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Heidelberger Weihnachtscircus 2016/17
www.heidelberger-weihnachtscircus.com

Heidelberg, 2. Januar 2017: Im vergangenen Jahr hatte uns die Familie Renz mit ihrem Heidelberger Weihnachtscircus außerordentlich positiv überrascht. Mit dementsprechend hohen Erwartungen fuhren wir zur aktuellen, 17. Auflage. Besonders spannend wurde das neue Programm dadurch, dass die meisten Darbietungen noch nie oder erst selten in hiesigen Manegen zu sehen waren. Wie seit längerer Zeit üblich, wurde auch in dieser Saison vor dem Heidelberger Gastspiel mit nahezu demselben Programm in Luxemburg gastiert. Dort konnte diesmal wegen Bauarbeiten nicht am angestammten Standort aufgebaut werden. Daher musste das Unternehmen auf einen Wiesenplatz ausweichen.

Auf dem Ersatzgelände versank der Circus im Matsch, so dass es zwei Tage länger als geplant dauerte, bis man in Heidelberg aufbauen konnte. Trotz dieser Umstände zeigt sich das Vorzelt wie gewohnt schön dekoriert, der Circus ist insgesamt blitzsauber aufgebaut. Vereinfacht wurde im Vergleich zu früheren Jahren der Artisteneingang. Er besteht nur noch aus einer großen schwarzen Gardine, was jedoch durch das extrem starke Lichtdesign nicht weiter auffällt. Eine enorme Anzahl an Moving Heads, Scannern und LED-Scheinwerfer beleuchtet die Show und sorgt für eine schöne Stimmung im ansonsten eher nüchternen Ambiente des Hauptzeltes. Begrüßt werden die Besucher dort von Einlass- und Requisiteurschef Davide Huesca mitsamt Team sowie dem vierköpfigen Ballett, den La Bouche Showgirls.


La Bouche Showgirls mit Kevin Huesca

Die während einer Woche im Quartier der Familie Renz einstudierten Choreographien wirken professionell, durchdacht und tänzerisch gut ausgeführt. Ähnlich lässt sich Bianca Renz‘ Regie bewerten, das Programm läuft komplett ohne Umbaupausen oder Längen ab. Das Talent der Juniorchefin in dieser Hinsicht wurde schon in der Vorsaison deutlich. Der Publikumsliebling der Show ist auch wieder dabei: Bauchredner und Komiker Kevin Huesca ist mit komplett neuen Auftritten und seiner neuen Figur „Romeo“ zurück. Der ungeheuer sympathische Italiener gestaltet auch die kleine Geschichte, die die Vorstellung einrahmt. Die beiden alten Artisten „Gianni“ und „Giuseppina“ träumen davon, noch einmal eine Circusvorstellung zu erleben und sich in die Zeit ihrer Jugend zurückversetzen zu können. Sie werden durch Puppen dargestellt, denen Huesca eine Stimme verleiht. Dieser Traum beginnt mit einem zauberhaften, verträumten Opening zu „Once upon in December“, in dem die Artisten Kostproben ihres Könnens zeigen. Auffallend edel sind hier, wie in allen weiteren Tanzszenen, die Kostüme des Balletts, die unter anderem von Alexandra Saabel stammen. Die traumhafte Stimmung wird von der Neuentdeckung des Programms weiter aufgegriffen: Ekaterina Sheludiakova arbeitet eine extrem trickstarke Netzdarbietung, welche sich durch Abfaller, einen ungesicherten Einfersenhang und den freihändigen Spagat auszeichnet.


Ekaterina Sheludiakova und La Bouche Showgirls, Duo Victoria

Endgültig begeistern kann die junge Russin durch ihre Hula-Hoop-Nummer, die sie im Dialog mit den La Bouche Showgirls zeigt. Nach einer Idee von Bianca Renz entstand hier ein mitreißendes Schaubild zu Klängen von Michael Jackson. Doch nicht nur die Aufmachung überzeugt, auch die Tricks haben wir teilweise so noch nie gesehen. Beispiele sind das Drehen der Ringe an allen vier Gliedmaßen im Kopfstand oder verschiedene Tricks kopfüber an einer Schlaufe in großer Höhe. Die einzigen Tiernummern steuert das Duo Victoria zum Programm bei. Die Aufmachung der Hundenummer im Zigeunermilieu sowie die der Katzennummer im Stil des venezianischen Karnevals wirken durchweg geschmackvoll und professionell. Sie wollen sich jedoch nicht ganz in das moderne Gesamtkonzept der Show einfügen. Zusätzlich erscheinen einige der Tricks, wie zum Beispiel der Feuerreifensprung, etwas aus der Zeit gefallen.


Olessia und Kevin Huseca, Duo Ferrandino, Ludwig Navratil

Das italienische Duo Ferrandino zeigt eine durch und durch klassische Rollschuhdarbietung, die mit dem Genickhangwirbel endet. Immer spielen die Akteure zwischen den Tricks mit zwei aus der Kuppel herabhängenden Tüchern. Vom tschechischen Cirkus Humberto kommt Ludwig Navratil. Seine trickreichen Antipodenspiele beginnen mit fünf Bällen, steigern sich zum Empordopsen eines Balles über drei Stufen in einen Korb und enden mit dem temporeichen Drehen einer Feuerwalze. Navratils sympathisch-jugendliche Ausstrahlung sorgt schlussendlich dafür, dass er einen riesigen Publikumserfolg erzielt. Die drei Amazing Birds aus der Mongolei zeigen unglaublich fließende und elegante Kontorsionistik. Begeistern kann vor allem der dreifache Mundstand, bei dem sich die Akteurinnen noch drehen. Den Cirque Nouveau repräsentiert der Weißrusse Artem Gavrilik, der sich im Habitus eines Obdachlosen am Cyr-Rad präsentiert. Komische Artistik, die man angesichts ihrer Leistungsstärke auch seriös verkaufen könnte, bieten Kevin Huesca und seine Ehefrau Olessia. Die Evolutionen an den Stoffstrapaten gipfeln in Olessias Längsspagat, bei dem sich Kevin an ihrem Fuß hält. Im ersten Programmteil bieten die beiden zudem eine komische Stripteasenummer.


Duo Vladimir, Kevin Huesca, The Trilogy

Umgestaltet hat Huesca seine Bauchrednerdarbietung, die nun mit der Verheiratung zweier Zuschauer endet. Gemeinsam mit dem Ballett leitet er die Pause mit den „vier Stühlen“ ein. Riesigen Applaus gibt es auch für die Szene, in der er die Figuren „Gianni“ und „Giuseppina“ feststellen lässt, dass der Circus die schönste Unterhaltung der Welt sei. Eine starke Kombination aus Eleganz und Muskelkraft zeigt das Hand-auf-Hand-Duo Vladimir. Riesiges Erstaunen löst der Schlusstrick der beiden aus: Der Untermann hält den Obermann nur durch ein Messer in seinem Mund, in dem ein weiteres Messer steckt, welches der Obermann ebenfalls im Mund hält. Gemeinsam mit einer Partnerin arbeiten die beiden Ukrainer vor der Pause zudem als „The Trilogy“ Handvoltigen und Menschentürme zu doch sehr dumpfen Technoklängen. Spitzentricks sind der Doppelsalto sowie ein Drei-Personen-Hoch auf einer vom Untermann gebildeten Brücke.


Skyfighters

Groß von Kevin Huesca angekündigt wird dann die spektakuläre Schlussnummer: Die drei Motorradflieger der Skyfighters sorgen einmal mehr für frenetischen Applaus. Die Manöver in der Luft sind dabei nicht ganz so spektakulär wie es zum Beispiel schon bei Flic Flac zu sehen war. Die aufwendigen technischen Auf- und Abbauten, es muss unter anderem der Artisteneingang in die Höhe gezogen werden, gehen erfreulicherweise schnell voran. Die Showgirls leiten das folgende Finale ein, das – eine Überraschung in dem Circus, in dem früher eine Art „Sprechverbot“ galt – eine namentliche Vorstellung der Artisten beinhaltet.

Einige Besucher hält es nicht mehr auf den Sitzen, das Publikum ist begeistert. Begeistert von einer Show, die einfach großen Spaß macht und schon jetzt Vorfreude auf die nächste Ausgabe des Heidelberger Weihnachtscircus aufkommen lässt.

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Text: Jonas Haaß; Fotos: Photo Val