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Circus Krone - Januar 2019
www.circus-krone.de ; 143 Showfotos

München, 20. Januar 2019: 100 Jahre Circus-Krone-Bau München! Dieses eindrucksvolle Jubiläum feiert das Traditionsunternehmen in diesem Winter. Dabei ist es schon das dritte Circusgebäude an der Marsstraße: Das erste von 1919 wurde im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört. Bereits im darauf folgenden Winter, am 21. Dezember 1945, konnte ein neues eröffnet werden, ein hölzernes Provisorium. Während der Sommer-Tournee des Circus Krone 1962 wurde es durch den heutigen Bau ersetzt. Er ist mit seiner funktionellen Konzeption ein klares Zeugnis der 1960er Jahre.

War das dritte Gebäude in der Anfangszeit vollkommen schlicht gestaltet, wurde das heutige Circus-Dekor in Rot und Gold erst später hinzugefügt. 50 Meter überspannt die freitragende Kuppel mit ihren 24 Leimholzbindern. Der Zuschauerraum bietet hervorragende Sicht von allen 2800 Plätzen und eine wunderbare Circus-Atmosphäre. Im Foyer und Rundgang trifft der Circusfreund bei jedem Besuch bekannte Gesichter. Und dank der im Winter monatlich wechselnden Programme hat hier quasi alles gearbeitet, was in der Branche Rang und Namen hat. Außerhalb der Circus-Spielzeiten traten sowohl die Beatles als auch die Rolling Stones auf. Unzählige andere Künstler auch. Die Adresse Marsstraße 43 ist längst zum magischen Ort geworden. Ein lebendiges Denkmal, das zu München gehört wie das Hofbräuhaus und das Oktoberfest.


Zsofia Komenda, Jennifer Saabel, Mitglied der Truppe Bingo

Das erste Winterprogramm 2018/19 lässt zum Beginn der Vorstellung die Geschichte des Stammhauses Revue passieren – in einem Film mit Bildern aus 100 Jahren Circus-Tradition, der auf der Leinwand über dem Artisteneingang läuft. Dann folgt ein Sprung in die Moderne. Eine Formation des Circus-Theaters Bingo empfängt uns mit „Happy Birthday“ und einem seiner typischen Openings. Sieben Mädels und zwei Jungs, allesamt attraktive junge Leute, bringen mit Tanz und artistischen Kostproben Schwung in den Roten Ring. Hand-auf-Hand-Akrobatik, Hula Hoop und das Rotieren in Metallgestellen werden miteinander kombiniert. Zu ihren stylischen Kostümen gehören auch große Zylinder mit „100“-Emblem. Den Schwung nehmen Jennifer und Kelly Saabel gleich auf. Ihre Dressur mit sibirischen Huskys und schneeweißen Samojeden-Spitzen macht immer wieder Freude. Nach Sprüngen, Fächer und Abliegen sausen die Tiere eine Rutschbahn hinunter und springen über Hürden. Am Ende ziehen die Vierbeiner ihre Vorführerinnen im Hundeschlitten aus der Manege. Die ganz großen artistischen Sensationen werden im Januar nicht geboten. Dafür wurden einige Darbietungen ausgewählt, die gerade fürs breite Publikum außergewöhnlich und neuartig wirken dürften. So wie die kraftvolle Arbeit von Zsofia Komenda am Flying Pole. In großer Höhe hält sie sich schlussendlich nur noch mit einem Arm am Requisit. Starker Applaus ist der Lohn.


Kelly Saabel, Jana Mandana Lacey-Krone sowie Bereiterin, Ruslan Formenko 

Direktorin Jana Mandana Lacey-Krone und James Puydebois dirigieren gemeinsam die beiden asiatischen Elefantendamen Bara und Burma. Kostüme und Musik – hier live gespielt – sind aus dem Saisonprogramm „Evolution“ bekannt, die beiden Bereiterinnen von der Truppe Khadgaa. Das Repertoire mit Lauf- und Postamentarbeit wird flott gearbeitet. Nochmal heizen die „Bingos“ mit einem Tanz die Stimmung an. Dabei bewegen sie sich von der Tribüne Richtung Piste. Das Prädikat außergewöhnlich gilt auch für die Jonglagen von Ruslan Formenko. Denn er verbindet jeweils zwei Bälle mit einem Seil zu einem Paar. Bis zu fünf dieser Requisiten schickt er auf die Reise durch die Luft. Abschließend auch als leuchtende Variante im Dunkeln. Sein Bruder Andrej assistiert im schwarzen Frack, während Ruslan im Leoparden-Hemd mit Peace-Symbol auf dem Rücken einen schrillen 70er-Jahre-Discotyp gibt. Das ist leider mehr Fasching denn Comedy. Stilvoll dagegen Kelly Saabel als schöne Elbin aus dem Klassiker „Herr der Ringe“. Auf einem wunderbar gestalteten Holzboot zeigt sie ihre eleganten Handstände und beschließt den Auftritt treffsicher mit dem Bogenschuss, mit den Füßen ausgelöst, auf einen Ballon.


Truppe Khadgaa, Bruno Raffo, Mitglied der Truppe Bingo 

Die Truppe Khadgaa war kurz vor ihrem Engagement im Saisonprogramm bereits im Krone-Bau zu Gast, konkret im Februar 2015. Nachdem „Evolution“ ausgelaufen ist, gibt es nochmal ein Wiedersehen. Als Pausennummer zeigen die Mongolen – acht Herren und drei Damen – ihre Mischung aus Handvoltigen und Kraftakrobatik in stimmungsvoll-folkloristischer Aufmachung. „Kommt der Lacey nun, oder kommt er nicht?“, fragen sich die Besucher neben uns vor dem Beginn der zweiten Hälfte. Er kommt nicht, denn Martin Lacey jun. feiert zu dieser Zeit seinen triumphalen Erfolg in Monte Carlo. Er erhält den „Goldenen Clown mit Auszeichnung“, den Publikumspreis und den Preis der Kinderjury. Mehr geht nicht. Dafür lässt er sich vom bis 31. Januar von Bruno Raffo vertreten. Der macht mit acht Löwen aus dem Bestand von Martin Lacey jun. einen hervorragenden, professionellen Job. Die Tiere zeigen Pyramide, Hochsitzer, verschiedene Sprünge, Fächer und anderes mehr. Doch die Münchner wollen das Original sehen. „Aber der Dompteur, der Lacey, ist mir schon abgegangen“, hören wir eine Dame beim Auslass sagen. Martin Lacey jun. ist zweifellos der Superstar des Circus Krone. Beim dritten Auftritt der Truppe Bingo zeigen die beiden männlichen Akteure kraftvolle Akrobatik an den Strapaten. Sie drehen sich, mit den Füßen noch am Boden, blitzschnell um die eigene Achse, um sich später bis hoch unter die Kuppel zu schrauben. Währenddessen tanzen unter ihnen ihre Kolleginnen voller Energie.


Jones und Steve Caveagna

Herausragend in diesem Programm – bei Abwesenheit von Martin Lacey jun. – sind für mich die Spitzenclowns Steve und Jones Caveagna. Sie übersetzen die traditionelle Rollenverteilung von August und Weißclown in eine moderne Form und verzichten auf die typische Schminke. Der extrovertierte Steve übernimmt mit seiner markanten Stachelfriseur und karierten Shorts den komischen, sein Bruder Jones mit Hemd und Sakko den seriösen Part. Schon vor Beginn der Vorstellung wärmt Steve das Publikum an. In den weiteren Auftritten werden klassische Reprisen zeitgemäß interpretiert. So wie bei der „Romeo-Szene“, in der die Fehlfunktion der „Dating-App“ auf dem Smartphone für die Pointe sorgt. Nur bei der „Motorradfahrt“ müssen eine Zuschauerin und ein Zuschauer in der Manege mitwirken. Vorwiegend sind die Italiener lieber selbst komisch. Zum Beispiel bei ihrem Musikalentree. Jones will musizieren, Steve stört mit Hip Hop-Klängen aus dem Smartphone. Am Ende folgt die Versöhnung. Später beweist Steve Caveagna, dass er auch ein hervorragender Artist ist. Dann, wenn er ausdauernd vier Diabolos fliegen lässt.


Jana Mandana Lacey-Krone, Truppe Khadgaa 

Jana Mandana Lacey-Krone überzeugt mit ihrer gut laufenden Freiheitsdressur. Fünf Falben und vier Cremellos beherrschen anspruchsvolle Figuren. Farbwechsel, Gegenlauf und Fächer gehören dazu. Die Falben steigen gemeinsam und verlassen rückwärts laufend die Manege. Ein ausdauernder Rückwärts- und Vorwärtssteiger bildet den Abschluss. Mit dem temporeichen, aber etwas kurzen Seilspringen übernimmt die Truppe Khadgaa auch die Schlussnummer. Man hätte sich ebenso die wesentlich stärkere Kraftakrobatik an dieser Position vorstellen können. Ein wenig schade ist, dass alle artistischen Nummern von Bandmusik begleitet werden. Man hätte dem großen, famosen Orchester unter der Leitung von Oleksandr Krasyun mehr Einsätze gegönnt.

Die ukrainischen Bingo-Girls verblüffen zur Einleitung des Finales mit einem zünftigen bayerischen Volkstanz. Beim Schlussapplaus verabschiedet Sprechstallmeister Nikolai Tovarich das Publikum „auf die nächsten 100 Jahre Circus Krone“. Und tatsächlich muss uns – nach dem geglückten Generationswechsel – um das große Erbe von Christel Sembach-Krone und ihrer Vorfahren nicht bange sein.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll