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Xantener Weihnachtscircus 2017/18
www.weihnachtscircus-xanten.de ; 120 Showfotos

Xanten, 2. Januar 2018: Vorweihnachtsstress. Die drei Kinder sind in heller Freude auf das Fest. Selbstbewusst erzählt die Älteste ihren Geschwistern, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gibt. Mama Jessica Casselly steckt über beide Ohren in Arbeit. Dann kommt Papa Jonny mit dem Baum. Natürlich fällt der bei seinen Lieben durch. Die Tanne ist krumm und hat kahle Stellen. Bei den Cassellys läuft es ähnlich wie in vielen anderen Familien. Doch dann finden die Kinder ein Buch. Darin stehen Rätsel, die das Trio nach und nach löst. Die jeweilige Lösung entsteht dann leibhaftig vor ihren Augen.

Und vor denen von 780 Zuschauern, die sie auf ihrer Reise begleiten. Am Ende ist klar: Der in Leder eingebundene Wälzer ist ein Circusbuch. Diese Geschichte bildet die Rahmenhandlung zum 6. Xantener Weihnachtscircus. Sie wird liebevoll erzählt. Es entsteht eine gemütliche, behagliche Atmosphäre. Die Mitglieder der sympathischen Direktionsfamilie Jonny Casselly junior sind wunderbare Gastgeber. Wenngleich die Programme über die Jahre stärker wurden, ist eine übergeordnete Handlung beibehalten worden. Sie ist so etwas wie das Markenzeichen dieser Produktion. Eine Regisseurin sorgt für eine überzeugende Umsetzung.


Zeltanalagen des Xantener Weihnachtscircus

Das Wohlfühlen geht schon im Vorzelt los, welches geschmackvoll weihnachtlich geschmückt ist und eine große Gemütlichkeit ausstrahlt. Von außen wirken die Zeltanlagen eindrucksvoll. Im Inneren ist für eine kompakte Atmosphäre gesorgt. Das gilt insbesondere für das Spielzelt. Die acht Reihen Klappsitze auf dem Gradin sind vergleichsweise steil angeordnet. Hinzu kommen die Logen mit Stühlen. So kann man das großartige, fast dreistündige Programm bestens genießen.


Akrobaten aus Afrika, Anthony Wandruschka, Tonito Alexis

Die Eingangssequenz wird teilweise von einem Sandmaler begleitet. Während Katy (Casselly) ihren beiden jüngeren „Geschwistern“ die ersten Passagen aus dem Buch vorliest, lässt Khalil Valeev seine vergänglichen Kunstwerke entstehen. Diese werden auf eine große Leinwand über dem prächtigen Artisteneingang projiziert. Die erste Station der Reise ist Afrika. Hier erwarten uns vier energiegeladene Artisten, die die Lebensfreude ihrer Heimat nach Xanten bringen. Sie wirbeln mit verschiedenen Sprüngen durch die Manege, bauen Menschentürme, jonglieren mit Schüsseln und glänzen als Limbotänzer. Letzteres unter einer brennenden Stange hindurch. Schon längere Zeit nicht mehr gesehen hatte ich Anthony Wandruschka. Wie etwa schon bei Charles Knie, jongliert er im schwarzen Outfit mit Bällen und Keulen. Die Jonglagen verpackt er in witzige Dialoge mit dem Publikum. Das geht hörbar begeistert mit. Somit ist für Spaß gesorgt. Überhaupt sind die witzigen Elemente in dieser Show stark vertreten. Gleich darauf bringt Tonito Alexis Heiterkeit, wenn er eine Kerze verspeist. Schon vor dem eigentlichen Beginn der Vorstellung unterhält er die Gäste. Außerdem wagt er den Sprung in ein Wasserglas und unterhält uns mit seiner Trompete.


Stefania Iarz, Katy und Jonny Casselly junior, Fernando Richter

In ihrer Papageienrevue zeigt Laura Urunova eine Mischung aus Tricks auf einem Tisch und Sequenzen, in denen die Tiere fliegen. Die Vorführerin mach dabei eine blendende Figur. Doch im Vordergrund stehen die wunderschönen Vögel. Herrlich ist die Szene, in denen drei von ihnen lässig im Liegestuhl abhängen und das Strandleben genießen. Immer wieder eindrucksvoll sind die ausdauernden Flüge der großen Aras über die Köpfe des Publikums hinweg. Antipodenspiele sind das Metier von Stefania Iarz. Elegant jongliert sie Bälle und Teppiche mit den Füßen. Ihren Auftritt rundet sie mit Handständen und Elementen der Kontorsion ab. Vor der Pause verwöhnt uns der Xantener Weihnachtscircus mit gleich zwei Schaubildern. Los geht es mit Katy und Jonny Casselly junior sowie Grace. Letzterer ist Breakdancer und beweist zu Beginn, dass dieser Tanzstil ganz schön akrobatisch sein kann. Hip gekleidet sind dann auch Jonny und Katy. Ihre Holzfäller-Shirts tragen sie lässig am Oberkörper oder um die Hüfte geknotet. Zunächst arbeiten sie anspruchsvolle Tricks aus der Partnerakrobatik. Dann aber wird es richtig originell. Auf einem Hoverboard – ein Brett zwischen zwei selbstfahrenden Reifen – zelebrieren sie ein Pas de deux. Die Idee ist genial und sie wird großartig umgesetzt. Denn die Kunststücke sind sehr anspruchsvoll. So sehen wir etwa, wie Katy auf einem Bein auf dem Kopf ihres Vaters steht. Gemeinsam verabschiedet sich das Trio. Nach einer Reprise von Tonito geht es mit einem Duo weiter. Fernando Richter und Henry Gassmann kommen auf schweren Motorrädern in die Manege. In deren Mitte brennen zwei Metallfässer. Mit freiem Oberkörper bieten uns die beiden coolen Kerle eine heiße Show. Fernando Richter hat eindrucksvolle Exemplare aus seiner „Welt der Reptilien“ mitgebracht. Zwei wunderschöne Tigerpython-Albinos sind dabei und eine imposante, 95 Kilogramm schwere Große Anakonda. Auch ein drei Jahre junger Mississippi-Alligator ist zu sehen. Dazwischen schluckt sowie spuckt Henry Gassmann Feuer und lässt die Funken sprühen. Seine Feuershow geht weit über die Standards des Genres hinaus. Er entfacht wirklich ein beeindruckendes Feuerwerk, sorgt für einzigartige Effekte. Nach diesem Spektakel geht es in die Pause.


Selfie, Jose Michell, Laura Urunova

Der zweite Teil startet mit Girl Power hoch vier. Selfie nennt sich das Quartett. Und ein Selfie Stick spielt eine wichtige Rolle bei ihrer Choreographie am Mast. Die jungen, modisch gekleideten Artistinnen zeigen am Pole ein starkes Trickrepertoire, welches sie perfekt präsentieren. Eine echte Entdeckung! Wenn auf dem Gradin die Klänge von „Somewhere over the rainbow“ auf dem Saxophon zu hören sind und in der Manege der wasserfeste Teppich ausgelegt wird, haben die Jose Michell Clowns ihren Auftritt. Jonny Casselly junior übernimmt die Aufgabe, Jose vom Restaurantbesuch abzuhalten und ihn für ein feuchtes Spiel zu begeistern. Dabei hat der Direktor sichtlich Spaß. Ebenso das Publikum. Das Schauspiel um Jose, seine Gattin Giulia und den zweiten August Kike nimmt seinen bekannten Lauf. Und doch ist ihr Wasserentree immer wieder ungeheuer witzig. Einfach ein riesiges Vergnügen, das sie mit wunderbarer Livemusik beenden. Mit ihrer Hundedressur beschließt Laura Urunova den Reigen der Tiernummern. Da somit in der Show keine größeren Tiere vertreten sind, wird auf einem Holzboden gespielt. Dieser liegt permanent auf dem Sägemehl, welches am Rand zu sehen ist. Urunovas Hunde verschiedener Rassen sind begeisterte Springer. Sie hüpfen durch Reifen, über Hürden oder ihre vierbeinigen Kollegen. Das Laufen auf den Hinterbeinen beherrschen sie ebenfalls. Zum Abschied bilden sie gar eine Polonaise.


Alte Kameraden, Kanakov-Truppe, Khalil Valeev

Extra für dieses Programm zusammengestellt sind die „Alten Kameraden“. In blau-weißen Ringelshirts und mit aufgemaltem Schnurrbart erfreuen sie das Publikum mit origineller Akrobatik ebenso wie mit witzigen Posen. Die Tricks sind dabei auf jeden Fall sehenswert. Einen Drei-Mann-Hoch etwa haben sie im Repertoire. Den Schlusspunkt setzt der Jüngste der Truppe, wenn er im hohen Bogen in die Arme seiner Mitstreiter springt. Tollkühne Sprünge auf dem Russischen Barren sind das Metier der Kanakov-Truppe. Die beiden Porteure sorgen dafür, dass die Fliegerin sowie der Flieger nach ihren Salti und Schrauben wieder sicher auf dem schmalen Brett laden. Was das Quartett zeigt, ist wirklich sensationell und bildet für mich den artistischen Höhepunkt des Programms. Die letzte Nummer aber gehört Anthony Wandruschka. Am Washington-Trapez zelebriert er Balancen auf dem ruhenden und schwingenden Requisit. Wortreich angekündigt wird sein Sprung von einer Plattform zu einem Trapez. Das Publikum erlebt eine Schrecksekunde, auf die aber sofort Erleichterung folgt. Groß ist das Erstaunen bei den drei Kindern, als dann der Weihnachtsmann leibhaftig vor ihnen steht. Es gibt ihn also wirklich. Personifiziert wird er von Boris Quest, der auch in der Organisation der Produktion eine nicht mehr wegzudenkende Stütze bildet. Die folgenden Szenen werden von Sandmaler Khalil Valeev bebildert, bevor sich dann alle Artisten zum Finale in der Manege versammeln. Sie werden mit tosendem Applaus von den vollbesetzten Rängen gefeiert.

Die Xantener wissen, was sie an ihrem Weihnachtscircus haben. Und das völlig zu recht. Jonny Casselly junior und seine Familie haben den liebevollen, persönlichen Stil ihrer Shows beibehalten. Die Qualität der Programme hat kontinuierlich zugenommen. Wobei stets auf Abwechslung geachtet wird. Zudem wurde neues Material angeschafft, welches den Besuchern noch mehr Komfort bietet. So bindet man ein treues Publikum. Der große Erfolg ist also hochverdient.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch