Durch die Vorstellung führt
wie im Vorjahr der junge Mr. Loyal Judicaël Vattier. Auch wenn
es in den vergangenen Saisons mehrfach Wechsel auf dieser
Position bei Pinder gab, die Texte blieben im Grunde immer
gleich: Während der Umbaupausen werden die Zuschauer abgefragt,
welche Tierarten es gerade zu sehen gab oder wie viele
Mitarbeiter dieser „Géant Européen“ unter den Circussen hat. 165
Menschen sind demnach für diese Produktion tätig. Ausschließlich
für das große Paris-Gastspiel von November bis Januar wird dabei
das sechsmastige 5000-Personen-Chapiteau eingesetzt. Nach einem
schweren Sturmschaden im vergangenen Winter hat es eine neue
Zelthaut erhalten.
Suellen Sforzi, Frédéric Edelstein, Valeriy
Die Vorstellung beginnt
wiederum unvermittelt mit der Löwendressur von Frédéric
Edelstein. Pyramide, zwölffacher Hochsitzer und Teppich sowie
Sprünge am Käfig entlang zur Löwenbar gehören ebenso zum
Repertoire wie Tricks mit weniger Tieren. Da lässt der
couragierte Dresseur beispielsweise fünf Raubkatzen auf sich
abliegen, reitet auf einem Mähnenlöwen oder lässt insgesamt
sieben Exemplare unter seinen Beinen hindurch zurück zum Tunnel
laufen. Auch ein Vorwärtssteiger ist zu sehen. Für kurze Zeit
unterstützt Altmeister Dick Chipperfield den Vorführer direkt im
Zentralkäfig. Die beiden hauseigenen Elefanten wurden in der
besuchten Vorstellung dagegen nicht gezeigt. Bereits während des
laufenden Käfigabbaus beginnt Valeriy seine kraftvolle
Tücherakrobatik. Bis zu deren Ende arbeitet er sich in imposante
Höhe unter dem gewaltigen Pinder-Chapiteau hervor. Mit gewagten
Abfallern geht es wieder Richtung Boden. Dort, genauer gesagt
auf einem Podest, arbeitet Suellen Sforzi. Die bekannte
Kontorsionistin nimmt nicht nur eine Rose vom Boden auf, sondern
auch Brille und Hut. Geschickt setzt sie beides mit den Füßen
auf. Mit dem Bogenschuss auf einen Luftballon krönt sie ihre
Darbietung. Der Pfeil trifft sicher beim ersten Versuch.
Francois Borie, Duo Tianjin, Flying Galeoti
Schon in vielen Manegen,
gerade in Frankreich, konnte man Jongleur Francois Borie
erleben. Bis zu sieben Keulen lässt er fliegen und fängt sie
sicher wieder. Starker Applaus ist dem sympathischen Artisten
sicher. Das chinesische Duo Tianjin beginnt seine Arbeit mit
Partner- und Wurfakrobatik. Darauf folgt ein beeindruckender
Spitzentanz der ausnehmend hübschen Artistin auf den Schultern
und auch auf dem Kopf ihres Partners. Sarah Connor liefert mit
"Just one last dance" die musikalische Begleitung, natürlich nur
vom Band. Während der anschließenden Magicshow von Sophie
Edelstein ist das Fotografieren „strictement interdit“. So
können wir nur schriftlich versichern, dass die artistische
Direktorin des Cirque Pinder und ihre vier gut gebauten Tänzer
und Assistenten eine wirklich toll in Szene gesetzte und
verblüffende Illusionsschau liefern. Nach Belieben lässt Sophie
Edelstein ihre Partner erscheinen, verschwinden oder auf
Miniaturformat zusammenschrumpfen. Ein fester Wert im Cirque
Pinder ist zudem die große Flugnummer vor der Pause. Diesmal hat
Pinder sich für ein ganz klassisches Flugtrapez entschieden. Mit
viel Feuer und Temperament zelebrieren die Flying Galeoti aus
Brasilien das typische Repertoire mit gestrecktem Doppelsalto,
Dreifachem, Passage, Sturz aus der Kuppel ins Netz und anderem
mehr. Ein Fänger sowie jeweils zwei Fliegerinnen und Flieger
bilden diese Truppe.
Jasters, Cardinalis
Nach nunmehr zwei Saisons
beim Cirque Pinder hat der deutsche Tierlehrer Sandro Montez
dafür gesorgt, dass der hauseigene Exotenzug wieder ein
besonderes Glanzstück im Programm ist. Der Ablauf wurde
vollkommen neu gestaltet. Neun Kamele und drei Fjordpferde
arbeiten nunmehr gemeinsam als Zwölferzug, formieren sich zum
großen Fächer und zeigen den Gegenlauf. Auch der Gegenlauf der
Pferde zwischen den Kamelen hindurch ist zu sehen. Während im
Hintergrund die Kamele abliegen, lässt Montez im vorderen
Bereich der Manege die Pferde erst flechten, dann steigen oder
ein Lama über drei Esel springen. Ganz stark ist natürlich auch
die Kunstschützen-Darbietung der Jasters. Giacomo Jaster schießt
seiner Frau Elena mit der Armbrust einen Apfel vom Kopf oder
wirft mit Messern auf eine rotierende Scheibe, an die sie
gefesselt ist. Geschmacksache bleibt bei Pinder dagegen die
rustikale Clownerie. Mehrfach überbrückt Pipo mit seinen
schrillen Animationen auf der Tribüne die Umbaupausen. Im Trio
zeigen die Cardinalis diesmal ihre Version des Boxkampfes. Die
Kinder im Publikum haben sie jedenfalls, an den lautstarken
Reaktionen gemessen, voll auf ihrer Seite. Und mit
feinsinnigeren Späßen ließen sich die Distanzen zum Publikum im
Riesen-Chapiteau wohl auch nicht so gut überwinden.
Duo Pulsadas, Crazy Wilson
Zu den Höhepunkten dieses
Programms gehört fraglos die Partnerakrobatik des Duos Pulsadas.
Schulter auf Schulter, Hand auf Hand, Kopf auf Fuß und Hand auf
Kopf sind die Konstellationen, in denen Kraft und Können
bewiesen werden. Herausragend der Schlusstrick: Kopf auf Kopf
geht es hier die Stufen des Podests hinauf, wird eine hohe
Leiter überquert und führt der Weg wieder die Stufen des Podests
hinunter in die Manege. Für den Schlusspunkt des Programms sorgt
wie in den beiden Vorjahren Crazy Wilson. Er hat nicht nur sein
neues Todesrad in spektakulärer Harley-Davidson-Optik
mitgebracht, sondern auch die beiden Tänzerinnen aus dem Ballett
des Circus Krone. Seilspringen, hohe Sprünge und der legendäre
Salto auf der Außenseite des rotierenden Rades sorgen nochmal
für wohlige Entsetzensschreie und frenetische Reaktionen. Mit
einem knapp gehaltenen Finale geht der große Circusabend nach
165 Minuten zu Ende. |