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WinterWonderCircus Tilburg 2020
www.winterwonder-circus.nl ; 52 Showfotos

Tilburg, 29. Januar 2020: Die wohl für nahezu alle Circusmacher sehr erfolgreiche Weihnachtszeit auszudehnen, ist sicherlich der Wunsch so manch eines Veranstalters. Dem jungen Niederländer Kevin van Geet gelingt dies offenbar: So startet der 27-Jährige bereits an Sinterklaas (Nikolaus) in Gouda und präsentiert anschließend zum Jahreswechsel Kerstcircus in Etten-Leur. Den Abschluss bildet dann zum inzwischen dritten Mal ein Gastspiel Ende Januar in Tilburg. Dort firmiert man als „WinterWonderCircus“. Dabei vermarktet sich Kevin van Geet selbst prominent als „jüngster Circusdirektor Europas“. Sein Konterfei bildet das Motiv auf den Plakaten und Fahnen, die im Stadtgebiet auf die Veranstaltung hinweisen.

Wenngleich sein Großvater im Sommer mit einem kleinen Circus über die holländischen Campingplätze tingelt, wächst van Geets Liebe zum Metier erst während seines Studiums des Garten- und Landschaftsmanagements. Zunehmend, so ist über seinen Werdegang auf der Homepage zu lesen, übernimmt er administrative Aufgaben für Circus-Unternehmen, kümmert sich um Presse- und Tourneearbeit, agiert als Moderator auch im Ring. 2015 übernimmt van Geet die Organisation des Kerstcircus Etten-Leur von der befreundeten Familie Zinnecker.


Zelt

Deren Circus Maximum bildet denn auch die materielle Basis des „WinterWonderCircus“. Die Zelte sind erst im vergangenen Oktober eingeweiht worden. Die Hausfarben sind zwar beibehalten, aber mit nun blauen Applikationen auf gelbem Grund wirkt die Anlage noch frischer. Im Inneren fallen die achtreihige Schalensitz-Tribüne nebst drei Reihen Loge und der erst seit vergangegenem Jahr verwendete edle Artisteneingang auf. Dieser verfügt über eine Orchesterempore, auch wenn hier aktuell nur Ton- und Lichtregie ihren Platz finden. Dank guter Ausstattung wird das insgesamt sehenswerte Manegenspiel denn auch gut in Szene gesetzt. Es entspricht abgesehen von zwei speziell für Tilburg engagierten Darbietungen dem letztjährigen Herbst-Programm des Circus Maximum.


Nadja Scholl, Marco Mariani, Stefani Gottani

Den starken Auftakt bildet Neyenne Frank mit ihrer ästethetischen und stets charmant präsentierten Kontorsion. Die ungewöhnliche Platzierung dieses eher ruhigen Auftritts als Eröffnungsnummer nimmt leider gleich Tempo aus dem Ablauf, womit dann auch die weiteren Akteure insbesondere im ersten Programmabschnitt zu kämpfen haben. Stefani Gottani jongliert bei ihren orientalisch angehauchten Antipodenspielen unterschiedlichste Requisiten wie Schirm, mehrere Bälle oder Walzen mit den Füßen. Die mitunter recht kurzen Wurfmuster und die montone Musikbegleitung sorgen jedoch auch nicht für Schwung. Selbst Gottanis Partner, Marco Mariani, hat als Clown damit Schwierigkeiten. Er verkörpert nach alter Schule einen Spaßmacher mit roter Nase und zu großen Schuhen. Marianis Mimik ist wirklich toll, aber seine ideenlosen Reprisen bleiben blass. Zunächst kämpft er mit Notenständer und Mikrofon, dann musiziert er auf der singenden Säge. Die ersten Tiere im Programm sind die Hunde von Nadja Scholl. Die Vierbeiner beweisen sich insbesondere als vielfältige Springer und agieren dabei mit sichtlicher Freude, die sich dann zeitweilig auch auf das Publikum überträgt. Klassische Westernspielen mit Peitschen und Messern zeigt das Duo Kaiser. Schlussendlich wirft Ladislav Kaiser die Klingen auf eine sich mit seiner Frau drehenden Scheibe. Marco Marianis Filmszene gerät nicht nur lang, auch die Pointen möchten nicht so ganz gelingen.


Kevin Probst, Justin Ronday

Speziell für Tilburg engagiert sind die beiden Darbietungen, welche die Pause flankieren. Noch vor der Unterbrechung bringt Kevin Probst vier braune und vier gescheckte Esel in die Manege. Die Tiere zeigen zusammen diverse Lauffiguren einer ausgereiften Freiheit wie Fächer oder Gegenlauf; zudem beweisen sie sich nach Fellfarbe getrennt als Hürdenspringer oder liegen ab. Justin Ronday lässt sich zuerst effektvoll von seiner Assistentin herbeizaubern. Anschließend wechselt er mit ihr den Platz, durchbohrt sie und verschwindet zuletzt selbst aus einer unter die Kuppel gezogenen Kiste. Es sind bekannte Tricks, die das jugendliche Duo mit entsprechendem Drive präsentiert. So ist gleich ein anderer Rythmus für den zweiten Programmteil gelegt.


Aron Zinnecker, Duo Donnert, Ladislav Kaiser

Stefani Gottani gefällt am Luftring insbesondere in der Kombination mit der romantischen Musikbegleitung. Mit Tricks wie dem Fußhang ist der Auftritt aber auch akrobatisch ansprechend. Besser als mit manchen Reprisen kann Marco Mariani mit seiner Musikalität überzeugen. Hier stimmt er mit Glocken Melodien an. Aron Zinnecker ist ein vielfältiger, wenn auch zurückhaltend wirkender Jongleur, der neben Bällen auch Keulen und Ringe in der Luft hält. Abschließend händelt er auch Fackeln. Zum Abschluss des Programms hin steuern Neyenne Frank und Adrian Donnert einen richtigen Höhepunkt bei. Beide demonstrieren ein gleichermaßen leistungsstarkes wie schönes Pas de Deux zu Pferd. Insbesondere der freie Stand auf dem Kopf des Untermannes wird lange gehalten. Ladislav Kaiser gehört auf dem Hochseil das eindrückliche Ende. Durchaus spektakulär besteigt er auf dem Draht unter anderem eine Treppe, fährt Einrad, macht eine Rolle über eine Feuerbarriere und plaudert en passant mit den Zuschauern. Die gehen nun vollends mit, was nicht zuletzt dann auch das anschließende, gesanglich von Marco Mariani eingeleite Finale belebt. Hier nimmt sich Kevin van Geet trotz vorheriger und anschließender Termine selbst die Zeit, das Publikums seines Circus' zu verabschieden.

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Text und Fotos: Benedikt Ricken