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Ulmer Weihnachtscircus 2019/20
www.ulmer-weihnachtscircus.de ; 112 Showfotos

Ulm, 28. Dezember 2019: Kurz vor dem Finale zieht das Programm des 12. Ulmer Weihnachtscircus noch einmal kräftig an. „Better“ spielt das Orchester bei der Partnerakrobatik von drei jungen Damen aus Afrika, den „Black Diamonds“. Der Songtitel wirkt wie ein Kommentar, der Applaus ist riesig. Dann folgen die Sprünge und Salti der Truppe Ievgen Didyk von der doppelten Russischen Schaukel. Am Ende schwingen zwei Artisten gemeinsam immer höher. Bis sich die Plattform mehrfach komplett überschlägt und der vordere Artist abspringt, Salti schlägt und stehend auf der Matte landet.

„Ich bin der Meinung, das war…“, ruft Programmdirektor und Circusmanager Matthias Bergstädt ins Mikrofon, und „Spitze!“ schallt es vielstimmig aus dem Publikum zurück. Die Stimmung ist am Höhepunkt, kurz darauf gibt es im Finale donnernden Applaus. Es ist ganz traditionelle, eher ein wenig rustikale denn glattgebügelte Manegen-Unterhaltung, für die Circusdirektor Domenikus Böhm – alias Veno Mendes – und der umtriebige Matthias Bergstädt gemeinsam stehen. Letzterer zeichnet traditionell für die Zusammenstellung der Shows verantwortlich und führt mit seinen engagierten Moderationen durch die Vorstellungen, stets im schwarzen Frack. Er begrüßt das Publikum im Circuszelt mit Sternenhimmel und jener Bankreihentribüne, die zuvor viele Jahre lang beim Circus Barelli im Einsatz war. Dann folgt das große Opening mit der Flaggenparade des gesamten Ensembles.


Veno Mendes, Tiblet und Selamewit, Roman Broz 

Direktor Veno Mendes eröffnet die Vorstellung mit einem sauber laufenden und gekonnt dirigierten Sechserzug Friesenhengste. Zum Abschluss lässt er einen Araber und seine kleine Tochter Alexia ein Pony steigen. Auch in diesem Winter werden die vier hübschen Damen des Balletts Vatan aus der Ukraine hervorvorragend eingesetzt. Ihre kurzen Auftritte sind keine eigenständigen Programpunkte, mit denen die Show in die Länge gezogen werden könnte. Vielmehr begleiten die Tänzerinnen jeweils die Artisten in die Manege und tragen zu einem schwungvoll-schmissigen Auftakt der Nummern bei. Dann überlassen sie den Akrobaten alleine das Scheinwerferlicht. Das gilt zunächst für Tiblet und Selamawit, die mit ihren Hula-Hoop-Reifen, sympathischem Auftreten und strahlenden Gesichtern Stimmung machen. Die beiden jungen Afrikanerinnen verbinden ihre Kunst mit Partnerakrobatik. So kreisen die Reifen auch im Zwei-Damen-Hoch. Sowohl unbekanntere Namen als auch etablierte Künstler sind im Ensemble vertreten. Hierzulande eher unbekannt dürfte beispielsweise die Familie Broz aus Tschechien sein. Zunächst balanciert Roman Broz auf der Rola Rola. Das Brett an den Füßen befestigt, springt er zunächst Stufe für Stufe die Treppe zu seinem Podium hinauf. Auf jeder Station landet er auf eine Rolle. Oben zeigt er klassische Balancen auf einem Turm aus vier stehenden und zwei liegenden Rollen. Mögen sein Outfit etwas unglücklich und die Stufen des Requisits ein wenig ramponiert sein – das Können ist vorhanden, und das ist hier die Hauptsache.


Tamara Khurchudova, Kim Leon & Sarita mit Matthias Bergstädt, Josefine Igen

In die Kategorie der bekannten Namen gehört auf jeden Fall Tamara Khurchudova mit ihren bewährten Antipodenspielen. Bis zu vier Teppiche werden mit Händen und Füßen bewegt. Dabei lässt sie sich auch an einem Gurt in die Luft ziehen. Bestens bekannt sind natürlich auch Josefine und Daniel Igen mit ihren Tierdressuren – echte Qualitätsarbeit in traditioneller Aufmachung. Zunächst unterhalten ihre Tibet-Terrier, vorwiegend mit vielfältigen Sprüngen. In Spanien hat Matthias Bergstädt das Clownsduo Sarita und Kim Leon entdeckt. Die beiden Komiker und der Programmdirektor zelebrieren voller Spielfreude das „Bienchen“. Zudem necken sich Sarita und Kim Leon mit dem Besen und spielen ein klassisches Musikalentree. Schließlich wird Kim von Sarita mit der Fernbedienung gesteuert. Das Septett von Ievgen Didyk hat – neben der Schaukel – mit seiner Keulen- und Ringjonglage noch eine zweite temporeiche Nummer im Repertoire. Unter anderem gibt es Passings im Zwei-Mann-Hoch zu sehen. Damit wird die erste Halbzeit beendet. Die zweite wird mit einem Zwölferzug Ponys eröffnet, den Alexia Mendes mit Unterstützung ihres Vaters Veno vorstellt. Während ihm beim Rola-Act die Gattin assistierte, fliegt Roman Broz bei seiner Strapaten-Nummer in wechselnden Formationen mit Sohn Milanek und den beiden Töchtern durch die Circuskuppel. Dazu spielen die Musiker des „Ukrainischen Staatsorchesters“ mitreißende Rock-Klassiker, von „Eye oft he Tiger“ bis „Final Countdown“. Sie sitzen anders als in früheren Saisons nicht mehr auf dem hohen Artisteneingang, sondern auf einem Podium links daneben. Eine Sängerin verleiht dem Programm zusätzlichen Glanz und wertet einige Darbietungen weiter auf.


Daniel Igen, Black Diamonds, Truppe Ievgen Didyk

Zünftig im bayerischen Stil, in Dirndl bzw. Lederhosen, präsentieren Josefine und Daniel Igen ihre Ziegenrevue. Springen, klettern, balancieren – die gehörnten Vierbeiner haben so einiges drauf. Special Guest ist ein großer Hund. Zurück zur eingangs beschriebenen Schlussoffensive: Tiblet und Selamawit verbrachten ihr erste Reisesaison in einem europäischen Circus 2014 bei „Harlekin“ in der Schweiz. Dort durfte sich schon manches Talent erste Meriten verdienen. Ergänzt um eine weitere Partnerin sorgen sie als inzwischen mehrfach preisgekröntes Partnerakrobatik-Trio "Black Diamonds" (Gold in Moskau, Silber in Latina) für einen der Höhepunkte des Programms. Sie reisen von Ulm weiter zum Festival "New Generation" nach Monte Calo. Richtigerweise die Schlussnummer bildet dann die Arbeit der Truppe von Ievgen Didyk an der doppelten Russischen Schaukel mit Sprüngen und Salti von Plattform zu Plattform und auf die Matte. Auch eine Passage gehört zum Repertoire.

Beifallsumtost geht das abwechslungsreiche Programm auf dem Messegelände Friedrichsau zu Ende. Man darf gespannt sein auf die 13. Auflage des Ulmer Weihnachtscircus in einem Jahr – dann möglicherweise auch wieder mit Wildtieren. Denn der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Stadt Ulm angewiesen, ihr rechtswidrig verhängtes Verbot zurückzunehmen. Möge die 13 zur Glückszahl für die Familie Böhm werden.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll