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Offenburger Weihnachtscircus 2017/18
www.offenburger-weihnachtscircus.de ; 134 Showfotos

Offenburg, 28. Dezember 2017: Die 22. Ausgabe des Offenburger Weihnachtscircus macht einfach großen Spaß. Das Programm ist von Anfang bis Ende rund und stimmig. Darin erleben wir einige Darbietungen, die 2017 mit dem Zirkus Charles Knie auf Tournee waren. Hinzu kommen neue Gesichter. Zur guten Stimmung trägt das festliche Ambiente, hauptsächlich im Vorzelt, in den bekannten Zeltanlagen von Sascha Melnjak bei. Kasse, Restaurationswägen, Artisteneingang (ohne Leuchtschrift) und Tribüne sind von Saison bekannt, die Motive des Frontzauns sind der Produktion angepasst.

Das prägende Gesicht der diesjährigen „Euphorie“-Spielzeit ist folgerichtig auch in Offenburg dabei. Henry „the Prince of Clowns“ Ayala animiert vor dem eigentlichen Beginn der Vorstellung das Publikum zum Klatschen, spielt auf einem „unsichtbaren“ Schlagzeug, „dirigiert“ das Orchester und unterstützt Sascha Thanner bei seiner Begrüßung.


Sascha Thanner, Tatiana Kundyk, Henry Ayala

Dieser führt im inzwischen vierten Jahr eloquent und nach jeder Nummer in einem anderen Kostüm durch das Programm. Henry zeigt später gemeinsam mit einem Kind eine Hutjonglage, verkleidet einen Besucher als Bauarbeiter, der dann zum Strippen gebracht wird, und dirigiert seine Version des „Orchesters“ mit Glockenspielen. Am besten weiß jedoch der Auftritt zu gefallen, für den keine Zuschauer herangezogen werden. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Tatiana Kundyk zeigt er ein kreatives, herrlich gespieltes Restaurant-Entree. Es darf natürlich nicht enden, ohne dass eine Torte in Ayalas Gesicht landet. Anders als im Saisonprogramm hat Kundyk in Offenburg auch einen Solo-Auftritt. Ihre burlesk-erotisch angehauchte Arbeit auf dem Schlappseil ist gespickt mit vielen Schwierigkeitsgraden, unter anderem einem Spagat, einem Handstand, dem freien Sitz auf einem Stuhl und dem Balancieren auf dem weit ausschwingenden Seil.


Truppe Puje

Die elf mongolischen Artisten der Truppe Puje eröffnen das Programm mit variantenreichen Seilsprüngen. Gegenüber anderen fernöstlichen Formationen hat diese Gruppe einen entscheidenden Vorteil: Sie verkauft ihre Auftritte stets mit ansteckender Fröhlichkeit anstatt starr Höchstleistungen abzurufen. Zudem arbeiten die Herren und Damen zu mitreißender Live-Musik, die die Wirkung enorm steigert. Das Niveau der gezeigten Tricks ist trotzdem stets erfreulich hoch. Gesprungen wird unter anderem im Zwei-Mann- bzw. Drei-Mann-Hoch oder zu viert in Liegestütz-Position übereinander. Handvoltigen sind ebenfalls in den Ablauf eingebunden. Eine der Artistinnen beherrscht das Seilspringen sogar, während sie eine Brücke bildet. Diese Beweglichkeit zeigt sie später im ersten Teil gemeinsam mit den beiden anderen weiblichen Truppenmitgliedern als „Schlangenmädchen“. Auch hier bauen sie Brücken und verbiegen sich in jegliche denkbare Richtung, sowohl übereinander als auch nebeneinander. Höhepunkt ist ein doppelter, drehender Mundstand. Als Schlussnummer zeigen die acht Puje-Männer Handvoltigen. Zum umfangreichen Repertoire gehören eine Passage und verschiedene Varianten des Drei-Mann-Hochs. Der Flieger landet beispielsweise auf dem Kopf oder auf den Händen des Fängers. Schlusstrick ist ein Vier-Mann-Hoch, bei dem sich zwei weitere Mongolen (vom Boden aus gestützt) am Oberkörper des untersten „Trägers“ festhalten. Alle Tricks werden ohne Sicherung oder Hilfestellung durch Longen ausgeführt.


Truppe Wulber

Zu den großen Circus-Trends der letzten Jahre gehört der „Laserman“ beziehungsweise die „Laserwoman“. In Offenburg übernimmt Yuri Gottani diese Rolle. Er hat eine starke Variante dieses Genres im Gepäck. Unabhängig davon, was der gemeine Circusfreund von solchen Auftritten halten mag, bei denen wirklich keine artistische Leistung erkennbar ist – publikumswirksam sind die Lichtspielereien allemal. Die Flying Wulber sind mit ihren beiden Darbietungen seit zwei Jahren mit dem Zirkus Charles Knie auf Tournee. Die Chart-Hits, die 2016 die fliegenden Menschen musikalisch begleiteten, sind inzwischen teilweise „klassischeren“ Circus-Melodien gewichen. Ganz traditionell ist auch der Beginn des Auftritts, wenn die Artisten mit langen Umhängen in die Manege kommen. Unter der Circuskuppel zeigen die sechs Akteure dann sicher das volle Repertoire einer ausgereiften Darbietung, inklusive dreifachem Salto und Passage. Bereichert wird der Auftritt durch Nicole Kolev, die in einem frei drehbaren Ring durch die Lüfte schwebt und damit Erinnerungen an die Truppe Borzovi weckt. Während der Flüge der restlichen Truppenmitglieder nimmt sie ganz oben im Zelt auf einem kleinen Trapez Platz. Mit dieser Luftnummer geht es in die Pause.


