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Cirque de Noel - Christiane Bouglione 2015
www.lecirquedenoel-paris.com ; 80 Showfotos

Paris, 5. Dezember 2015: So heimelig, so gemütlich ist kaum eine andere Weihnachtsproduktion. Es fühlt sich ein wenig an, als käme man nach Hause, wenn man das Chapiteau betritt. Die Monsieur Loyals und die Weihnachtsfrauen kennen wir seit Jahren. Die Scherze beim Einlass wissen wir richtig zu nehmen. Der Cirque de Noel von Christiane Bouglione hat sich seinen ganz eigenen Charme bewahrt. Wird anderswo mangelnde Innovationsfreude kritisiert, freuen wir uns hier, wenn alles bleibt, wie es immer war.

Das Gradin besteht aus Holzbänken ohne Rückenlehnen, Sturmstangen sorgen für nicht eben optimale Sichtverhältnisse. Aber das gehört dazu. Genauso wie der weihnachtliche Artisteneingang und das Lichtdesign, das das Geschehen in der Manege in wunderbar warme Farbtöne taucht. Das Programm besteht aus bekannten Größen der internationalen Circuswelt, neuen Gesichtern, Tierdressuren und einem wirklich ansprechenden Clown. Das Ensemble rundet die Show mit kleinen Einlagen ab. Das Publikum besteht zumeist aus Gruppen, die von Firmen eingeladen wurden. So sind die Vorstellungen in aller Regel gut besucht. Aber auch der spontane Einzelbesucher hat immer gute Chancen auf Einlass.


Opening mit Xavier Fagnon und Emilien Santus

Zum Auftakt werden wir in einer originellen Choreographie von Monsieur Loyal Xavier Fagnon sowie seinen Weihnachtsfrauen begrüßt - und von Clown Emilien Santus. Den jungen Briten aus der Familie Delbosq konnten wir hier bereits im vergangenen Winter erleben. Seine Prolongation ist ein echter Glücksfall. Denn der sympathische Komiker ist mit vielen neuen Ideen nach Paris zurückgekehrt. Wie er ein Foto mit Logengästen machen will und am Ende bei einem Gruppen-Selfie mit einem XXL-Smartphone endet, ist einfach großartig. Ein Junge darf das riesige Telefon am Stab hochheben, nachdem Santus an dieser Aufgabe gescheitert ist. Kein Problem für den Knirps, trägt er dabei doch ein Superman-Outfit. Ebenfalls neu ist die Idee, mit einem Staubsauger Kringel aus Rauch zu produzieren, um damit allerlei Schabernack anzustellen. Selbst einem Klassiker wie die Filmszene gestaltet er so, dass sie kurzweilig und wirklich witzig ist. Micky Mouse und Darth Vader sind zwei der Protagonisten, die sich vor der Kamera beweisen dürfen. Emilien Santus ist hierzulande bislang noch ein Geheimtipp. Uns würde es nicht wundern, wenn sich dies bald ändert.


Bernhard Kaselowsky, Anthony Lefort, Marion Bouglione

Im schwarzen Frack führt Bernhard Kaselowsky eine Pferdefreiheit vor. Fünf weiße Araber folgen den Kommandos des deutschen Tierlehrers, der inzwischen beim Cirkus Dannebrog seine Heimat gefunden hat. Eine schöne Nummer, die auch in der kleinen Manege elegant abläuft und natürlich mit Steigern endet. Im zweiten Teil erleben wir Kaselowsky erneut. Dann mit einem Groß und Klein in Schwarz und Weiß. Anthony Lefort besucht aktuell noch die Circusschule. Dies mit dem Ziel, Clown zu werden. Bei seinem Auftritt als Tellerjongleur kann er das komische Talent unter Beweis stellen. So geht es spritzig-witzig zur Sache, wenn der junge Franzose die weißen Porzellanteller auf dünnen Stäben kreisen lässt. Wünschen wir diesem sympathischen Newcomer alles Gute für seine weitere Karriere. Zumeist erleben wir in den Programmen des Cirque de Noel ein Mitglied der Familie Bouglione. Hier ist es Marion Bouglione, die gemeinsam mit Clemence Chretien eine Luftnummer arbeitet. Als Requisit dient ihnen eine Art kleines Rhönrad, das unter die Kuppel gezogen wird. An diesem zeigen die beiden Damen eine schöne Choreographie.


HeeJin Diamond, J&J, Isabel Legrain

Ein wirkliches Wunder der Gelenkigkeit ist HeeJin Diamond. Der Künstlername der jungen Kontorsionistin lässt auf ihr Kostüm schließen. Dieses ist mit vielen Glitzersteinen besetzt. Das Podest hat die Form eines Diamanten. Beim Verbiegen ihres Körpers und den Handständen berücksichtigt sie alle gängigen Figuren dieses Genres. Die fließenden Bewegungen werden mit ruhiger Musik untermalt. Höhepunkt ist der Zahnstand. Zu Motiven aus verschiedenen Filmen sind die Quick Change-Zaubereien von J&J arrangiert. Jesahel Pirlo und Joe Saly konnten wir mit ihren Kostümillusionen schon im Circus Carl Busch sehen. Jesahel war dort auch als Schlangenfrau engagiert. Jetzt wechselt sie gemeinsam mit ihrem Partner in rasantem Tempo sowie gelungener Choreographie die Kleider. Die letzte Verwandlung findet natürlich im Regen glitzernder Streifen statt. Joe Saly ist in der übernächsten Nummer schon wieder gefragt. Gemeinsam mit Bruder Karel singt er Roxane von The Police. Damit bilden sie den musikalischen Rahmen für die Vertikalseil-Kür von Isabel Legrain. Die Artistin mit der zackigen Frisur lässt sich ganz auf die verruchte Musik ein. Das passende Licht macht den Gesamteindruck ihrer Artistik am roten Seil komplett.


Michael Ferreri, Joe Saly, Finale

Der Shootingstar unter den Jongleuren ist Michael Ferreri. Der junge Wirbelwind jongliert so unbekümmert wie versiert mit seinen weißen Bällen, dass es eine wahre Freude ist. Bis zu neun davon hält er variantenreich in der Luft. Dabei ist der Artistennachwuchs schon jetzt ein ausgebuffter Showprofi, der sein Publikum spielend im Griff hat. Die Liste seiner bisherigen Engagements liest sich beeindruckend. In den nächsten beiden Jahren kommen Arnardo und Knie hinzu. Noch einmal erleben wir Joe und Karel Saly. Nun in ihrer Paraderolle als feurige Gauchos mit Bola-Spielen. Virtuos lassen sie ihre Requisiten  in atemberaubender Geschwindigkeit kreisen und begleiten sich dabei gegenseitig auf den Trommeln. Die Zuschauerin, die hier in die Manege geholt wird, braucht in der Tat starke Nerven. Joe Saly lässt die beiden an langen Schnüren befestigten Kugeln beängstigend nah um ihren Kopf kreisen, sodass ihre Haare durcheinander gewirbelt werden. Das folgende Finale ist, wie die gesamte Produktion, wunderbar weihnachtlich. Die Artisten haben Luftballons für die Kinder dabei, aus den Lautsprechern erklingt Petit Papa Noel. Vielleicht ist diese Aufmachung ein wenig an der Grenze zum Kitsch. Aber im Cirque de Noel von Christiane Bouglione gehört es schlichtweg dazu. Es muss einfach so sein.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch