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Wereldkerstcircus Carré 2014/15
https://carre.nl/voorstelling/wereldkerstcircus

Amsterdam, 31. Dezember 2014: An der Amstel wurde ein Jubiläum gefeiert. Zum 30. Mal veranstaltete der vom Weltweihnachtscircus bekannte Produzent Henk van der Mejden seinen "Wereldkerstcircus". Der nostalgische Carré-Circusbau wurde Schauplatz eines Weltklasseprogramms. Die Handschrift des Circus-Moguls, der seine Programme  auch in Stuttgart regelmäßig mit hochdekorierten Sensationen spickt, ist unverkennbar. Viermal Gold in Monte Carlo, dazu erstmals in der Circusgeschichte ein fünffacher Salto am fliegenden Trapez – Das sind die Eckdaten eines unvergesslichen Circuserlebnisses.

Schon das Betreten dieses prächtigen Circusbaus mit seinen steil ansteigenden Rängen beeindruckt. Wenn dann das Programm von Sprechstallmeister Tony Wilson im roten Livree eröffnet wird und Florian und Edith Richter ihre Hohe Schule präsentieren, dann fühlt man sich fast in die Zeit eines Philipp Astley versetzt. Fast – denn das Orchester unter Kapellmeister Ruslan Fil sorgt für eine immer zeitgemäß-flotte und doch stilvolle musikalische Begleitung. Die Hohe Schule ist auf technisch höchstem Niveau und wird zum Teil ohne Sattel reitend dargeboten. Solche Reitkunst ist rar geworden im Circus und wird von den Richters hier in Vollendung praktiziert.


Prächtiger Circusbau mit steil ansteigenden Rängen

Den ersten akrobatischen Höhepunkt markiert die rockig daherkommende Arbeit der Truppe Stoian am Russischen Barren. Schwierige Sprungfolgen bis hin zum rückwärts gesprungenen dreifachen Salto werden immer perfekt gestanden. Die beim Festival von Budapest mit Silber ausgezeichnete Nummer wirkt dadurch sehr dynamisch. Dynamisch ist auch die in Monte Carlo goldprämierte Hand-auf-Hand-Akrobatik der beiden Russen Popov und Shcherbak. In dieser ansonsten zumeist langsam präsentierten Disziplin strotzt ihre Nummer vor Lebensfreude wie vor akrobatischen Höchstleistungen, zum Beispiel bei einem Salto vom Handstand in den Handstand. Der clowneske Teil des Abends ist nicht minder stark besetzt. Weltstar David Larible hat mit seinen gewohnt interaktiven Reprisen die Rolle als Publikumsliebling quasi abonniert. Wunderbar zur Geltung kommt auch die genauso temporeiche wie ästhetische Arbeit seiner Tochter Shirley Larible an den Strapaten, wenn er sie gesanglich begleitet. Umso temporeicher geht es bei der Truppe Zhuk zu, die eine starke Akrobatik am Quadratreck präsentiert.


Alessio Fochesato,
Truppe Zhejiang, Truppe Tai Chi 

Wie von den Produktionen Henk van der Mejdens bekannt, sind auch hier wieder außerordentlich starke Akrobatentruppen aus Fernost engagiert. So zeigt die aus China angereiste Truppe Zhejiang eine Handstand- und Kopf-auf-Kopf-Darbietung, die in einem imposanten Schlussbild gipfelt: Auf einer treppenartigen Konstruktion, die zwei Mann hoch gehalten wird, springt einer der Akrobaten einzig auf seinem Kopf balancierend Stufe um Stufe höher – eine Wahnsinnsleistung. Ebenfalls aus China kommt die Truppe Tai Chi. Ein von Stangen umrahmtes, rundes Podest ist das Requisit ihrer stark inszenierten Handstandakrobatik. Von Stange zu Stange bewegen sich die drei Akrobaten im Handstand, als sei es die natürlichste Form der Fortbewegung. Ein Altmeister seines Fachs ist im Programm für die Jonglage verantwortlich. Im Gentleman-Stil präsentiert Kris Kremo seine Darbietung, die angesichts der Vielzahl der Sensationsnummern im großen Bau leider nicht voll zur Geltung kommt. Ähnlich ergeht es Yelena Larkina, deren Hoola-Hoop-Darbietung jedoch elegant und unkonventionell ist. Der etwas unterrepräsentierte Part der Tiernummern wird durch die Papageien von Alessio Fochesato ergänzt. Die ohnehin optisch starke Nummer wirkt im Carré-Bau sehr elegant, besonders wenn seine Aras ihre Bahnen durch den Zuschauerraum drehen. Ein elegantes Bild gibt auch die Freiheitsdressur von Florian Richter ab, dessen großes Pferdekarussell aus der Vogelperspektive der steilen Ränge des Baus ein ganz besonderer Anblick ist. Die Nummer endet mit beeindruckenden Dacapo-Steigern, solo und im Quartett.


Truppe Sokolov 

Die beiden Höhepunkte des Programms sind jeweils dramaturgisch gelungen an den Enden der beiden Programmhälften platziert. Pausennummer ist eine Luftsensation vom Nationalcircus von Pjöngjang. Mit vier Fängern auf verschiedenen Ebenen werden atemberaubende Sprungfolgen möglich, wie man sie zurzeit wohl nur von nordkoreanischen Truppen bewundern kann. Ihre führende Stellung in der Luftakrobatik beweisen die Akrobaten dann eindrucksvoll mit einem nie da gewesenen Trick, dem fünffachen Salto. Han Ho Song springt ihn von einer erhöht gelagerten Schaukel und erntet tosenden Applaus. Schlussnummer des Programms ist die Schleuderbrett-Truppe Sokolov des Moskauer Nikulin-Circus und ihre in Monte Carlo mit dem goldenen Clown prämierte Inszenierung im Mozart-Stil. Mit scheinbarer Leichtigkeit zeigen sie Sprünge allerhöchsten Schwierigkeitsgrads. Besonders ihre Schlusssprünge mit Stelzen begeistern.

Im klassisch gehaltenen Finale wird noch einmal deutlich, wie viele Personen an diesem Spektakel mitgewirkt haben. In solcher Verdichtung bekommt man Weltklassenummern selten zu Gesicht. So bot die Matinee-Vorstellung am Silvestertag einen gelungen Abschluss für das Circus-Jahr 2014.

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Text und Fotos: Daniel Burow