Wobei
in diesem Winter ein Schwerpunkt auf humorvollen Darbietungen liegt.
Natürlich wird das bevorstehende Weihnachtsfest aufgegriffen. Gaston
begrüßt uns im rot-weißen Anzug mit einem Weihnachtsglöckchen. Das
Orchester spielt nach der Pause ein Medley weihnachtlicher Weisen.
Weltliche und geistliche Literatur werden gleichermaßen berücksichtigt.
Zum Finale schneit es aus der Kuppel. Somit verlassen wir das
Conelli-Chapiteau bereits eine Woche vor dem ersten Advent festlich
gestimmt.
Conelli Dancers, Sänger
und Jeremy Gasser
Gleich
nachdem Roli bei seinem Clownspartner Gaston eine freundlichere und
fetzigere Form der Begrüßung erbeten hat, gibt es das erste große
Showbild. Cindy Gasser-Lee und ihr Ehemann, Direktor Roby Gasser, haben
wiederum die Choreographie sowie Regie übernommen. Beider Sohn Jeremy
mischt als Sunnyboy dieses dynamische Opening auf. Auf einer
beleuchteten Rundbühne in der Manegenmitte spielt er E-Gitarre, während
Tänzerinnen und Sänger um ihn herum einen mitreißenden Auftakt produzieren. Das
Lichtdesign ist gewohnt überwältigend.
Frank Wolf, Get the Shoe, Novruzov Brothers
Kaum
hat Jeremy die Bühne verlassen, steht dort Frank Wolf mit seinem
BMX-Rad. Für seine (Rad-)Touren benötigt der Berliner aber die ganze
Manege. So wird die Bühne kurzerhand durch den Artisteneingang
gefahren. Eines der vielen logistischen „Wunder“, die hier auf dem
kleinen Raum des Bauschänzli vollbracht werden. Wolf arbeitet in
Straßenkleidung. Egal ob auf einem oder zwei Rädern balancierend, er
hält immer das Gleichgewicht. Eine rasante Nummer, die den Schwung des
Openings aufnimmt. Als skurrile Kampfsportler entern Christof Buch und
Florian Müller die Szenerie. Dabei geht es dem einen nur darum, an die
Schuhe des anderen zu kommen. „Get the Shoe“ nennen sich die beiden
Deutschen. In einer aberwitzigen Choreographie jonglieren sie mit
Keulen. In Deutschland leben auch die ursprünglich aus Russland
stammenden Novruzov Brothers. Ihre mit einem ordentlichen Schuss Humor
gewürzte Partnerakrobatik zeigen sie in schwarz und weiß.
Passenderweise erleben wir zur Einstimmung Ballett und Dancers als „Men
in Black“. Telman und Oktay Novruzov wirbeln äußerst professionell über
den Boden und „flirten“ dabei mit dem Publikum.
Leonid Beljakov, Ekatarina Shustova, Puyang Acrobatic Troupe of China
Jegliche
Agilität vermissen lässt Boxerhund Klitschko. Sein Phlegma ist sein
Kapital. Sehr zur (gespielten) Verzweiflung des menschlichen Partners
Leonid Beljakov. Was der Vierbeiner machen soll, er tut es äußerst
demotiviert. Richtig verkauft, wird daraus ein herrlicher Spaß, den wir
etwa schon bei Roncalli genießen durften. Trägheit kann sich Ekatarina
Shustovas bei ihrem Auftritt nicht erlauben. Vielmehr ist höchste
Konzentration gefragt, wenn sie riskante Abfaller an langen blauen
Tüchern wagt. Eine schöne Kür von einer hübschen jungen Frau, die die
Blicke unter die Kuppel zieht. Sehr hoch hinaus geht es zudem für die
Mitglieder der Puyang Acrobatic Troupe of China. Ihre Perchedarbietung
gewinnt dadurch an zusätzlicher Höhe, dass die Untermänner auf großen
Kugeln stehen. Die ersten Tricks werden parallel an zwei Perchestangen
gearbeitet. Die kräftigen Untermänner balancieren jeweils einen noch
recht jungen Artisten. Die jüngeren Partner bewegen sich geschickt die Stangen herauf
und hinunter. Oben angekommen zeigen sie schier unglaubliche Tricks wie
den Salto auf einer kleinen Plattform. Einer der beiden Jungs springt
zudem im Kopfstand zwischen mehreren Plattform hin und her. Befestigt
sind diese ebenfalls am oberen Ende einer Perchestange.
Li-Li Chau Rigolo, Duo Kanakhin, Avital und Jochen
Große
Faszination lösen immer wieder die Balancen mit 13 Palmblatt-Rispen und
einer Feder aus. Zumindest dann, wenn man sie erstmalig erlebt.
Minutenlange aufmerksame Stille – hier dankenswerterweise mit sanfter
Musik unterlegt - löst sich in frenetischem Applaus. Bei Conelli ist es
nicht anders. Li-Li Chau Rigolo heißt die junge Artistin, die das immer
größer werdende Mobile zusammensetzt und am Ende durch das Entfernen
der Feder aus dem Gleichgewicht bringt. Die Pointe setzen danach Gaston
und Roli. Mit Kehrschaufel und Besen eilen sie im grauen Kittel herbei,
um die, wie sie es nennen, „Zahnstocher für Dinosaurier“ zu entfernen.
Als solcher würde glatt auch das Requisit durchgehen, das nach der
Pause aufgebaut ist. Am Pole zelebrieren Aliya und Andrey Kanakhin eine
Liebesgeschichte. Das Paar aus Kasachstan gewinnt diesem Genre durch
die Einbeziehung von Strapaten neue Aspekte ab. Diese sind am oberen
Ende des Masten befestigt. So kommen zu den gewohnt kraftvollen Tricks
locker-leichte Flugsequenzen. Avital und Jochen begannen ihre
akrobatischen Karrieren unabhängig voneinander. Sie als Artistin an den
Strapaten, er als Jongleur. Als sich die Londonerin und der
Heidelberger vor zehn Jahren kennenlernten, funkte es. Privat genauso
wie beruflich. Ergebnis: Ein Sohn und eine gemeinsame Nummer am
Schwungtrapez, welche vor fünf Jahren entstand. In dieser begeistern
sie aktuell bei Conelli mit waghalsigen Flugpassagen, die mittels Longe
gesichert werden.
James Simpson, Patrick Lemoine, Giang Brothers
Vor
und nach ihrem Auftritt hat das Gesangs-Quintett weitere Auftritte. Die
großartigen Musiker mit toller Präsenz intonieren dabei zunächst ein
Motown-Medley und dann den Boyzone-Hit „I love the way you love me“.
Patrick Lemoine sah ich das erste Mal 1990 beim Circus
Williams-Althoff. Noch immer ist er als witzig plaudernder
Comedy-Jongleur ein Garant für Lachsalven unter dem Chapiteau. Er
startet seine Jonglagen mit drei weißen Bällen und beendet seinen –
noch etwas zu langen – Auftritt mit einer furiosen Choreographie mit
bunten Tüchern. Dazwischen erleben wir Lemoine als Inder; passender
Akzent und Turban inklusive. Mit musikalischer Unterstützung eines (in
unserem Fall wirklich) Freiwilligen aus dem Publikum lässt er einen
Stoffhund durch einen Reifen springen. Den Übergang zur Schlussnummer
machen die Conelli Dancers zu einem wahren Genuss. Körperbeherrschung
par excellence präsentieren die Giang Brothers. Die Vietnamesen mit den
Traumkörpern faszinieren mit Partner-Equilibristik der Sonderklasse.
Hand-auf-Hand, Hand-auf Kopf, Kopf-auf-Fuß – alle Varianten sind zu
sehen. Höhepunkt ist aber die Balance Kopf-auf-Kopf. Damit geht es eine
Treppe hinunter und wieder hinauf. Tosender Applaus ist den ungeheuer
sympathischen Brüdern sicher. Die beiden wissen was sie tun, das Timing
ist perfekt.
Gaston und Roli
Was
wäre Conelli ohne Gaston und Roli? Unvorstellbar! So gehört den Clowns
im besten Sinne auch der letzte Auftritt vor dem Finale. Als
Großwildjäger spielen sie die Begegnung mit einem Tiger durch.
Herrlicher Wortwitz paart sich mit einem umwerfenden Spiel der beiden
Schweizer. Roli gibt den Klugen, während Gaston der vermeintliche
Trottel ist. Natürlich sieht es am Ende zumeist genau umgekehrt aus.
Etwa wenn die beiden ein rotes Tuch verschwinden lassen. Wunderbar
zudem die Szene, in der sie gemeinsam verreisen und Roli die
Verantwortung, Gaston die Koffer trägt. Am Ende schleppen sie dann
beide das Gepäck. Gaston hat sich mit der Saison 2015 vom
Tourneegeschäft verabschiedet. Hoffen wir, dass seine Engagements bei
Conelli noch lange weitergehen.
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