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Christmas Circus Wiesbaden 2016
www.christmas-circus-wiesbaden.de ; 110 Showfotos

Wiesbaden, 11. Dezember 2016: Anfang 2014 trafen sie sich zum ersten Mal. Der ehemalige Geschäftsführer aus der Schuhbranche und der Journalist sowie Redakteur der Circuszeitung. Auf der Jahrestagung der Gesellschaft der Circusfreunde in München wurde quasi der Grundstein für das gelegt, was am 9. Dezember 2016 seine Weltpremiere feierte – der Christmas Circus Wiesbaden. Heiner Terbuyken und Sven Rindfleisch hatten beide schon länger den Wunsch, einen eigenen Weihnachtscircus zu veranstalten. Nun brachte der jeweils andere das mit, was dem anderen noch fehlte.

Zusammen vereinen sie Managementkompetenz und Circus-Know How, gepaart mit Kontakten zu Artisten. Hinzu kommt Rindfleischs Ehefrau Alesya Gulevich, die als erfolgreiche Akrobatin den künstlerischen Aspekt ausfüllt. Handelseinig geworden, machte sich das Trio an die Planungen. Hinsichtlich des Standorts fiel die Wahl auf Wiesbaden, wo Sven Rindfleisch geboren wurde und noch heute lebt.


Chapiteau

Allerdings gastierte auf dem bekanntesten Festplatz in der Stadt schon seit ein paar Jahren der Wiesbadener Weihnachtscircus. Nach juristischen Auseinandersetzungen entschied man sich im Oktober, auf einen anderen Platz auszuweichen. Dort, an der Wiesbadener Landstraße, steht dann auch Anfang Dezember der weiße Achtmaster aus dem Verleih von David Storms-Bento. Die Größe des Chapiteaus wurde bewusst gewählt. Recht schnell war klar, dass ein Teil der Vorstellungen im Komplettpaket mit einem Abendessen angeboten werden sollte. Insbesondere Weihnachtsfeiern von Firmen sollten so akquiriert werden. Dadurch wird der vordere Teil des Spielzelts gleich doppelt genutzt. Die linke Seite ist abgetrennt. Hier wird bei den speziellen Shows an runden Tischen ein mehrgängiges Menü serviert. Im Rest dieses Bereichs gibt es ein vielfältiges Gastronomieangebot.


Alesya Gulevich im Finale

Ein hoher schwarzer Vorhang mit stilisiertem Elefantenkopf an der Spitze führt dann an den Ort des eigentlichen Geschehens. Rund um die Manege sitzen die Zuschauer in den Logen und auf den bequemen Schalensitzen des Gradins, um das Programm zu genießen. Und das ist für die Erstausgabe eines Weihnachtscircus auffällig stark besetzt. Somit hat man die Chance, sein Publikum von Anfang an zu begeistern und langfristig zu binden. Andererseits bergen die damit verbundenen hohen Kosten natürlich ein gewisses Risiko. Das muss den Gast, der den Christmas Circus Wiesbaden besucht, aber erstmal nicht interessieren. Er kann sich zurücklehnen, um für fast zweieinhalb Stunden in die Welt der Manege abzutauchen. Den Klangteppich dafür liefert das Circusorchester aus Moldawien, welches über dem Artisteneingang thront. Die sechs Musiker spielen hervorragend und beherrschen jede Stimmungslage. Sie leisten zweifelsfrei einen großen Beitrag zum Gesamterlebnis. Gleiches gilt für das sehr stimmige Lichtdesign. Ein äußerst attraktiver Hingucker ist unsere Begleiterin durch die Show. Alesya Gulevich macht in ihrem eleganten Kostüm eine mehr als gute Figur. In der Ansage vor Beginn der Vorstellung entschuldigt sich eine Stimme aus dem Off für ihre noch nicht perfekten Sprachkenntnisse. Alesya Gulevich geht damit souverän um. Mit der Zeit wird sie hier an Sicherheit gewinnen.


Eliane Stipka-Biasini und Daniel Stipka, Inka Kalachevska, Golden Stars

Riverdance ist angesagt, wenn Daniel Stipka, seine Schwester Denisa und seine Frau Eliane Stipka-Biasini ins Scheinwerferlicht kommen. Die irischen Rhythmen geben den Takt für ihre facettenreiche Hohe Schule vor. Eliane begleitet den Tanz der Pferde zunächst als Tänzerin auf dem Sägemehl. Wenig später sitzt sie dann ebenfalls im Sattel und gibt Kostproben ihrer Reitkunst. Ein schönes, stimmiges Gesamtbild, das mitreißt. Inka Kalachevska nimmt uns zum Träumen mit unter die Circuskuppel. Die charmante Polin hat eine wunderbare Choreographie an den Strapaten mit nach Wiesbaden gebracht. Im blauen Kostüm erleben wir sie in einer harmonischen Kür, welche unter anderem den freien Spagat zwischen den beiden Strapaten beinhaltet. Nicht minder stilvoll sind die Outfits der Golden Stars. Sie erscheinen in Tütü-Röcken und glitzernd verzierten Oberteilen. Allerdings handelt es sich bei diesem Quartett nicht um grazile Artistinnen, sondern um gestandene Mannsbilder. Somit bekommt ihr Auftritt natürlich eine ganz besondere Komik. In diesem Aufzug arbeiten die Ukrainer Handvoltigen und Menschentürme. Gestik und Mimik dazu sind fein abgestimmt, sodass ein herrlich schräges Bild entsteht. Keine Frage, auch die artistische Leistung passt.


