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Heilbronner Weihnachtscircus 2017/18
www.weihnachtscircus.com ; 164 Showfotos

Heilbronn, 20. Dezember 2017: Rundherum stimmig, mitreißend und begeisternd präsentiert sich der 19. Heilbronner Weihnachtscircus. Schon zur Premiere wirkt die Show vollkommen rund. Dieses Kunststück gelingt auch mit einem etwas kleineren Ensemble als in früheren Saisons. Das Programm kombiniert einige Highlights vergangener Jahre mit neuen Überraschungen. Langjährigen Besuchern bekannt sind etwa Raubtier-Star Alexander Lacey, die Truppe „Pagoda of Bowls“ oder Schlappseil-Artist Zhang Fan. Ein frisches Gesicht für den Circus in Westeuropa ist dagegen Clown Boris Nikishkin.

Wenn Boris Nikishkin zu Beginn der Show auf der Tribüne erscheint und die „Popcorn“-Reprise spielt, dann lockt er uns erstmal auf die falsche Fährte. Denn hundertfach gezeigte „Klassiker“ sind seine Sache nicht. Vielmehr hat er viele originelle Szenen im Gepäck, die auch wir als versierte Circusbesucher noch nicht gesehen haben. Sie lassen uns oft und herzlich lachen.


Boris Nikishkin und Alexander Tarasenko 

Sein Manegenpartner Alexander Tarasenko macht als fast unsichtbare Gestalt im Hintergrund das Schwierige ganz einfach. Wenn Boris zum Beispiel mühelos mit sieben Bällen jongliert, die an einem von Alexander geführten Stab absturzsicher aufgehängt sind. Oder wenn Alexander beim Tennis-Match zwischen Boris und Logengästen den Ball an einer langen Stange bewegt. Außerdem gibt Alexander den „Ninja-Kämpfer“, der von Boris per Joystick gesteuert wird. Seine beiden Glanz-Auftritte hat Boris Nikishkin im zweiten Programmteil: beim Break-Dance-Battle mit einem Circusbesucher und als eitler Handstandartist, der via Seilzug am Fuß in seine eleganten Positionen gehievt wird. Er verkörpert den Typ eines modernen, sympathischen Komikers, der ohne rote Nase in immer neue Rollen schlüpft.


Eliane und Daniel Stipka, Helena Polach, Marcel Krämer 

Wie schon im vergangenen Jahr folgt das Opening erst nach dem Warm-up durch den Clown. Inmitten von viel Theaternebel richtet sich der Spot auf das Gesicht von Fabian Egli, des bestens bekannten Ringmasters. Er lädt ein, in die wunderbare Welt des Circus einzutauchen sowie Alltag und Sorgen zu vergessen. Diese Einladung nehmen wir gerne an. Auf ein kurzes Charivari mit dem Ensemble folgen sogleich die Stipkas mit ihrer temperamentvollen Hohen Schule. Denisa Stipka reitet auf einem mächtigen Friesen, ihr Bruder Daniel und ihre Schwägerin Eliane abwechselnd auf einem Falben. Daniel Stipka präsentiert sich als feuriger Reiter, Eliane als elegante Tänzerin. Gemeinsam drehen sie und das Pferd Pirouetten in der Manege. Später sitzt Eliane auch fest im Sattel, wenn der Falbe kraftvoll steigt. Bereits in vielen Manegen Europas durften wir Helena Polach mit ihren Jonglagen zu erleben. Bis zu fünf Fußbälle hält sie in der Luft, in der besuchten Vorstellung vollkommen fehlerfrei. Aber nicht nur ihre Technik ist gut. Mit Charme und Ausstrahlung weiß sie die Stimmung im Publikum weiter anzuheizen. Viele Facetten einer hochklassigen, gut laufenden Freiheitsdressur präsentiert Marcel Krämer – zur Überraschung des Publikums jedoch nicht mit Pferden, sondern mit sechs Eseln. Aber ganz ohne Ross geht es doch nicht. Denn zu Beginn der Nummer reitet er auf seinem Schecken in den roten Ring, lässt dabei die amerikanische Flagge flattern und dreht auf dem Pferd stehend ein großes Lasso. Dieser „Cowboy“ ist als Tierlehrer ein großer Könner.


China National Acrobatic Troupe, Duo Romance, Zhang Fan 

Einen Großerfolg vor dem Heilbronner Publikum feiert das Duo Romance, Marina Adelina Boldojar und ihr Mann Alex Bogdi. Im ersten ihrer beiden Auftritte erleben wir die Rumänen am Masten. Die romantische Inszenierung, starke Posen und unerwartete Abfaller vereinen sich hier zu einem idealen Ganzen. Mit „It’s a Man’s World“, live gesungen von Fabian Egli, wird die Darbietung weiter veredelt. Begeisterte Pfiffe, Jubel auf offener Szene und Bravo-Rufe sind der verdiente Lohn. Bis zur Pause folgen zwei Mal Hochleistungen aus Asien. Mit bezauberndem Lächeln tanzt zunächst eine Artistin der China National Acrobatic Troupe auf Spitzen – und dies auf den ausgebreiteten Armen und den Schultern ihres Partners. Dann feiert Zhang Fan nach sechs Jahren seine große Rückkehr an den Neckar. Sein Können auf dem Schlappseil – mit Kopfüber-Fahrt auf dem Einrad oder Balancen auf dem bedrohlich weit schwingenden Seil – ist unerreicht. Ganz außergewöhnlich für einen chinesischen Künstler ist der offensive, mitreißende Verkauf. In der Kombination entsteht eine einzigartige Darbietung und würdige Pausennummer.


