CHPITEAU.DE

Flic Flac X-Mas Circus Bielefeld 2016/17
www.flicflac.de

Bielefeld, 2. Januar 2017: „Besinnlich ist anders!“ – was in diesem Winter Motto der X-Mas-Show in Bielefeld war, gilt im Grunde für jede Flic Flac-Produktion. So verwundert es keineswegs, dass Lothar Kastein und Familie auch bei ihrem dritten hiesigen Weihnachtsgastspiel auf die bekannten, erfolgserprobten Komponenten zurückgriffen: Kult-Genres wie Todesrad und Motorradspringer, artistische Höchstleistungen großer Gruppen und extravagante Komik fand man auch diesmal im markant schwarz-gelben Zelt. Todesrad und Motorradspringern hatte man die prominentesten Stellen im Programm zugestanden.

„Kein Flic Flac ohne den Geruch von Benzin“, informierte die Homepage, und so setzten die Mad Flying Bikes mit gleich vier Springern den Schlusspunkt vor dem Finale. Bei all den immer mehr werdenden Nachahmern, bei Flic Flac springen nach wie vor die waghalsigsten Hasardeure!


Kovachev Brothers, Truppe Trushin, Truppe Shangunin

Bereits vor der Pause drehten Nicolay Kovachev und George Damyanov ihre Runden im und auf dem rotierenden Eisengestell mit dem außen gedrehten Salto als Höhepunkt. Auf dem Weg zu ihrem Triumph in Monte Carlo legte die Truppe Trushin mit ihrer Schleuderbrett-Inszenierung „Watchdogs“ einen Zwischenstopp in Bielefeld ein. Sie vertraten ihr Genre wahrlich vorzüglich: spektakuläre Salti-Folgen, hohe Menschentürme und grandiose Stelzensprünge; mit ihrer düsteren Aufmachung passten sie zudem wunderbar ins Flic Flac-Ambiente. Etwas sonderbar mutete hingegen die Kostümwahl der Shangunin-Truppe an, die als „Aliens“ mit Stachelkopf in Erscheinung traten. Die von ihnen an der Perche gezeigten Leistungen waren dagegen über jeden Zweifel erhaben und schlicht großartig, beispielsweise jener Trick, bei dem der Untermann selbst auf einem russischen Barren balancierte.


Just 2 Men, Olga Boiko, Duo Madness

Tradition bei Flic Flac haben starke Luftdarbietungen. In Bielefeld machte man davon keine Ausnahme. Oleg Shakirov und Artem Lyubaneyvch nennen sich Just 2 Men und brauchten in der Tat nur ihre Körper und die Strapaten für einen überzeugenden Auftritt, der in einem Einarmer auf dem Kopf des Untermannes in der Luft gipfelte. Lyubaneyvch eröffnete das Programm zudem als dicker Weihnachtsmann, der schlussendlich am Aerial Pole doch seinen durchtrainierten Körper offenbarte. Das weibliche Pendant dazu bildete Olga Boiko. In der Hauptsache waren es kontorsionistische Figuren, die die Gewinnerin des Festivals in Odessa am Luftring demonstrierte. Ebenso am Schwarzen Meer ausgezeichnet wurden Olena und Dmitro Dudnyk als Duo Madness. Ihre Nummer – gleichfalls an den Strapaten – war in einem romantischen Stil gestaltet, voller Vertrauen zueinander etwa beim Wirbel im Zahnhang.


Spicy Circus, Jenny Kastein, Duo Kiss
 

Auf dem Drahtseil debütierte Jenny, Tochter der beiden Veranstalter Lothar und Gabi Kastein. Ihre sportgymnastische Ausbildung floss in die Gestaltung der Darbietung, die mit dem Rückwartssalto schloss, sichtlich ein. Offenkundig voller Spielfreude präsentierte sich eine Formation von Spicy Circus bei tollen Eskapaden auf zwei Trampolinen. Schanze und Ruhepol zwischen den Sprüngen bildete auch für dieses Sextett eine stilisierte „Mauer“. Zu meinen persönlichen Favoriten gehörten indes auch Inna Baiak und Yurii Protsyk. Als Duo Kiss kombinierten sie Hand-auf-Hand-Tricks mit Wurfakrobatik – und das erfrischend energiegeladen und durchweg begeisternd.


Los Taps, Alexandro Hurtado Alves, Blizzard Concept
 

Alexandro Hurtado Alves stellte zusammen mit seiner Partnerin eine der besten Versionen einer Lasershow vor; wie insgesamt Licht und Ton – wie von Flic Flac nicht anders bekannt – wieder erstklassig waren. Dass die Show insgesamt dennoch nicht ganz so zu überzeugen wusste wie im Vorjahr, lag insbesondere an der extravaganten Komik. Bei gerade mal zwei Auftritten kam diese heuer vielleicht ein wenig zu kurz; zumal bei der absichtlich misslingenden Zauberei von Los Taps auch nicht jeder Gag wirklich zünden wollte. So waren es im Grunde nur Julien Mandier und Antoine Terrieux, die als Blizzard Concept mit einer wahrlich grotesken, sondern auch wirklich witzigen Idee auf die Bühne kamen: mit Hilfe von handelsüblichen und an den Körper gebundenen Föhnen hielten sie immer mehr Pingpongbälle in der Luft. Spätestens mit dem mitreißend inszenierten Finale – samt durchs Zelt fliegenden weißen Papierbahnen und einem „Wettstreit“ der Artisten um den originellsten Tanzstil – war aber auch dieser kleine Abstrich schnell wieder vergessen. Das Publikum klatschte ohnehin und völlig zurecht unisono im Stehen und nutzte die anschließende Gelegenheit zum Gespräch im Vorzelt.

________________________________________________________________________
Text und Fotos: Benedikt Ricken