Nach diesem schönen Opening geht
es richtig los. Erst drei, später fünf Fahrer der Pinillo Motor
Riders rasen auf sich kreuzenden Bahnen durch die Kugel. Und
dann öffnet sich der Bühnenvorgang; weitere Hasardeure entern
die Szenerie. Die Stimme aus dem Off zählt mit. Ja, es sind nun
zehn Fahrer, die gemeinsam ihre Touren im runden
Stahlgitterkäfig drehen. Riesiger Jubel unter dem komplett
ausverkauften Chapiteau.
Pinillo Motor Riders, Jason Brügger, Cotton McAloon
Von der Spitze der Kugel aus
startet Jason Brügger zu seiner eigentlichen Nummer. Nunmehr
ohne Flügel, sondern in löchrigen Jeans und T-Shirt arbeitet er
seine Strapatennummer. In großer Höhe wickelt er sich an den
langen Bändern weiter hinauf oder dreht kraftvolle Überschläge.
„Run Boy Run“ liefert die Begleitmusik. Mit einem Abfaller in
die Dunkelheit endet sein Auftritt; er verschwindet ohne
Gelegenheit zum Kompliment. Das ist eine der Besonderheiten der
Flic Flac-Regie, nicht nur in Dortmund, sondern eher generell:
Bei den artistischen Nummern muss es Schlag auf Schlag gehen bis
hin zur Atemlosigkeit. Zeit lässt man sich dagegen bei der
Comedy. Und so darf Cotton McAloon in zwei Auftritten im ersten
Programmteil ausgiebig plaudern. Er tut das in einer
charmant-witzigen Mischung aus Deutsch und Englisch mit
französischem Akzent, sehr zum Vergnügen des Publikums. Im
ersten Auftritt jongliert er mit Bällen und Keulen, im zweiten
lässt er ein Jo-Jo fliegen. Dass dies nun gerade die
Pausennummer ist, nach dem Start mit der Motorradkugel, lässt
die Spannungskurve in der ersten Hälfte etwas sinken.
Barto, Nikolai Kuntz
Dem Humor wird in dieser Show
auch dadurch viel Platz gegeben, dass es noch einem zweiten
Comedian gibt. Einen, der zusätzlich über enormes artistisches
Können verfügt. Barto zwängt sich in der ersten Programmhälfte
durch einen metallenen Kleiderbügel. In der zweiten klappt er
seinen Körper so zusammen, dass er in eine enge Röhre passt. Und
dies alles so unbekümmert, dass man herzlich darüber lachen
kann. Nochmal kehrt er wieder, um sich einen Gummihandschuh über den
Kopf zu ziehen und dann aufzublasen. Auch dieses Kunststück
gelingt ihm spielend. Mit zwei Darbietungen trägt Nikolai Kuntz
zu dieser Hitparade toller Nummern bei. Er fasziniert nicht nur
mit seiner Persönlichkeit, die bis in die letzte Reihe und jeden
Teil des Chapiteaus strahlt. Vielmehr ist er auch ein
hervorragender Artist, egal ob er nun drei Diabolos fliegen
lässt – oder selber fliegt. Am Schwungtrapez begeistert er
restlos mit einer furiosen, derzeit wohl konkurrenzlosen Abfolge
von schwierigen Salti und Abfallern.
Rhythmn of three hearts,
Laura Miller, I Team
Mit außergewöhnlichen Figuren der
Partnerakrobatik und Handvoltigen bringt das Trio „Rhythmn of three Hearts“ eine durchaus starke Nummer nach Dortmund. Der
Gesamteindruck wird jedoch dadurch getrübt, dass die Fliegerin
zwei Köpfe kleiner als ihre Partnerinnen und offenbar auch
erheblich jünger ist. Einen temperamentvollen Tanz der Lüfte
zelebriert Laura Miller am Luftring, praktisch direkt unter dem
Zeltdach. Mehrmals jedoch geht es Richtung Boden. Und zwar immer
dann, wenn Miller in ein großes, gläsernes Wasserbassin
eintaucht und bald Tröpfchen sprühend wieder in die Höhe steigt.
Ein beherzter Sprung ins Becken, aus dessen Umrandung
Feuersäulen aufsteigen, liefert den effektvollen Abschluss. Der
zweite Programmteil beginnt mit einer Nummer am doppelten
Trampolin mit Plexiglas-Haus dazwischen. „I Team“ nennt sich die
sechsköpfige Formation, die mit ihren Sprüngen und Salti für
Stimmung sorgt.
Paul Mattheß, Holy Warriors, Duo Pavlov
Nicht am Vertilalkeil, sondern an
einer schweren Kette zeigt das Duo Pavlov kraftvolle Akrobatik.
Zum einen wagt Nikita Pavlov an dem Requisit kraftvolle Salti
und Abfaller, nach denen er sich wieder an der Kette fängt.
Natürlich mit Lederhandschuhen. Zum anderen ermöglicht eine
Schlaufe es, kopfüber an der Kette zu hängen und zu zweit
interessante Haltefiguren zu demonstrieren. Auch Partnerin
Alexandra übernimmt hier zeitweise die tragende Rolle. Für seine
Einradshow hat Paul Mattheß ein interessantes Requisit
konstruiert. Zwei hohe Postamente sind hier mit einer schmalen
Brücke verbunden, darunter steht ein Trampolin. Auch eine Treppe
darf natürlich nicht fehlen. Auf den Pedalen stehend, springt
Paul Mattheß die Treppe hinauf, auf dem Reifen stehend hinunter.
Die Brücke wird überwunden, während er bäuchlings auf dem
Einrad-Sattel liegt. Dabei bewegt er den Sattel mit den Händen.
Begeisternd sind auch die Sprünge vom Postament aufs Trampolin
und zurück – und direkt von Postament zu Postament. Das zweite
große Highlight der Show ist wie gesagt die Schlussnummer.
Konkret das Reifenspringen der „Holy Warriors“. Die große, rein
männliche Truppe aus Peking präsentiert sich dabei in strenger
Choreographie als Krieger. Der besondere Clou ist, dass die
elektronisch gesteuerten Reifen ständig ihre Position verändern,
so dass die Akrobaten vor immer neuen Sprungvariationen stehen,
teilweise über- und untereinander her springen müssen.
Traditioneller Abschluss sind Sprünge durch immer höher werdende
Reifentürme. Als Höhepunkt wird gar ein Reifenturm in einer Höhe
von mehr als drei Metern überwunden. |