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Circus Krone - März 2020
www.circus-krone.de ; 161 Showfotos

München, 1. März 2020: Es war einer der letzten Tage, an denen so etwas wie Normalität in Deutschland herrschte. Zur Premiere des dritten Programms der Winterspielzeit kamen Circusfreunde und -macher aus Nah und Fern in den Krone-Bau. Auch die Münchner Prominenz gab sich wie gewohnt ein Stelldichein, plauderte beim Empfang hinter den Kulissen und betrat den Zuschauerraum unter Blitzlichtgewitter der Fotografen. Alles wie gehabt? Mitnichten, denn die meisten Gespräche drehten sich schon um das Coronavirus. In Sachen Händeschütteln und Küsschen wurde gezögert.

Und noch etwas war anders als sonst: Die Familie Lacey-Krone wollte das umsatzstarke Frühjahr besonders gut ausnutzen und ab 10. März zur gleichen Zeit in Bau und Zelt spielen. Das hat es – in dieser Form – noch nie gegeben. Allenfalls hatte die Compagnie von Alexis Gruss im März den Krone-Bau bespielt, während der Zeltcircus schon auf Tournee gegangen war. Deshalb verzichtete Martin Lacey jun. diesmal auf seinen großen Auftritt im Raubtierkäfig. Ehefrau Jana Mandana Lacey-Krone überließ zur Premiere die Vorführung der Pferde Tierlehrer Hans Ludwig Suppmeier.


Equivokee, Shirin und Alexis, Erik Niemen 

Dafür sind der 12-jährige Direktionsspross Alexis Lacey-Krone und seine ein Jahr älter Cousine Shirin wieder einmal im Programm vertreten. Diesmal führen sie die bekannte Haustier-Dressur von Maike und Jörg Probst vor – im Teamwork mit Helferinnen und Helfern im Hintergrund, darunter Mutter und Tante Jana. Riesenesel, Wollschweine, Ziegen und Hühner bevölkern den Bauernhof in der Manege. Alexis wirkt bei seinem Auftritt inzwischen offener als in früheren Saisons, den beiden Krone-Kids fliegen die Sympathien nur so zu. Großartige Begleiter durch das Programm sind die drei ukrainischen Clowns Equivokee. Sie jonglieren, lassen Papierflieger schweben und üben mit Zuschauer Seilspringen und Michael-Jackson-Moves. Zum zweiten Mal im Krone-Bau engagiert ist Erik Niemen. Auf dem Drahseil beherrscht er unter anderem einen Pirouettesprung, den Satz über eine Barriere sowie den Rückwärtssalto. Riesenapplaus für die erste akrobatische Nummer im Programm.


Duo Flash, Hans Ludwig Suppmeier, Duo Funcoholics 

Das Duo Flash setzt als Kaskadeure längst nicht nur auf Heiterkeit. Efrem und Evgeny zeigen vielmehr ganz ohne den üblichen Tisch oder andere Requisiten eine vollwertige akrobatische Nummer mit vielen Salti und Sprüngen. Hans Ludwig Suppmeier präsentiert acht weiße Araber aus dem Marstall des Circus Krone in einer Freiheitsdressur. Eine Rarität sind die Korbpferde, die als Da Capo geboten werden. Vier Araber springen in Strohkörbe und bleiben auf Kommando abrupt stehen. Das Publikum amüsiert sich prächtig. Für einen akrobatischen, stürmisch beklatschten Höhepunkt sorgt das Duo Funcoholics am chinesischen Mast. Wenn sie auf seinem nach oben ausgestreckten linken Arm eine Waage drückt. Wenn er auf ihrem Oberkörper steht, während sie eine Flagge am Mast stemmt.


Jana Mandana Lacey-Krone, Truppe Flying Jumpers 

Vor Beginn der Wintersaison war ich doch recht skeptisch, ob es richtig war, zwei der fünf Krone-Elefanten aus Spanien zurückzuholen – gegenüber der Presse war dieser Schritt nicht leicht zu kommunizieren. Doch die Reaktionen des Publikums sprechen eine klare Sprache: Es möchte die Dickhäuter sehen, feiert regelrecht die Vorführung der beiden Elefantenkühe Bara und Burma. Jana Mandana Lacey-Krone stellt diese mit Unterstützung von James Puydebois in einer ansprechenden Trickfolge vor. Meine Skepsis ist vollends verflogen; der vollständige Dreiklang von Pferden, Elefanten und Raubtieren in einem Programm hat nichts von seinem Zauber verloren. Nicht nur das Krone-Publikum will das – ich will es auch. Schon stärker erlebt haben wir die fünf „Flying Jumpers“ von Artem Yefimov auf dem Fasttrack, beispielsweise bei Arlette Gruss und im Christmas Circus Wiesbaden. Auch die Kostüme sind nicht ganz optimal, sie wirken sehr sportbetont. Mit Salti und Sprüngen sorgen die "Jumpers" für den Abschluss des ersten Programmteils.


Thomas Lacey, Shannon Monni

Martin Lacey jun. betritt den Raubtierkäfig diesmal nur für eine kurze Ansprache. Voller Stolz kündigt er das München-Debüt seines Halbbruders Thomas an, den er in den vergangenen sieben Jahren zum Raubtiertrainer ausgebildet habe. Thomas Lacey macht seine Sache gut, mit einer Trickfolge, wie man sie von seinem Bruder und Lehrmeister kennt – nur eben mit lediglich vier Löwinnen anstatt bis zu 26 Tieren. Als die letzte Löwin den Zentralkäfig verlassen hat, fallen sich Thomas und Martin Lacey in die Arme. Einige Besucher applaudieren stehend; letztlich deshalb, weil die Lacey-Lions beim Münchner Publikum einfach Kultstatus haben und Martin Lacey jun. der unbestrittene Star des Unternehmens ist. Shannon Monni verzaubert mit ihrer Kontorsionskür in der großen Plexiglaskugel, hoch über der Manege. Die Kugel lässt sich in zwei Hälften öffnen, so dass auch Tricks möglich sind, bei denen die Artistin an einem Bein unter der Kugel hängt.


Claudius Specht, Flying Heroes, Gina Giovannis

Der Schweizer Claudius Specht bietet alles, was man von einer erstklassigen, klassischen Darbietung erwarten kann. Leistungsstärke bei der Jonglage mit Keulen und Bechern. Originalität durch eine geheimnisvolle „Blackbox“, die ihm vollautomatisch die Requisiten zuwirft. Und eine überaus sympathische Präsentation mit direktem Draht zum Publikum. Die Tierdarbietungen im März werden durch die Hunde von Gina Giovannis komplettiert. Viele Jahre konnten wir diese vielseitige Künstlerin auf dem Drahtseil und mit immer neuen Varianten ihrer Handstand-Nummer erleben. Vor einiger Zeit hat sie sich mit großen und kleinen, weißen und schwarzen Hunden etwas ganz Neues aufgebaut. Trickstärke und Präsentation bilden ein optimales Ganzes. Was dem März-Programm in seiner ursprünglich geplanten Form gefehlt hätte, wäre neben vielen kleineren, durchweg charmanten Darbietungen ein großes Highlight zum Abschluss gewesen. Die Lösung ergab sich, nachdem das Engagement des Duos Zontli (doppelter Zopfhang) nicht zu Stande kam. Stattdessen wurden die Flying Heroes aus dem Februar prolongiert. Mit neuer Platzierung – vor dem Finale statt vor der Pause –, neuer Musik und neuen Harlekin-Kostümen erhält die Nummer eine neue Wirkung. Die großartige Flugschau über mehrere Ebenen, mit acht Akteuren und anspruchsvollsten Tricks, sieht man sich ohnehin gerne öfter an. Das März-Programm ist damit rund und komplett. Abermals schön gestaltet ist das Finale. Direktorin Jana Mandana Lacey-Krone führt ein mit fluoreszierenden Bändern geschmücktes Pferd durch die Manege, Ringmaster Nicolai Tovarich singt dazu „Somewhere over the Rainbow“. Und die Artisten kommen mit bunten, ebenso fluoreszierenden Tüchern die Treppen der Zuschaueraufgänge hinunter.

Mit Standing Ovations wird dieses schöne Programm gefeiert. Es ist leider nur noch wenige Tage zu sehen. Bereits nach der Abendvorstellung am 12. März muss die Spielzeit im Krone-Bau aufgrund der Coronavirus-Pandemie und behördlicher Anordnungen abrupt abgebrochen werden. Gleiches gilt für die in Gersthofen begonnene Zelttournee – nur zwei Tage nach der Premiere. Anstatt in Zelt und Bau gleichzeitig spielt der Circus Krone seitdem gar nicht mehr. Auch die ab April geplanten Fremdveranstaltungen im Krone-Bau entfallen bis auf weiteres. Die größte Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs trifft den Circus bis ins Mark.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll