermaßen herzlich lachen. Im ersten Auftritt kämpft er
gegen seinen jüngeren Bruder Alfons, der hier in Gestalt eines
„Boxroboters“ auftritt. Auch wenn Antonio alles versucht –
natürlich wird immer nur er selbst vom „Boxroboter“ getroffen.
Später lässt er sich von seinem Hund überlisten, der scheinbar
an seiner Hundehütte angeleint ist und doch Antonios
Picknick-Würstchen stibitzen kann. In weiteren Auftritten
präsentiert Casselly eine Illusionisten-Parodie und schießt als
Amor Liebespfeile. Alfons Casselly ist zudem als charmanter
Vorführer mit zwei schönen Tierdarbietungen im Programm
vertreten: einem Achterzug Ponys und einem Groß und Klein mit
schwarzem Friesen und weißem Pony. Für Lacher sorgt, neben Clown
Antonio, auch Franco Olivera mit seiner komischen Version des
Bola Bola-Genres.
Truppe
Lanik
Mit drei
Auftritten begeistert die Truppe Lanik. Zunächst bieten die
Artisten als Quintett eine rasante Gruppenjonglage. Spektakulär
ist später die Percheakrobatik. Hier überschreitet u.a. einer
der Herren eine Leiter, während er auf seiner Stirne eine hohe
Perchestange balanciert. Mit ihrer großen
Schleuderbrett-Attraktion sorgen die Laniks später auch für die
Schlussnummer im Programm. Im Mittelpunkt steht Kaja Lanik als
Flieger. Hier wird im Grunde alles geboten, was zu einer
klassischen Schleuderbrettnummer gehört: Menschentürme, der
Sprung in den Sessel, Sprünge auf einer und auf zwei Stelzen und
vieles mehr, darunter als Besonderheit der Sprung auf die
Plattform am oberen Ende einer Perchestange. Die
folkloristischen Kostüme und all die „Hopps“ und „Hoys“, das
pure Schleuderbrett-Klischee eben, machen uns vollends selig.
Duo Sifolini,
Tomas Ringel und TomasRingel jun.
Für eine
attraktive und effektvolle Pausennummer sorgt das Duo Sifolini
auf dem Todesrad. Zum Repertoire gehören Klassiker wie der
Blindlauf, das gleichzeitige Seilspringen beider Akteure auf den
Außenseiten des rotierenden Rades oder hohe Sprünge; selten zu
sehen ist dagegen der Lauf über das Todesrad auf Händen. Mit
seiner Partnerin Hayley zeigt Nikolay Karakolev vom Duo Sifolini
unter dem Titel „Masqerade“ darüber hinaus im zweiten Programmteil eine Quickchange-Nummer. Diese
zweite Hälfte der Show eröffnet Tomas Ringel mit seinen vier
Löwen. Ringel tritt gewohnt couragiert auf, sucht intensiv den
Kontakt zu den Löwen, die er oft mit bloßen Händen „anschiebt“,
wenn sie ihre Postamente verlassen sollen. Sprünge, Löwenbar und
Teppich gehören ebenso zu der trickstarken Darbietung wie der
Rachentrick oder das Tragen eines Tieres auf den Schultern.
Während Vater Tomas Ringel der Star im Raubtierkäfig ist,
veredelt sein 24-jähriger Sohn Tomas jun. das Finale mit dem
live und überaus gekonnt gesungenen „You raise me up“. Ebenso
wird im Finale die Handlung der Show aufgegriffen: Die kleine
Melanie erkennt, dass ihre Rolle in der großen Circusshow kein
bloßer Traum war, denn unter ihrem Morgenmantel entdeckt sie ein
glitzerndes Circuskostüm. |