Oder
aber um sich mit ihm fotografieren zu lassen. Natürlich steht Thierry
Fééry auch während der Show in der Manege. Im roten Frack präsentiert
er sehr gewinnend die große Circusgala.
Chapiteau und
Vorzelt
2013
hatte ich diese zuletzt besucht. Der erste Eindruck ist diesmal ein
anderer. Nach wie vor beeindruckt das weiße Chapiteau mit der außen
liegenden Mastenkonstruktion. Doch nun ist der Zaun um die Circusstadt
im vorderen und seitlichen Bereich eng um Vor- sowie Spielzelt gezogen.
Die großen Stallzelte und Käfigwagen fehlen. In der laufenden Spielzeit
bestreiten Ponys, Bauernhoftiere, Hunde und Pferde das Tierprogramm.
Raubtiere oder Elefanten gibt es nicht. Dafür wird im artistischen
Bereich wie gewohnt aus dem Vollen geschöpft. Ein paar Mal im Laufe des
Nachmittags ist die Manege bestens gefüllt.
Diabolospiele
aus China
Gleich
zu Beginn wirbeln die Teslenko Brothers über den roten Teppich. Das
russische Quintett lässt Ringe, Reifen und Keulen in den
verschiedensten Formationen fliegen. Die Jongleure setzen auf schöne
Bilder, großes Können und Geschwindigkeit. Am Ende fängt einer der
Artisten die Reifen, die ihm seine vier Partner immer schneller
zuwerfen. Mit Diabolos jonglieren acht Chinesinnen mit langen Federn am
Kopfputz. Die Vertreterinnen des Chinesischen Nationalcircus glänzen
mit virtuoser Geschicklichkeit und traumhaften Choreographien. Es ist
ein wahres Fest für die Augen. Wir konnten diese und ähnliche Gruppen
schon in vielen namhaften Shows erleben. So auch bei einer früheren
Ausgabe der „Grande Fete Lilloise du Cirque“. Gleiches gilt für die
Truppe Sokolov. Die Russen entführen uns ins 18. Jahrhundert. In die
Zeit von Wolfgang Amadeus Mozart. Dieser stand Pate für ihre große
Schleuderbrett-Inszenierung. Die Damen und Herren tragen Kostüme,
Schminke sowie Perücken aus dieser Epoche. Natürlich erklingen
Melodien des weltbekannten Komponisten. Truppenchef Dima Sokolov
verkörpert das Musikgenie. Mindestens genauso überzeugend wie die
Aufmachung ist die Leistung. Es geht Schlag auf Schlag. Die
variantenreichen Sprünge werden auf einer Matte, auf den Schultern des
Untermanns oder auf einem Stuhl, der auf einer Perchestange ruht,
gelandet. Zudem gibt es Sprünge, bei denen der Flieger Stelzen an den
Füßen hat. Der letzte Trick wird noch einmal auf einem Stuhl gelandet.
Allerdings steht der Fänger dabei auf einem russischen Barren. Und das
wiederum auf Stelzen.
Truppe Muratov,
Diana Vedyashkina, Ebba Frank
Während
der Truppe Sokolov vollkommen zu recht die Schlussnummer gehört,
beenden die Muratovs den ersten Programmteil. Die sechs verwegenen
Männer reiten auf ihren Pferden in rasantem Tempo durch die Manege. Die
Frau im Bunde steht ihnen in nichts nach. Auf wunderschönen Pferden
zeigen sie in folkloristischen Kostümen eine schneidige
Dshigitenreiterei. Die treibende Musik gibt den Rhythmus vor. Volles
Risiko heißt es etwa, wenn einer der Reiter um den Leib seines Pferdes
herumkrabbelt. Das Kontrastprogramm zu dieser Darbietung bildet Diana
Vedyashkina mit ihrer Dackeldressur. So flott die Hunde auch rennen, an
die Geschwindigkeit der Pferde kommen sie nicht heran. Müssen sie auch
gar nicht. Denn sie sind einfach zu putzig, wenn sie über Hindernisse
springen oder auf den Hinterbeinen stehen. Zwei gewaltige Kühe sind der
Blickfang in der Bauernhof-Revue von Ebba Frank. Hinzu kommen Schafe,
Ziegen, ein Pony, Hunde und eine stattliche Gans. Sie zeigen unter
Anleitung der Tochter von Anton Frank, welche manegentauglichen
Kunststücke sie beherrschen. Unterstützt wird Ebba Frank dabei von
ihrem Partner Ramon Maatz. Dieser führt später einen Sechserzug
schwarz-weiß gescheckter Ponys vor. Die Tiere folgen präzise den
Anweisungen ihres hochgewachsenen Vorführers. Die Freiheit mit einem
großen Trickrepertoire läuft rund. Insbesondere für die Kinder ist die
quirlige Rasselbande ein großer Spaß. Wenngleich somit ein
schönes Tierprogramm geboten wird, vermissen nicht nur wir die „wilden“
Tiere.
Li Zhenyu, Trio Simet, Kenny Thomas
Hoch
hinaus geht es für Li Zhenyu. Der junge Chinese ist ein Meister der
Gleichgewichtskunst. Immer mehr seiner Handstäbe steckt er ineinander
bis ihn diese wackelige Konstruktion ein gutes Stück in Richtung Kuppel
bringt. Auch in großer Höhe und auf schwankendem Fundament drückt er
sicher seine variantenreichen Handstände. Einen ausgeprägten
Gleichgewichtssinn benötigen ebenfalls die Astronauten um Lazlo Simet.
Im Zeitlupentempo bewegt sich das Trio über das Semaphore. Dieses
Requisit ist einzigartig und am ehesten noch als Mischung aus Todesrad
und Hochseil zu beschreiben. Die Ungarn balancieren nicht nur laufend
darauf, sondern auch auf dem Fahrrad oder auf einem Stuhl. Der
artistische Part wird durch Kenny Thomas komplettiert. Der Franzose
beherrscht sein Motorrad meisterlich. Die Manege, in deren Mitte ein
Auto steht, ist sein „Spielplatz“: Auf zwei Rädern oder nur auf einem
wagt er abgefahrene Touren. Dabei wird er von einem Breakdancer
begleitet. Den Schlusspunkt setzt er mit einem Rückwärtssalto auf das
Autodach. Thomas arbeitet, wie die Simets, mit Helm. Darunter versteckt
sich letztendlich auch die Persönlichkeit der Artisten. Der Auftritt
einer gestandenen Manegenpersönlichkeit hätte die Sparte Artistik
dieser Produktion vollends abgerundet.
Thierry
Fééry und Gregory Bellini
Aber
wir haben ja noch Gregory Bellini. Gemeinsam mit Thierry Fééry
begleitet er uns durch den Nachmittag. Insbesondere beim Pariser
Weihnachtscircus von Christiane Bouglione haben wir diesen herrlichen
Komiker kennen- und lieben gelernt. Auch auf Tour mit dem Cirque
Arlette Gruss durften wir ihn bereits erleben. Er kommt als Zuschauer
ohne Eintrittskarte, der sich in der Manege beweisen will. Bei seinen
Zauberkunststücken scheitert er kläglich, aber auf sehr liebenswürdige
Weise. Die Sympathien des Publikums hat er auf seiner Seite, wenn die
Fluchtsack-Illusion misslingt und Bellini mit verkohltem Gesicht sowie
zerrissenem Hemd aus der Kiste steigt. Oder wenn Fééry seine
Taschenspielertricks mit Hühnereiern entlarvt. Immer erscheint er am
Ende als Verlierer. In Wahrheit aber gewinnt er die Herzen des
Publikums. Ein Gewinn ist ebenfalls das Orchester unter der Leitung von
Kristof Majewski. Die Musiker begleiten das Programm wunderbar, die
Tonanlage transportiert den Sound bestens zum Publikum. Ebenfalls sehr
stark ist das Lichtdesign.
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