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Roncalli Weihnachtscircus Berlin 16/17
www.roncalli.de ; 165 Showfotos

Berlin, 30. Dezember 2016: Alle Jahre wieder führen der Circus Roncalli und Semmel Entertainment das Berliner Tempodrom seiner ursprünglichen Bestimmung zu, Circusbau zu sein. In diesem Jahr ist Clown Housch Ma Housch Gesicht und Sympathieträger der Produktion. Um seine unkonventionell-komischen Reprisen wurde ein starkes Programm zusammengestellt. Schon die Eröffnung der Show gebührt dem aus der Ukraine stammenden Ausnahmeclown mit der markanten Frisur, die er zunächst unter einem Hut versteckt.

Auf die ihm eigene, sensibel-komische Art entfacht er das Licht einer Laterne und leitet in das Opening eines sechsköpfigen Balletts über. Eröffnungsnummer des Programms ist die trickreiche Freiheitsdressur mit braunen und weißen Arabern von Gabi Donnert, die der Ungar gewohnt elegant präsentiert.


Gabi Donnert, Duo Polonsky, Housh Ma Housh

Ausgehend von einem Sechserzug reduziert sich die Zahl der Tiere zum Flechten, um mit Da-Capo-Steigern zu enden. Seine Tochter Latoya übernimmt mit einer sympathischen Minipony-Dressur. Die ursprünglich vorgesehene Jonglage zu Pferd von Sandor Donnert muss aufgrund einer Verletzung des Vierbeiners während der gesamten Spielzeit ausfallen. Als somit einzige Tierdarbietung ist die Freiheit etwas ungünstig platziert. Der Eindruck kommt auf, dass selbst Pferde eher ein Randdasein pflegen im Roncalli-Programm, das ja bekanntlich schon seit längerem „Angst vor wilden Tieren“ hat. So bleibt es ein Wehrmutstropfen, dass das folgende knapp dreistündige Programm ein rein akrobatisches ist. Den Auftakt dazu bildet das Duo Polonsky mit einer Mischung aus Handstandequilibristik und Kraftakrobatik. Es ist eine solide Nummer, die sich von anderen des Genres jedoch vor allen Dingen durch die bunte Präsentation im Neonkostüm abhebt. Spätestens nach der folgenden Reprise von Housch Ma Housch ist „kaputt“ das geflügelte Wort des Abends. Es ist unvergleichlich, wie er den Kampf mit der Tücke des Objekts auf immer neue Arten zeitgemäß inszeniert. Fern von jeder Art von Klamauk setzt er seine Pointen immer treffsicher und wird so zum unangefochtenen Star des Programms.


You & Me, Elayne Kramer, Freddy Nock

Das Duo You and Me kombiniert mit den Strapaten und dem chinesischen Mast zwei akrobatische Disziplinen. So werden unkonventionelle Bewegungsabläufe möglich, was ihre technisch solide Darbietung optisch interessant macht. Optische Reize gehen ohne Frage auch von den als Weihnachtselfen auftretenden Ballettdamen aus. In sämtlichen Auftritten sind ihre Kostüme eine Augenweide und die Ausstrahlung toll. Einzig die Choreografien könnten jedoch etwas vielseitiger sein. Eine elegante Erscheinung ist auch Elayne Kramer mit ihrer Kontorsionsnummer von Weltrang. Es kommt nicht allzu häufig vor, dass bestimmte Tricks sofort mit einer Person verbunden werden. Bei ihr und dem mit den Füßen aus dem auf einen Luftballon geschossenen Pfeil ist es der Fall. Spektakulär endet die erste Programmhälfte mit Freddy Nock auf dem Hochseil. Aus einem Tribünenaufgang kommend, steigt er das Schrägseil herauf, um auf den Füßen, mit einem Fahrrad und mit Stelzen, immer aber ohne jede Sicherung, dem Publikum Nervenkitzel zu bereiten.


Extreme Fly, Adèle Fame, Empress

Den zweiten Teil des Programms eröffnet die Truppe Extreme Fly am dreifachen Reck. Die mittlere der drei Reckstangen ist erhöht angebracht, was außergewöhnliche Sprungfolgen ermöglicht. Mit einer modernen Choreographie an den Strapaten überzeugt Adèle Fame. Ihre Arbeit zeichnet sich durch dynamische Tempowechsel und Tricks höchsten Schwierigkeitsgrads aus. Atemberaubend ist es, wenn sie freihändig in den Spagat geht und sich aus diesem ebenso wieder erhebt. Ein kreatives Highlight des Programms ist die nun folgende Gruppenjonglage. Vom Manegenboden, einer "Wolkenschaukel" und drei hohen Podesten aus wirbelt die Truppe Empress ihre Keulen durch die Luft. Fehlerfrei präsentieren sie ihre höchst anspruchsvolle Jonglage in ausgefallenen Kostümen mit Schottenrock und Union Jack. Clown Housch Ma Housch läuft anschließend beim Musikentrée mit Publikumsbeteiligung zu Höchstform auf. In der Interaktion mit den Zuschauern kommt seine feine Mimik besonders zur Geltung. Den akrobatischen Schlusspunkt des Programms setzt die Truppe „The Historions“ mit einer großen und hochkarätigen Perche-Darbietung, wie sie heutzutage sehr selten geworden ist.


Finale

In einem Roncalli-typischen Finale verabschieden sich die Artisten von einem sichtlich begeisterten Publikum. Die Traumfabrik Roncalli produziert ohne Frage hochwertige Unterhaltung mit starken Nummern, stimmiger Lichtgestaltung und einem grandiosen Orchester. Im großen Tempodrom scheinen indes Details, die für Atmosphäre und Authentizität sorgen, etwas unterzugehen. Diesen Eindruck machen jedoch eine gute Regie von Patrick Philadelphia und die enorme Manegenpräsenz von Housch Ma Housch wieder wett. Am Ende rundet dessen liebevolle Schlussszene also dennoch einen sehr gelungenen Circusabend ab.

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Text: Daniel Burow; Fotos: Stefan Gierisch