Der Auftakt
dieser Show ist typisch Salto Natale: Sängerin und Violinistin performen auf der Bühne einen Popsong, begleitet von einem
Fabelwesen. Doch dann folgt beim Auftritt des neuen Balletts
gleich die erste Überraschung.
Ballett
Die
vergangenen Jahre hatten sich die Salto-Natale-Tänzer stets
modernen Choreographien gewidmet, meist in besonders
farbenfrohen Kostümen oder in recht erotischer Aufmachung.
Diesmal hat man sich für ein elfköpfiges Ensemble aus Spanien
entschieden, sechs Frauen und fünf Männer. In mehreren
Auftritten zeigen sie unterschiedliche Facetten traditioneller
Tanzstile der iberischen Halbinsel. Flamenco, Kastagnetten
und mehr werden in wunderbar authentischen, hochwertigen Kostümen
präsentiert. Es entstehen
große Bilder von beeindruckender tänzerischer Präzision und
choreographischer Qualität. Die verschiedenen Auftritte sind eigenständige
Nummern, die vom Publikum zu Recht mit Begeisterung und
rhythmischem Applaus aufgenommen werden. Der zusätzliche
Auftritt zum Evergreen „YMCA“ erschien uns dagegen verzichtbar.
Olena
Lehmann, Du Sen, David Pereira
Einen
Poledance, wie wir ihn in dieser Stärke noch nicht gesehen
haben, zeigt Olena Lehmann aus der Ukraine. Die zierliche Frau
verfügt über enorme Kraft und hohe Beweglichkeit gleichermaßen;
mit ihren Posen scheint sie die Schwerkraft zu überwinden. Vier
vietnamesische Artistinnen präsentieren an grünen Seidentüchern
unter rosa Blüten ein raumfüllendes Luftballett. Authentisch und
landestypisch auch dieses Bild, wie bei den spanischen Tänzern,
wenngleich es für westliche Augen etwas kitschig wirken mag. Der
Genickhangwirbel einer Artistin steht am Ende der Darbietung.
Starke Kontorsion, Handstände und Tanz vereint David Pereira in seiner
modernen Darbietung. Nur eine weiße Pant und anfänglich Engelsflügel
als Kostüm sowie ein Einkaufswagen als Requisit mögen
provokant sein, doch das Publikum zeigt sich aufgeschlossen.
Starker Applaus und anerkennende Pfiffe sind der Lohn.
Truppe
Dobrovitsky, Duo Heartbeat,
Timur Kaibjanov
„Fliegende
Menschen“ gibt es bei Salto Natale heuer nicht am Trapez,
sondern mit der Truppe Dobrovitsky am selten gezeigten
Doppel-Fangstuhl zu sehen. Die beiden stehenden Fänger werfen
sich die beiden Fliegerinnen und den Flieger gegenseitig zu.
Ähnlich wie bei einer Flugtrapeznummer gehören auch hier
Sprünge, Salti, Pirouetten und zum Abschluss die Passage zum
Repertoire, das zu Swingmusik dargeboten wird. Eine ganz
außergewöhnliche und leistungsstarke Version der Jonglage hat
sich Timur Kaijbjanov erarbeitet. Er sitzt dabei auf einem hohen
Barhocker, so dass er Hände und Füße gleichermaßen nutzen kann.
Auf seinen Schuhen sind kleine Schalen befestigt. Und so
jongliert er zum Beispiel vier Bälle nur mit den Füßen oder drei
Bälle mit den Füßen und gleichzeitig drei mit den Händen. Wieder
auf festem Boden stehend, hält er zum Abschluss sieben Bälle in
der Luft. Das Duo Heartbeat, Yuliaa Lytvychnuk und Valerii
Volynets, zeigt eine artistisch überzeugende Partner- und
Wurfakrobatik, zu der ein romantischer Lovesong vielleicht
besser gepasst hätte als Ravels „Bolero“.
Truppe
Shagunin, Truppe Nomuna, Dasha und Vadym
Mit der
Percheakrobatik der Truppe Shagunin aus Russland ist ein
weiteres seltenes, aber umso lieber gesehenes Genre im Programm.
Der ganz starke Schlusstrick: Ein Artist steht im Kopfstand auf
einer Perchestange, die sein Partner wiederum auf dem Kopf
balanciert. Dabei läuft der Untermann noch über einen schmalen
Russischen Barren, den zwei weitere Artisten auf ihren Schultern
tragen. Kehrtwende auf dem Barren inklusive! Auf eine
Blitzkarriere darf das ukrainische Duo Dasha und Vadym
zurückblicken, das nach dem „Young Stage“-Festival 2013 im
Pariser Cirque d’Hiver zu sehen war und nun dank Salto Natale
eine weitere Top-Adresse in seine Referenzliste aufnehmen darf.
Die beiden geht bei ihrer Luftartistik an Seidentüchern volles
Risiko ein – zum Beispiel wenn Vydym Pankevych seine hübsche
Partnerin Daria Shelest nur mit einer Hand im Nacken hält. Aus
der Mongolei kommt als Schlussnummer die
Schleuderbrettattraktion der elfköpfigen Truppe Nomuna. Starke
Tricks wie ein Vier-Mann-Hoch ohne Stange sind wirklich aller
Ehren wert, der Verkauf als „wilde Affenhorde“ dagegen eher
Geschmackssache.
Die Kavaliere, Jennifer S.
Boone
Was bleibt
zu sagen? Für den komischen Teil des Programms wurde das Duo
„Die Kavaliere“ aus Deutschland engagiert. Während Ralf Hafner
fröhlich schwäbelt, antwortet sein Partner Bernhard Altfeld auf
Schwyzerdütsch. Die beiden Komiker suchen äußerst offensiv den
Kontakt den Publikum und agieren jederzeit mit vollem Einsatz,
beispielsweise bei ihrer komischen Zauberei. Wir sahen das Duo
mehrfach bei Dinnershows als „verrückte Kellner“. Ihre Show
erschien uns für den intimen Rahmen eines Spiegelzeltes besser
geeignet als für das weite Rund des Salto-Natale-Chapiteaus.
Wenn zum Beispiel bei einem Gesangswettstreit die einzelnen
Publikumsblöcke gegeneinander ausgespielt werden, kommt das im
kleinen Rahmen noch besser rüber. Für die musikalische
Begleitung sorgt wiederum ein ganz hervorragendes neunköpfiges
Orchester unter der Leitung von Orlando Ribar. Es wird durch Sängerin Jennifer S. Boone ergänzt, die
mehrere Nummern mit Livegesang begleitet. Im Vorjahr hatten Rolf
und Gregory Knie ihrem Chapiteau mit zwei geschwungenen und
beleuchteten Showtreppen den Look eines modernen Revuetheaters
gegeben; heuer wurde dagegen wieder ein barock-verspielter
Artisteneingang geschaffen, der für mehr Circusatmosphäre sorgt.
Die bewährte Rundbühne ist indes geblieben, und darauf versammelt sich
das beeindruckend große Ensemble zum Finale. „Happiness ist the truth“ liefert die musikalische Begleitung, ehe Gregory Knie die
Besucher persönlich verabschiedet.
|