Truppe Wulber, Duo Solys, Michael Ferreri

Im zweiten Programmteil arbeiten die Wulbers auf dem Trampolin eine herrlich inszenierte Hommage an die Blues Brothers. Hier übernehmen die männlichen Truppenmitglieder die Artistik, während Gilda Vulcanelli und ihre beiden Töchter Nicole und Michelle Kolev mit herrlicher Mimik und Gestik die Aktionen der Herren begleiten. Anstelle von Fänger Martín Quintero ist dann Dinko Petrov in den Ablauf integriert. Er zeigt auch den Schlusstrick, einen dreifachen Salto. 2012 war das Duo Solys mit dem Zirkus Charles Knie unterwegs. Tatiana und Hector Yzquierdo haben eine starke Partnerakrobatik-Kür im Gepäck, bei der meist sie den tragenden Part übernimmt. Bekannt ist ihr Schlusstrick, bei dem Hector einen Kopfstand auf einem nachgebildeten Eiffelturm zeigt, den Tatiana liegend auf Knien und Händen stemmt. Für den eindeutigen artistischen Höhepunkt sorgt Michael Ferreri. Der Deutsch-Spanier hat in den letzten Jahren nicht nur das Niveau seiner Jonglagen ständig erhöht. Er hat auch eine Karriere hingelegt, die bisher keine Grenzen zu finden scheint. Man kann Sascha Thanner nur rechtgeben, wenn er Ferreri mit den Worten „Alle wollen ihn – Wir haben ihn“ ansagt. An diesem Nachmittag hält Ferreri bis zu zehn (!) Bälle in der Luft. Sieben leuchtende Bälle jongliert er als Schlusstrick im Dunklen. Dank seines offensiven Auftretens ist Michael Ferreri schon in jungen Jahren eine echte Manegenpersönlichkeit.


Krenzola jr. alias Jochen Träger, Bruno Raffo

Nicht ganz so umfangreich ist in diesem Jahr der tierische Part im Offenburger Weihnachtscircus besetzt. Krenzola jr. alias Jochen Träger zeigt zwei unterschiedliche Darbietungen. Im ersten Teil verkauft er mit sympathischen Kommentaren per Headset seine Dressur mit unzähligen Enten, neun Schweinen und der Ziege Wolfgang. Der Bock beherrscht unter anderem das Knicksen. Nach der Pause präsentiert Krenzola seine große Tierrevue. Seine Spezialität sind Tricks, die Tierarten gemeinsam arbeiten, die in der Natur Feinde sind. Beispielsweise, wenn eine Katze durch einen mit Tauben besetzten Ring springt. Oder wenn ein Fuchs einen Wagen anschiebt, in dem eine Gans sitzt. Die passende musikalische Begleitung liefert „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“. Die Weihnachtscircus-Saison 2017/18 beschert den Bewohnern Baden-Württembergs wahre Lacey-Festspiele. Alexander Lacey ist in Heilbronn, Martin Lacey jr. in Stuttgart. In Offenburg sehen wir Bruno Raffo mit sechs Löwinnen aus Martin Lacey jr. „alter“ Gruppe, die in Monte Carlo einen goldenen Clown gewann. Der temporeiche Ablauf beinhaltet unter anderen eine Pyramide, das Hochsitzen aller Tiere und das abschließende Überspringen des Tierlehrers. Mitreißend ist die musikalische Begleitung dieser Darbietung durch das achtköpfige, ukrainische Orchester. Es spielt die Musik, zu der Lacey im Krone-Saisonprogramm „Celebration“ gearbeitet hatte. Für die gelungene Regie und das starke Lichtdesign zeichnet zum wiederholten Mal Daniela Zoppe verantwortlich. Die Requisiteure stehen unter der Leitung von George Calin.

Im großen Finale zu „Let it go“ aus dem Film „Frozen“ kommen alle Artisten mit Wunderkerzen in die Manege und werden mit großem Jubel bedacht. Zurecht, denn in Offenburg kann man auch in diesem Jahr wieder ein starkes Programm erleben, das sich nicht hinter dem „großen Bruder“ in Heilbronn verstecken muss. Klassischer Circus in zeitgemäßer, mitreißender Verpackung – dieser Linie bleibt der Zirkus Charles Knie auch an Weihnachten treu.

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Text: Jonas Haaß; Fotos: Tobias Erber