Alexander Lacey 

Das Ende des Ringling Bros. and Barnum & Bailey Circus in den USA ist ein einziges Trauerspiel. Umso glücklicher sind wir, dass einer der ganz großen Stars der „Greatest Show on Earth“ nach Europa zurückgekehrt ist. Sein zweites Engagement auf unserem Kontinent nach sechs Jahren in Amerika führt Alexander Lacey zu langjährigen Freunden, zum Heilbronner Weihnachtscircus. Drei Mal war er hier bereits engagiert. Sieben Tiger, vier Löwinnen und zwei männliche Löwen sind nun seine Partner. Erstmals arbeitet er mit Headset-Mikrofon. So wird das Publikum Zeuge seines fortwährenden Dialogs mit den großen Katzen. Lacey ruft die Tiere immer wieder bei ihren Namen, gibt Kommandos, lobt viel und tadelt bei Bedarf. Mit Stimme und eleganter Gestik dirigiert er die 13 Tiere durch eine umfassende, hochklassige Trickfolge. Pyramide, Teppich mit Abliegen auf die Seite und Hochsitzer werden in großer Formation gezeigt. Hinzu kommen Kabinettstückchen wie wilde Sprünge und Scheinangriffe, der Weitsprung eines Tigers über zwei Löwen, ein doppelter Vorwärtssteiger und diverse Schmuseeinheiten. Ein Tiger leckt an Lacey Oberarm, ein mächtiger Mähnenlöwe bedeckt zum Abschluss den in der Manege liegenden Tierlehrer. Großer Applaus für ganz großen internationalen Zirkus. Ohnehin sind die Tierdarbietungen eine besondere Stärke dieses Programms. Nach Käfigabbau und Clownsnummer folgen zwei im Doppelpack.


Eliane und Daniel Stipka, Marcel Krämer, Duo Romance 

Zunächst bringt Marcel Krämer seine vier Bisons in die Manege. Die gewaltigen Rinder beeindrucken alleine durch ihre Erscheinung – besonders auch die Kinder und Erwachsenen, die sie aus der Loge mit Karottenstücken futtern dürfen. Aber Aussehen ist nicht alles. Vielmehr beherrschen die Bisons auch eine anspruchsvolle Laufarbeit. Eindrucksvoll auch, wie ein Pferd eine acht um zwei der Rinder läuft, nur von Marcel Krämers Stimme angeleitet. Zu den schönsten Momenten der Show gehört das Pas de Deux zu Pferd. Daniel und Eliane Stipka zelebrieren auf den beiden Friesen ein höchst anspruchsvolles Repertoire, bis hin zum freien Stand auf dem Kopf des Partners ohne Longensicherung. Die wunderbare Begleitung liefert Katie Azzario-Lacey mit einem erstklassig gesungenen Lovesong. Dieser Premierenabend ist auch ihre Premiere als Sängerin vor großem Publikum. Für noch mehr große Gefühle sorgt im Anschluss das Duo Romance an den Strapaten. Dieser Tango der Lüfte kombiniert Solo- und Duotricks, Gefährliches und Gefühlvolles, Träumerei und Spannung. Und wieder ist der Jubel unbeschreiblich. Für den Abschluss der Vorstellung sorgt die China National Acrobatic Troupe aus Peking. 13 Jahre nach dem Gewinn des Goldenen Clowns in Monte Carlo wurde die Nummer in anderer Besetzung neu einstudiert. 13 Artisten sind es auch, die hier gemeinsam agieren, acht Herren wie Baumstämme und fünf zierliche Mädchen. Die Chinesinnen balancieren mit ihren Füßen Schalen, während sie zu spektakulären Handvoltigen in die Luft geworfen und gefangen werden – bis hin zum Vier-Mann-Hoch. Natürlich ist die Nummer in eine ausgefeilte Gesamtchoreographie eingebettet. So wie auch das Lichtdesign von Enrico Zoppe zum Gesamterlebnis Heilbronner Weihnachtscircus beiträgt. Die weiter modernisierte Lichtanlage setzt auf eine Kombination aus LED-Scheinwerfern und Moving Heads. Damit werden strahlend helle, warme, festliche Illuminationen gezaubert. Unverzichtbar ist auch der gute Klang, für den das große Orchester von Vladmir Kozachuck und Tontechniker Detlef Zasche sorgen.

Die Produzenten Uwe Gehrmann und Sascha Melnjak haben wieder einmal ein Circuserlebnis geschaffen, das rundum begeistert. Bei der Premiere reißt es die Besucher im Finale schnell von den Sitzen, das Publikum applaudiert minutenlang geschlossen im Stehen. Und das, obwohl man im Heilbronner Weihnachtscircus noch nie besser saß – dank der fabrikneuen Klappsitztribüne, teils mit gepolsterten Stühlen, die hier ebenfalls Heilbronn-Premiere feiert.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber