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Salto Natale 2018 - "Esprit"
www.saltonatale.ch ; 164 Showfotos

Kloten, 24. November 2018: Im Leben von Rolf Knie werfen große Ereignisse ihre Schatten voraus. Im kommenden Frühjahr soll das von ihm produzierte Musical über die Geschichte seiner Familie uraufgeführt werden. Anlass ist das 100-jährige Bestehen des Schweizer National-Circus. In den Vorbereitungen steckt viel Zeit, Aufwand und Energie. Fast schon Routine dürfte im Vergleich hierzu die 16. Ausgabe seines Wintercircus Salto Natale sein. Hier wird nach dem bewährten Rezept eine „Show der anderen Art“ geboten – mit Tänzern, Clowns und Akrobaten, Live-Musik und Gesang.

Sein Musical will Rolf Knie in Dübendorf, Bern und Basel präsentieren. Salto Natale findet dagegen wie gewohnt auf dem Parkplatz Holberg in Kloten statt, vor den Toren Zürichs. Gespielt wird auf der Rundbühne im innen mastenfreien Bogen-Chapiteau. Das zugehörige große Vorzelt ist üppig und geschmackvoll eingerichtet; das zusätzliche Dinner-Zelt zeugt vom Anspruch, neben den Einzelbesuchern auch viele Firmenbesucher zu akquirieren.


Ballett von Carmen Mota 

Wie bereits vor vier Jahren ist in der neuen Show „Esprit“ ein Ballett der spanischen Choreografin Carmen Mota zu erleben. Es besteht aus sechs Tänzerinnen und fünf Tänzern. Wiederum tanzt das Ensemble in großen Bildern mit wunderschönen Choreographien und mit hoher tänzerischer Qualität. Das gilt beim Flamenco zum Opening wie auch beim fröhlichen Kastagnetten-Tanz im zweiten Programmteil. Doch leider fehlen dieser Formation ein wenig das Feuer und die Leidenschaft, mit denen im Winter 2014/15 die Tanzfläche zum Brennen gebracht wurde. Die Ausstrahlung ist nicht die gleiche wie damals. Vielleicht entsteht dieser Eindruck auch durch die nicht optimale Qualität der Musikeinspielungen vom Band. Zumal die Tänzer im Finale endlich wirklich mitreißen – dann, wenn zum live gespielten und gesungenen 70er-Hit „Young Hearts run free“ getanzt wird. Die Auftritte des Balletts sind in dieser Produktion nicht Überleitungen zwischen den Darbietungen, nicht thematische Einstimmung auf den nächsten Act. Es sind eigenständige, vollwertige Nummern. In der logischen Folge ist „Esprit“ noch mehr als andere Salto-Natale-Shows zuvor ein geradezu klassisches, flott ablaufendes Nummernprogramm anstelle einer durchkomponierten Produktion unter einem bestimmten Thema. In den Abendvorstellungen heißt es zudem „Salto Natale goes Ohlala“: In einer erotischen Nummer taucht zunächst ein Mann im Flamenco-Kleid aus der Dunkelheit auf. Die Grenzen zwischen den Geschlechterrollen zerfließen. Der Spot richtet sich nun nacheinander auf Paare in allen Konstellationen, die sich einander jeweils mit sinnlicher Leidenschaft widmen: Mann – Mann, Frau – Frau und Frau – Mann. Im Laufe des Spiels mit den Geschlechtern und der Liebe finden sich die Akteure zu herkömmlichen Kombinationen aus Mann und Frau zusammen. In den Nachmittagsvorstellungen wird diese gewagte Choreographie durch einen weiteren spanischen Tanz ersetzt.


Collins Brothers 

Mittags wie abends gewagt sind die herrlichen Späße der Collins Brothers aus Deutschland. Schon vor der Vorstellung mischen sie sich unters Publikum und servieren Geburtstagstörtchen. Im ersten Auftritt auf der Bühne präsentieren die beiden Herren ihre Version der „zersägten Jungfrau“. Das Ganze scheitert grandios, so dass jedermann das magische Kunststück durchschaut. Ein echtes Kunststück ist es dagegen, in schier endlos hohen, pinken High-Heels Seil zu springen. „Helmut“ (alias Collin Eschenburg) zeigt, dass er es kann. Herrlich witzig und originell ist es, wie er später auf offener Bühne eine Dusche nimmt und hierbei mit allerlei Widrigkeiten zu kämpfen hat, vom widerspenstigen Wasserschlauch bis zum ekligen Haarbüschel im Abfluss. Letzterer landet mit einem gekonnten Wurf in der Loge.


Yoka und Nazerke, Truppe Zola, Zachary Tomlinson 

Was im traditionellen Circus das Pas de Deux zu Pferd ist, ist auf dem Bühnenboden von Salto Natale die Partnerakrobatik auf dem Hoverboard. Die Elektrofahrzeuge bestehen aus nur zwei Rädern mit einer Achse dazwischen. Darauf rollen Yoka und Nazerke im Zwei-Mädchen-Hoch über die Bühne. Die Oberfrau steht auf Spitzen auf dem Kopf ihrer Partnerin. Lässt einen Ball über ihren Schädel dopsen, während sie auf dem Kopf der Partnerin balanciert. Und im Kopf-auf-Kopf lassen beide Stäbe in den Händen kreisen und bewegt die Oberfrau eine weitere Stange mit den Füßen. Auf spritzige Weise zeigt die Truppe Zola Seilspringen, unter anderem im Zwei- und Drei-Personen-Hoch. Die zehn Herren und Damen aus der Mongolei waren 2017 mit dem Circus Nock auf Tour. Ihr scheinbar „unfreiwilliger Mitspieler“ aus dem Publikum erweist sich als echtes Seilspring-Ass. Zachary Tomlinson ist zweifacher Weltrekord-Halter und zehnfacher Weltmeister im Jump Rope, einer besonders sportlichen Variante, bei der das Seilspringen in rasanter Geschwindigkeit mit zahlreichen Salti, Überschlägen und Piroettesprüngen kombiniert wird. Sein Auftritt ist knackig kurz; ihm hätten wir gerne noch länger zugesehen.


Gomonov Knife Show, Kontorsion aus der Mongolei, Alex Michael 

Erotisch aufgemacht wie die beschriebene Tanzszene ist auch die Messerwurf-Nummer der „Gomonov Knife Show“. Darya Sharmet präsentiert sich hier ganz in schwarz und voller Sinnlichkeit, während ihr Partner Andrei Homanau die Messer zielsicher um sie herum platziert. Dies gelingt auch traumwandlerisch sicher, wenn die Messer brennen oder die Partnerin an einer sich drehenden Scheibe rotiert. Mindestens ebenso riskant ist die Darbietung von Alex Michael, der wohl zu den bekanntesten Artisten dieses Casts gehört. Sein Deckenlauf mit ungesicherten Sprüngen zum Trapez ist immer wieder atemberaubend und beeindruckend. Dafür gibt es starken Applaus. Als besonders typisch für Salto Natale lässt sich die Pausennummer bezeichnen: Hier wird einer ganz traditionellen vierfachen Kontorsionsnummer aus der Mongolei ein moderner Stempel aufgedrückt. Mit Laserstrahlen, besonders starkem Licht und dem live gesungenen „Run Boy Run“ schaffen die Macher eine elektrisierende Stimmung.


Johan Wellton, Truppe Shatirov, Tim und Taisia 

Eine sehr außergewöhnliche, vielleicht ein wenig techniklastige Darbietung präsentiert die Truppe Shatirov. Das Quartett aus jeweils zwei jungen Damen und Herren erzählt die Geschichte vom anspruchsvollen Hotelgast, der drei Pagen auf Trab hält. Auf einer elektrisch drehbaren Plattform werden verschiedenste Leiterkonstruktionen errichtet, die erklommen oder überwunden werden müssen. Mal Fuß-auf-Kopf, mal Hand-auf-Kopf, mal Kopf-auf-Kopf geht es longengesichert die Sprossen hinauf und hinunter. Immer im Gepäck ist dabei die Reisetasche des Gastes. Dafür gab es zu Jahresanfang Silber beim Festival in Girona. Hoch hinaus geht es nochmal mit Tim und Taisia an den Strapaten. Das Paar zeigt eine romantische Liebesgeschichte und zugleich starke, gefahrvolle Tricks. Die tragende Rolle wird abwechselnd übernommen. Ein Jongleur der Spitzenklasse und zeitgleich ein echter Entertainer ist der Schwede Johan Wellton, der fließend zwischen Bouncing- und normalen Balljonglagen wechselt. Sechs Bälle lässt er unter der Tischplatte seines Requisits abprallen, um sie wieder zu fangen; kurz darauf zeigt er eine Bouncingjonglage mit sieben Bällen. Später klebt er sich die Augen mit Klebeband zu. Blind lässt er nun fünf Bälle bouncen, während er zu Beginn noch auf seinem Stuhl steht und sich dann hinsetzt. Er erhält rhythmischen Applaus, ist der Star des Abends.


Patric Scott, Truppe Zola, Finale mit Rolf Knie 

Viele Saisons gab es bei Salto Natale jährlich wechselnd eine Sängerin oder einen Sänger, der jeweils auch als Stargast herausgestellt wurde, beispielsweise die Miss Schweiz Lina Fäh oder Teenieschwarm Luca Hänni. Nun ist im vierten Jahr in Folge der Schweizer Sänger Patric Scott auf diese Rolle abonniert. Er lässt sich inzwischen zum Kernteam von Rolf Knie zählen und spielt auch beim Musical-Projekt eine entscheidende Rolle als Musikdirektor. In bekannter Weise erhalten viele Darbietungen bei Salto Natale mit seiner Stimme und dem Sound der neunköpfigen Band unter der Leitung von Edgar Schmid ein neues musikalisches Gewand. Beispielsweise die Truppe Zola, die hier als Schlussnummer ihre Schleuderbrettakrobatik zeigt. Nunmehr zu „Can’t stop that Feeling“ und „Sunshine in a pocket“ anstatt zur strengen Original-Choreographie.

Der kurzweilige und jederzeit unterhaltsame Circusabend mit vielen interessanten Darbietungen endet mit dem farbenfrohen Finale. Rolf Knie verabschiedet sein Publikum persönlich – und lädt zum nächsten Besuch ein. Diesmal nicht erst im kommenden Winter beim 17. Programm von Salto Natale, sondern schon ab März 2019 bei „Knie – Das Circus Musical“.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll