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Circustraum Conelli 2015

www.circusconelli.ch
; 100 Showfotos

Zürich, 22. November 2015: Ringmaster Evan Andrews bekommt gleich vier weitere Sänger zur Seite gestellt. Dazu wie gehabt die Conelli Dancers, sechs ausgesucht hübsche Tänzerinnen. Und natürlich die große, fabelhaft musizierende Big Band von Alex Maliszewski. „That's Entertainment!“ mag man da ausrufen. Und genau das tut der Circus Conelli in dieser Spielzeit. „Conelli – That's Entertainment“ lautet der Titel der neuen Produktion. Wie die erste Sätze bereits erahnen lassen, folgt sie der bekannten Machart, eine traumhafte Show zu bieten. In dieser präsentieren sich wiederum ausgesuchte Perlen der Artistik.

Wobei in diesem Winter ein Schwerpunkt auf humorvollen Darbietungen liegt. Natürlich wird das bevorstehende Weihnachtsfest aufgegriffen. Gaston begrüßt uns im rot-weißen Anzug mit einem Weihnachtsglöckchen. Das Orchester spielt nach der Pause ein Medley weihnachtlicher Weisen. Weltliche und geistliche Literatur werden gleichermaßen berücksichtigt. Zum Finale schneit es aus der Kuppel. Somit verlassen wir das Conelli-Chapiteau bereits eine Woche vor dem ersten Advent festlich gestimmt.


Conelli Dancers, Sänger und Jeremy Gasser

Gleich nachdem Roli bei seinem Clownspartner Gaston eine freundlichere und fetzigere Form der Begrüßung erbeten hat, gibt es das erste große Showbild. Cindy Gasser-Lee und ihr Ehemann, Direktor Roby Gasser, haben wiederum die Choreographie sowie Regie übernommen. Beider Sohn Jeremy mischt als Sunnyboy dieses dynamische Opening auf. Auf einer beleuchteten Rundbühne in der Manegenmitte spielt er E-Gitarre, während Tänzerinnen und Sänger um ihn herum einen mitreißenden Auftakt produzieren. Das Lichtdesign ist gewohnt überwältigend.


Frank Wolf, Get the Shoe, Novruzov Brothers

Kaum hat Jeremy die Bühne verlassen, steht dort Frank Wolf mit seinem BMX-Rad. Für seine (Rad-)Touren benötigt der Berliner aber die ganze Manege. So wird die Bühne kurzerhand durch den Artisteneingang gefahren. Eines der vielen logistischen „Wunder“, die hier auf dem kleinen Raum des Bauschänzli vollbracht werden. Wolf arbeitet in Straßenkleidung. Egal ob auf einem oder zwei Rädern balancierend, er hält immer das Gleichgewicht. Eine rasante Nummer, die den Schwung des Openings aufnimmt. Als skurrile Kampfsportler entern Christof Buch und Florian Müller die Szenerie. Dabei geht es dem einen nur darum, an die Schuhe des anderen zu kommen. „Get the Shoe“ nennen sich die beiden Deutschen. In einer aberwitzigen Choreographie jonglieren sie mit Keulen. In Deutschland leben auch die ursprünglich aus Russland stammenden Novruzov Brothers. Ihre mit einem ordentlichen Schuss Humor gewürzte Partnerakrobatik zeigen sie in schwarz und weiß. Passenderweise erleben wir zur Einstimmung Ballett und Dancers als „Men in Black“. Telman und Oktay Novruzov wirbeln äußerst professionell über den Boden und „flirten“ dabei mit dem Publikum.


Leonid Beljakov, Ekatarina Shustova, Puyang Acrobatic Troupe of China

Jegliche Agilität vermissen lässt Boxerhund Klitschko. Sein Phlegma ist sein Kapital. Sehr zur (gespielten) Verzweiflung des menschlichen Partners Leonid Beljakov. Was der Vierbeiner machen soll, er tut es äußerst demotiviert. Richtig verkauft, wird daraus ein herrlicher Spaß, den wir etwa schon bei Roncalli genießen durften. Trägheit kann sich Ekatarina Shustovas bei ihrem Auftritt nicht erlauben. Vielmehr ist höchste Konzentration gefragt, wenn sie riskante Abfaller an langen blauen Tüchern wagt. Eine schöne Kür von einer hübschen jungen Frau, die die Blicke unter die Kuppel zieht. Sehr hoch hinaus geht es zudem für die Mitglieder der Puyang Acrobatic Troupe of China. Ihre Perchedarbietung gewinnt dadurch an zusätzlicher Höhe, dass die Untermänner auf großen Kugeln stehen. Die ersten Tricks werden parallel an zwei Perchestangen gearbeitet. Die kräftigen Untermänner balancieren jeweils einen noch recht jungen Artisten. Die jüngeren Partner bewegen sich geschickt die Stangen herauf und hinunter. Oben angekommen zeigen sie schier unglaubliche Tricks wie den Salto auf einer kleinen Plattform. Einer der beiden Jungs springt zudem im Kopfstand zwischen mehreren Plattform hin und her. Befestigt sind diese ebenfalls am oberen Ende einer Perchestange.


Li-Li Chau Rigolo, Duo Kanakhin, Avital und Jochen

Große Faszination lösen immer wieder die Balancen mit 13 Palmblatt-Rispen und einer Feder aus. Zumindest dann, wenn man sie erstmalig erlebt. Minutenlange aufmerksame Stille – hier dankenswerterweise mit sanfter Musik unterlegt - löst sich in frenetischem Applaus. Bei Conelli ist es nicht anders. Li-Li Chau Rigolo heißt die junge Artistin, die das immer größer werdende Mobile zusammensetzt und am Ende durch das Entfernen der Feder aus dem Gleichgewicht bringt. Die Pointe setzen danach Gaston und Roli. Mit Kehrschaufel und Besen eilen sie im grauen Kittel herbei, um die, wie sie es nennen, „Zahnstocher für Dinosaurier“ zu entfernen. Als solcher würde glatt auch das Requisit durchgehen, das nach der Pause aufgebaut ist. Am Pole zelebrieren Aliya und Andrey Kanakhin eine Liebesgeschichte. Das Paar aus Kasachstan gewinnt diesem Genre durch die Einbeziehung von Strapaten neue Aspekte ab. Diese sind am oberen Ende des Masten befestigt. So kommen zu den gewohnt kraftvollen Tricks locker-leichte Flugsequenzen. Avital und Jochen begannen ihre akrobatischen Karrieren unabhängig voneinander. Sie als Artistin an den Strapaten, er als Jongleur. Als sich die Londonerin und der Heidelberger vor zehn Jahren kennenlernten, funkte es. Privat genauso wie beruflich. Ergebnis: Ein Sohn und eine gemeinsame Nummer am Schwungtrapez, welche vor fünf Jahren entstand. In dieser begeistern sie aktuell bei Conelli mit waghalsigen Flugpassagen, die mittels Longe gesichert werden.


James Simpson, Patrick Lemoine, Giang Brothers

Vor und nach ihrem Auftritt hat das Gesangs-Quintett weitere Auftritte. Die großartigen Musiker mit toller Präsenz intonieren dabei zunächst ein Motown-Medley und dann den Boyzone-Hit „I love the way you love me“. Patrick Lemoine sah ich das erste Mal 1990 beim Circus Williams-Althoff. Noch immer ist er als witzig plaudernder Comedy-Jongleur ein Garant für Lachsalven unter dem Chapiteau. Er startet seine Jonglagen mit drei weißen Bällen und beendet seinen – noch etwas zu langen – Auftritt mit einer furiosen Choreographie mit bunten Tüchern. Dazwischen erleben wir Lemoine als Inder; passender Akzent und Turban inklusive. Mit musikalischer Unterstützung eines (in unserem Fall wirklich) Freiwilligen aus dem Publikum lässt er einen Stoffhund durch einen Reifen springen. Den Übergang zur Schlussnummer machen die Conelli Dancers zu einem wahren Genuss. Körperbeherrschung par excellence präsentieren die Giang Brothers. Die Vietnamesen mit den Traumkörpern faszinieren mit Partner-Equilibristik der Sonderklasse. Hand-auf-Hand, Hand-auf Kopf, Kopf-auf-Fuß – alle Varianten sind zu sehen. Höhepunkt ist aber die Balance Kopf-auf-Kopf. Damit geht es eine Treppe hinunter und wieder hinauf. Tosender Applaus ist den ungeheuer sympathischen Brüdern sicher. Die beiden wissen was sie tun, das Timing ist perfekt.


Gaston und Roli

Was wäre Conelli ohne Gaston und Roli? Unvorstellbar! So gehört den Clowns im besten Sinne auch der letzte Auftritt vor dem Finale. Als Großwildjäger spielen sie die Begegnung mit einem Tiger durch. Herrlicher Wortwitz paart sich mit einem umwerfenden Spiel der beiden Schweizer. Roli gibt den Klugen, während Gaston der vermeintliche Trottel ist. Natürlich sieht es am Ende zumeist genau umgekehrt aus. Etwa wenn die beiden ein rotes Tuch verschwinden lassen. Wunderbar zudem die Szene, in der sie gemeinsam verreisen und Roli die Verantwortung, Gaston die Koffer trägt. Am Ende schleppen sie dann beide das Gepäck. Gaston hat sich mit der Saison 2015 vom Tourneegeschäft verabschiedet. Hoffen wir, dass seine Engagements bei Conelli noch lange weitergehen.

Zum Finale werden traditionell sämtliche Register gezogen. Alles, was diese Produktion ausmacht, ist dabei. Sprich, es gibt grandiose Livemusik, hinreißenden Tanz und eine Manege voller Artisten. Das alles im gleißenden Licht unzähliger Scheinwerfer. Ein wahrer „Circustraum“, wie sich Conelli selbst betitelt. Die Familie Gasser bleibt mit „That's Entertainment“ ihrem Stil, Circus zu spielen, treu. Schön, auch in diesen Zeiten Konstanten zu haben. Gerade vor einem so traditionellen Fest wie Weihnachten.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch