„Ich bin der Meinung, das war…“,
ruft Programmdirektor und Circusmanager Matthias Bergstädt ins Mikrofon, und
„Spitze!“ schallt es vielstimmig aus dem Publikum zurück. Die
Stimmung ist am Höhepunkt, kurz darauf gibt es im Finale
donnernden Applaus. Es ist ganz traditionelle, eher ein wenig
rustikale denn glattgebügelte Manegen-Unterhaltung, für die
Circusdirektor Domenikus Böhm – alias Veno Mendes – und der
umtriebige Matthias Bergstädt
gemeinsam stehen. Letzterer zeichnet traditionell für die
Zusammenstellung der Shows verantwortlich und führt mit seinen
engagierten Moderationen durch die Vorstellungen, stets im
schwarzen Frack. Er begrüßt das Publikum im Circuszelt mit
Sternenhimmel und jener Bankreihentribüne, die zuvor viele Jahre
lang beim Circus Barelli im Einsatz war. Dann folgt das große
Opening mit der Flaggenparade des gesamten Ensembles.
Veno Mendes, Tiblet und Selamewit,
Roman Broz
Direktor Veno Mendes eröffnet die
Vorstellung mit einem sauber laufenden und gekonnt dirigierten
Sechserzug Friesenhengste. Zum Abschluss lässt er einen Araber
und seine kleine Tochter Alexia ein Pony steigen. Auch in diesem
Winter werden die vier hübschen Damen des Balletts Vatan aus der
Ukraine hervorvorragend eingesetzt. Ihre kurzen Auftritte sind
keine eigenständigen Programpunkte, mit denen die Show in die
Länge gezogen werden könnte. Vielmehr begleiten die Tänzerinnen
jeweils die Artisten in die Manege und tragen zu einem
schwungvoll-schmissigen Auftakt der Nummern bei. Dann überlassen
sie den Akrobaten alleine das Scheinwerferlicht. Das gilt
zunächst für Tiblet und Selamawit, die mit ihren
Hula-Hoop-Reifen, sympathischem Auftreten und strahlenden
Gesichtern Stimmung machen. Die beiden jungen Afrikanerinnen
verbinden ihre Kunst mit Partnerakrobatik. So kreisen die Reifen
auch im Zwei-Damen-Hoch. Sowohl unbekanntere Namen als auch
etablierte Künstler sind im Ensemble vertreten. Hierzulande eher
unbekannt dürfte beispielsweise die Familie Broz aus Tschechien
sein. Zunächst balanciert Roman Broz auf der Rola Rola. Das
Brett an den Füßen befestigt, springt er zunächst Stufe für
Stufe die Treppe zu seinem Podium hinauf. Auf jeder
Station landet er auf eine Rolle. Oben zeigt er klassische
Balancen auf einem Turm aus vier stehenden und zwei liegenden
Rollen. Mögen sein Outfit etwas unglücklich und die Stufen des
Requisits ein wenig ramponiert sein – das Können ist vorhanden,
und das ist hier die Hauptsache.
Tamara Khurchudova, Kim Leon &
Sarita mit Matthias Bergstädt, Josefine Igen
In die Kategorie der bekannten
Namen gehört auf jeden Fall Tamara Khurchudova mit ihren
bewährten Antipodenspielen. Bis zu vier Teppiche werden mit
Händen und Füßen bewegt. Dabei lässt sie sich auch an einem Gurt
in die Luft ziehen. Bestens bekannt sind natürlich auch Josefine
und Daniel Igen mit ihren Tierdressuren – echte Qualitätsarbeit
in traditioneller Aufmachung. Zunächst unterhalten ihre
Tibet-Terrier, vorwiegend mit vielfältigen Sprüngen. In Spanien
hat Matthias Bergstädt das Clownsduo
Sarita und Kim Leon entdeckt. Die beiden Komiker und der
Programmdirektor zelebrieren voller Spielfreude das „Bienchen“.
Zudem necken sich Sarita und Kim Leon mit dem Besen und spielen
ein klassisches Musikalentree. Schließlich wird Kim von Sarita
mit der Fernbedienung gesteuert. Das Septett von Ievgen Didyk
hat – neben der Schaukel – mit seiner Keulen- und Ringjonglage
noch eine zweite temporeiche Nummer im Repertoire. Unter anderem
gibt es Passings im Zwei-Mann-Hoch zu sehen. Damit wird die
erste Halbzeit beendet. Die zweite wird mit einem Zwölferzug
Ponys eröffnet, den Alexia Mendes mit Unterstützung ihres Vaters
Veno vorstellt. Während ihm beim Rola-Act die Gattin
assistierte, fliegt Roman Broz bei seiner Strapaten-Nummer in
wechselnden Formationen mit Sohn Milanek und den beiden Töchtern
durch die Circuskuppel. Dazu spielen die Musiker des
„Ukrainischen Staatsorchesters“ mitreißende Rock-Klassiker, von
„Eye oft he Tiger“ bis „Final Countdown“. Sie sitzen anders als
in früheren Saisons nicht
mehr auf dem hohen Artisteneingang, sondern auf einem Podium
links daneben. Eine Sängerin verleiht dem Programm zusätzlichen
Glanz und wertet einige Darbietungen weiter auf.
Daniel Igen, Black Diamonds,
Truppe Ievgen Didyk
Zünftig im bayerischen Stil, in
Dirndl bzw. Lederhosen, präsentieren Josefine und Daniel Igen
ihre Ziegenrevue. Springen, klettern, balancieren – die
gehörnten Vierbeiner haben so einiges drauf. Special Guest ist
ein großer Hund. Zurück zur eingangs beschriebenen
Schlussoffensive: Tiblet und Selamawit verbrachten ihr erste
Reisesaison in einem europäischen Circus 2014 bei „Harlekin“ in
der Schweiz. Dort durfte sich schon manches Talent erste Meriten
verdienen. Ergänzt um eine weitere Partnerin sorgen sie als
inzwischen mehrfach preisgekröntes Partnerakrobatik-Trio "Black
Diamonds" (Gold in Moskau, Silber in Latina) für einen der
Höhepunkte des Programms. Sie reisen von Ulm weiter zum Festival
"New Generation" nach Monte Calo. Richtigerweise die
Schlussnummer bildet dann die Arbeit der Truppe von Ievgen Didyk
an der doppelten Russischen Schaukel mit Sprüngen und Salti von
Plattform zu Plattform und auf die Matte. Auch eine Passage
gehört zum Repertoire. |