John Burke, Duo Guerrero, Eliane Stipka-Biasini

Immer eine Bank ist John Burke mit seinen beiden Seelöwen. Ganz cool checken die drei in ihrem amerikanischen Polizeiwagen erstmal die Lage - die Blues Brothers lassen grüßen. Die beiden großen Robben arbeiten auffallend selbständig und haben durchaus ihren eigenen Kopf. Das ist natürlich alles so einstudiert. Nicht nur, aber ganz besonders die Kinder haben dabei ihren Spaß.  Für sie sind Burke und seine Tiere die Lieblinge der Show. Immer wieder ein Erlebnis ist die einzigartige Hochseilnummer des Duo Guerrero. Werner und Aura erklimmen eine der beiden Plattformen über das Schrägseil. Oben angekommen zeigen sie die Balance auf dem Stuhl, das Überspringen der auf dem Seil sitzenden Partnerin und weitere Tricks. An diesem Nachmittag nicht dabei ist das Zwei-Personen-Hoch mit Aura in der tragenden Rolle. Dafür sehen wir, wie Werner seine Frau auf den Schultern über das Schrägseil zurück in die Manege bringt. Den besonderen Charme bekommt ihr Auftritt durch den Gesang von Aura. Ganz egal, ob auf dem Sägemehl oder dem Seil, Aura singt wunderbare südamerikanische Melodien dazu. Nach der Pause lässt Eliane Stipka-Biasini die Hula Hoop-Reifen kreisen. Das tut sie sehr elegant auf dem Rücken eines Pferdes. Eine ungewöhnliche Kombination zweier Genres, die ganz sicher ihre besonderen Reize hat. Bemerkenswert dabei ist, dass sie alleine mit dem Pferd arbeitet, das Tier nicht durch einen Partner gelenkt wird.


Duo monalaura, Svetlana Krachinova, Yefimov-Truppe

Ein gelungener Schachzug ist das Engagement des Duo Monalaura. Mitte Oktober gehörten die  Absolventinnen der Berliner Artistenschule zu den Preisträgerinnen beim European Youth Circus. So demonstriert man die Verbundenheit mit dem prestigeträchtigen Nachwuchsfestival in der hessischen Landeshauptstadt. Was die beiden an den Tüchern zeigen, ist wirklich sehenswert. Eine wunderbare Kür, die bei allem Schauwert von großem akrobatischen Können zeugt. Frettchen sind selten zu sehende Gäste in einer Circusmanege. Svetlana Krachinova hat ein ganzes Rudel davon mit nach Wiesbaden gebracht.  Die quirligen Nagetiere treiben ihre Späße mit der Vorführerin im folkloristischen Kostüm und balancieren geschickt über Hindernisse. Mit vollem Eifer sind sie dabei, wenn es darum geht, eine Leiter zu erklimmen und Äpfel auf die Reise durch eine Art Kugelbahn zu schicken. Daniel Stipka und Eliane Stipka-Biasini bringen mit dem Pas de deux zu Pferd einen Klassiker der Circuskunst. Harmonisch präsentieren sie uns anspruchsvolle Figuren dieses Genres. Besser gebaute Weihnachtsmänner als die Mitglieder der Yefimov-Truppe sind wohl schwerlich zu finden. Kein Wunder, sind die sieben Ukrainer doch perfekt trainiert. Rote Zipfelmützen tragen sie genauso wie rot-weiße Hosen, auf Oberteile verzichten sie jedoch. Sehr zur Freude der Damen im Publikum. So bekommen ihre rasanten Sprünge auf einer Trampolinbahn einen zusätzlichen Reiz. Mit ihrer ausgezeichneten Akrobatik sind die Yefimovs unter anderem schon bei Ringling in den USA aufgetreten.


Equivokee

Den größten Raum in der Show bekommen die Equivokee. Die drei Clowns sind großartige Charaktere, die man einfach gern haben muss. Jugendlich, dynamisch, ungemein sympathisch und voller Ideen. So überraschen sie uns ständig, bringen uns immer wieder herzlich zum Lachen. In ihren Auftritten jonglieren sie, schicken Papierflieger auf die Reise, zaubern und springen mit einem Zuschauer Seil. Das alles ungeheuer kreativ und originell. Persönlichkeiten also, die eine echte Bereicherung der Show darstellen. Ein weiterer Clown begrüßt uns bereits im Vorzelt, Lubino. Er nimmt die Zuschauer herzlich in Empfang und versorgt sie mit Souvenirs wie dem hochwertigen Programmmagazin. Zum Finale werden noch einmal alle Sinne verwöhnt. Auf dem Gradin stehend singt Aura Guerrero „Silent Night“. Die Artisten kommen in die Manege, und die Musik wird fetziger. Ein mitreißender, fröhlicher Ausklang, bei dem jede Menge Selfies für die Facebook-Seite des Christmas Circus geschossen werden. Erst im roten Ring, dann im Zuschauereingang. Dort bilden die Artisten ein Spalier und verabschieden das begeisterte Publikum.

Hoffen wir, dass es nur ein Abschied für ein Jahr wird und dieser erste Christmas Circus nur der Auftakt ist. Der Auftakt für eine zur Tradition werdende Veranstaltung im Wiesbadener Jahreskalender. Diese erste Ausgabe jedenfalls macht Lust auf mehr. Mehr von diesem begeisternden Circus nach klassischer Art, der mit so viel Herzblut gemacht ist.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch