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Circustraum Conelli 2016

www.circusconelli.ch
; 135 Showfotos

Zürich, 19. November 2016: Idyllisch gelegen auf dem Zürcher Bauschänzli, wird der Circus Conelli auch in diesem Jahr dem guten Ruf gerecht und zeigt in gemütlichem Ambiente ein mit Spitzennummern gespicktes Programm. Mit viel Liebe zum Detail hat die Familie Gasser wieder auf kleinstem Raum eine traumhafte Circuswelt geschaffen, die schon im November für weihnachtliche Stimmung sorgt. Begrüßt wird man im Vorzelt von einem Pianisten, der an einem in der Zeltkuppel „schwebenden“ Flügel auf das Programm einstimmt. Im Zentrum der einladenden Restauration steht die Champagnerbar.

Auch wenn es sich, sicherlich auch dem geringen Platzangebot geschuldet, um ein reines Artistikprogramm handelt, setzen die Gassers klar auf klassische Circusatmosphäre. Im Chapiteau sorgen nostalgische Dekoration, ein kompaktes Gradin und vorzügliche Livemusik für einen stimmungsvollen Rahmen.


Rafael de Carlos, Anastasini Brothers, David Burlet

Der Auftakt des Programms ist rockig und temporeich. Der „singing Ringmaster“ Evan Andrews begrüßt mit den Conelli-Dancers und zu E-Gitarrenklängen von Jeremy Gasser das Publikum, um direkt in die Musik- und Quick-Change-Nummer von Martyn Chabry überzuleiten. Auch die Lokalmatadore Gaston und Roli versuchen sich als Clowns an der Verwandlungskunst mit überraschendem Ausgang. Die beiden übernehmen in diesem Jahr den komischen Part des Programms zusammen mit Fritzi, mit bürgerlichem Namen Frithjof Gasser und Neffe des Circusgründers Conny Gasser. In ihrem an „Dick und Doof“ erinnernden Stil sind sie die unangefochtenen Publikumslieblinge des Abends. Weiter geht es temperamentvoll mit Rafael de Carlos und seiner Fußballjonglage. Der gebürtige Kubaner ist eine wahre Frohnatur und pflegt bei seiner Nummer enge Interaktion mit dem begeisterten Publikum. Es folgen nach einem Ballett-Intermezzo die u.a. vom Circus Krone bekannten Anastasini Brothers. Ihre erstklassigen ikarischen Spiele profitieren von der größeren Nähe zum Publikum im kleinen Conelli-Zelt. Der doppelte Salto ruft tosenden Applaus beim Zürcher Publikum hervor. Zum Mitfiebern ist auch die komische Tellerjonglage von David Burlet. Der Franzose hat alle Hände voll zu tun in der Manege und zieht die Zuschauer mit seinen charmanten Slapstick-Einlagen auf seine Seite. Komisch bleibt es im Programm, wenn Gaston, Roli und Fritzi im Clownentree ihre pointenreiche Hommage an Wilhelm Tell zum Besten geben. Ein ur-schweizer Motiv wird gekonnt parodiert von drei Schweizer Originalen – das Publikum amüsiert sich köstlich.


Gaston und Roli, Anna Volodko, Anastasia Makeeva

Auf ein komisch, tollpatschiges Clown-Entrée folgt dann vollendet elegante Luftakrobatik. Die aus Auftritten im Krone-Bau und im Dresdner Weihnachtscircus bekannte Russin Anna Volodko zeigt ihre Luftseilnummer zur wunderbar passenden Musik von Adèle. Dabei gehen Choreographie und anspruchsvolle Tricks Hand in Hand. Gleiches lässt sich auch von Anastasia Makeevas Arbeit am „Tuchtrapez“ sagen, wie das Requisit ihres Tangos unter der Circuskuppel im Programmheft genannt wird. Waghalsig und zur gleichen Zeit höchst ästhetisch ist ihre selbst kreierte Nummer. Beim bekannten Schlusstrick, wenn sie beim doppelten Fußhang den zweiten Fuß löst, stockt dem Publikum der Atem. Roby Gasser hat in diesem Jahr sicherlich zwei der besten Sololuftnummern dieser Zeit nach Zürich geholt.


Galina und Sonny Hayes, Charls Borra

Zum Abschluss des ersten Programmteils geht es stilvoll komisch zu. Dafür sorgt zunächst das Magierduo Galina und Sonny. Sie führen dem Publikum mit viel Selbstironie vor, mit welchen Unzulänglichkeiten so ein großer Magier mit seiner selbstbewussten Partnerin zu kämpfen hat. In Wahrheit ist übrigens nicht Sonny, sondern Galina die gelernte Magierin. Ein Meister im Fach der Magie ist Charly Borra, der als Taschendieb Weltruhm erlangt hat. Bereits Jahrzehnte im Geschäft, führt er sein Handwerk noch immer in Perfektion aus. Und so ist das Publikum heute wie damals verblüfft, wenn es auf einmal die eigene Uhr ist, die dieser Grand Seigneur der Circuswelt in der Hand hält.


Sheyang Acrobatic Troupe

Nach einer sehr starken ersten Hälfte fällt der zweite Programmteil eher kurz aus. Er beginnt mit der zum live gesungenen „You can leave your hat on“ im burlesken Stil dargebotenen Schlappseil-Arbeit von Tatiana Kundyk. Im weiteren Verlauf stehen asiatische Truppen im Mittelpunkt. Die Artisten der Sheyang Acrobatic Troupe aus China zeigen eine eindrucksvolle Choreographie aus Sprüngen von Kopfstand zu Kopfstand. Diese „Head Jumping“ genannte Disziplin scheint ein neuer Trend bei den asiatischen Spitzenensembles zu sein. Beim beeindruckten Betrachter bleibt ein leicht mulmiges Gefühl zurück: Kann das noch gesund sein? Akrobatische Höchstleistungen zeigt auch die Truppe des National Pyongyang Circus. Ihr Requisit ist der russische Barren, den sie gleich in doppelter Ausführung für waghalsige Sprünge verwenden. Sicher gestanden werden diese allerdings nicht immer. Beide Truppen des zweiten Programmteils loten mit Sicherheit die Grenzen des Machbaren aus. Im Kontrast zum restlichen Programm, das auf charismatische Einzelkünstler und viel Interaktion mit dem Publikum setzt, wirken sie jedoch wie ein leichter Stilbruch.

Dies soll allerdings nicht als Kritik verstanden werden an einem vom Opening bis zum Finale überzeugendem Programm. „Just amazing“ ist nicht nur der Titel der diesjährigen Ausgabe des Circus Conelli. Es ist auch das Gefühl, mit dem das Publikum das Chapiteau nach einem rundum gelungenen Circusabend verlässt. Da verzeiht es der Circuspurist sogar, dass es keine Tiere zu sehen gab.

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Text: Daniel Burow; Fotos: Stefan Gierisch