Das
Gradin besteht aus Holzbänken ohne Rückenlehnen, Sturmstangen sorgen
für nicht eben optimale Sichtverhältnisse. Aber das gehört dazu.
Genauso wie der weihnachtliche Artisteneingang und das Lichtdesign, das
das Geschehen in der Manege in wunderbar warme Farbtöne taucht. Das
Programm besteht aus bekannten Größen der internationalen Circuswelt,
neuen Gesichtern, Tierdressuren und einem wirklich ansprechenden Clown.
Das Ensemble rundet die Show mit kleinen Einlagen ab. Das Publikum
besteht zumeist aus Gruppen, die von Firmen eingeladen wurden. So sind
die Vorstellungen in aller Regel gut besucht. Aber auch der spontane
Einzelbesucher hat immer gute Chancen auf Einlass.
Opening mit Xavier Fagnon und Emilien Santus
Zum
Auftakt werden wir in einer originellen Choreographie von Monsieur
Loyal Xavier Fagnon sowie seinen Weihnachtsfrauen begrüßt - und von Clown
Emilien Santus. Den jungen Briten aus der Familie Delbosq konnten wir
hier bereits im vergangenen Winter erleben. Seine Prolongation ist ein
echter Glücksfall. Denn der sympathische Komiker ist mit vielen neuen
Ideen nach Paris zurückgekehrt. Wie er ein Foto mit Logengästen machen
will und am Ende bei einem Gruppen-Selfie mit einem XXL-Smartphone
endet, ist einfach großartig. Ein Junge darf das riesige Telefon am
Stab hochheben, nachdem Santus an dieser Aufgabe gescheitert ist. Kein
Problem für den Knirps, trägt er dabei doch ein Superman-Outfit.
Ebenfalls neu ist die Idee, mit einem Staubsauger Kringel aus Rauch zu
produzieren, um damit allerlei Schabernack anzustellen. Selbst einem
Klassiker wie die Filmszene gestaltet er so, dass sie kurzweilig und
wirklich witzig ist. Micky Mouse und Darth Vader sind zwei der
Protagonisten, die sich vor der Kamera beweisen dürfen. Emilien Santus
ist hierzulande bislang noch ein Geheimtipp. Uns würde es nicht
wundern, wenn sich dies bald ändert.
Bernhard Kaselowsky, Anthony Lefort, Marion Bouglione
Im
schwarzen Frack führt Bernhard Kaselowsky eine Pferdefreiheit vor. Fünf
weiße Araber folgen den Kommandos des deutschen Tierlehrers, der
inzwischen beim Cirkus Dannebrog seine Heimat gefunden hat. Eine schöne
Nummer, die auch in der kleinen Manege elegant abläuft und natürlich
mit Steigern endet. Im zweiten Teil erleben wir Kaselowsky erneut. Dann
mit einem Groß und Klein in Schwarz und Weiß. Anthony Lefort besucht
aktuell noch die Circusschule. Dies mit dem Ziel, Clown zu werden. Bei
seinem Auftritt als Tellerjongleur kann er das komische Talent unter
Beweis stellen. So geht es spritzig-witzig zur Sache, wenn der junge
Franzose die weißen Porzellanteller auf dünnen Stäben kreisen lässt.
Wünschen wir diesem sympathischen Newcomer alles Gute für seine weitere
Karriere. Zumeist erleben wir in den Programmen des Cirque de Noel ein
Mitglied der Familie Bouglione. Hier ist es Marion Bouglione, die
gemeinsam mit Clemence Chretien eine Luftnummer arbeitet. Als Requisit
dient ihnen eine Art kleines Rhönrad, das unter die Kuppel gezogen
wird. An diesem zeigen die beiden Damen eine schöne Choreographie.
HeeJin Diamond, J&J, Isabel Legrain
Ein
wirkliches Wunder der Gelenkigkeit ist HeeJin Diamond. Der Künstlername
der jungen Kontorsionistin lässt auf ihr Kostüm schließen. Dieses ist
mit vielen Glitzersteinen besetzt. Das Podest hat die Form eines Diamanten. Beim Verbiegen ihres Körpers
und den Handständen berücksichtigt sie alle gängigen Figuren dieses
Genres. Die fließenden Bewegungen werden mit ruhiger Musik untermalt.
Höhepunkt ist der Zahnstand. Zu Motiven aus verschiedenen Filmen sind
die Quick Change-Zaubereien von J&J arrangiert. Jesahel Pirlo und
Joe Saly konnten wir mit ihren Kostümillusionen schon im Circus Carl
Busch sehen. Jesahel war dort auch als Schlangenfrau engagiert. Jetzt
wechselt sie gemeinsam mit ihrem Partner in rasantem Tempo sowie
gelungener Choreographie die Kleider. Die letzte Verwandlung findet
natürlich im Regen glitzernder Streifen statt. Joe Saly ist in der
übernächsten Nummer schon wieder gefragt. Gemeinsam mit Bruder Karel
singt er Roxane von The Police. Damit bilden sie den musikalischen
Rahmen für die Vertikalseil-Kür von Isabel Legrain. Die Artistin mit
der zackigen Frisur lässt sich ganz auf die verruchte Musik ein. Das
passende Licht macht den Gesamteindruck ihrer Artistik am roten Seil
komplett.
Michael Ferreri, Joe Saly, Finale
Der
Shootingstar unter den Jongleuren ist Michael Ferreri. Der junge
Wirbelwind jongliert so unbekümmert wie versiert mit seinen weißen
Bällen, dass es eine wahre Freude ist. Bis zu neun davon hält er
variantenreich in der Luft. Dabei ist der Artistennachwuchs schon jetzt
ein ausgebuffter Showprofi, der sein Publikum spielend im Griff hat.
Die Liste seiner bisherigen Engagements liest sich beeindruckend. In
den nächsten beiden Jahren kommen Arnardo und Knie hinzu. Noch einmal
erleben wir Joe und Karel Saly. Nun in ihrer Paraderolle als feurige
Gauchos mit Bola-Spielen. Virtuos lassen sie ihre Requisiten in
atemberaubender Geschwindigkeit kreisen und begleiten sich dabei
gegenseitig auf den Trommeln. Die Zuschauerin, die hier in die Manege
geholt wird, braucht in der Tat starke Nerven. Joe Saly lässt die
beiden an langen Schnüren befestigten Kugeln beängstigend nah um ihren
Kopf kreisen, sodass ihre Haare durcheinander gewirbelt werden. Das
folgende Finale ist, wie die gesamte Produktion, wunderbar
weihnachtlich. Die Artisten haben Luftballons für die Kinder dabei, aus
den Lautsprechern erklingt Petit Papa Noel. Vielleicht ist diese Aufmachung ein wenig an der
Grenze zum Kitsch. Aber im Cirque de Noel von Christiane Bouglione
gehört es schlichtweg dazu. Es muss einfach so sein.
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