Die Künstler präsentieren
kleine Kostproben ihres Könnens, während die sechs Damen und
erstmals seit Jahren auch wieder zwei Herren der Salto Dancers
ein tänzerisches Opening aufs Parkett legen. René Casselly, die
Tiger der Familie Togni, Emanuel Farina, Elvis Errani, die Liste
der großen Tierdarbietungen, die in den vergangenen Jahren an
der Rue Amelot aufgetreten sind, ist lange. Aufgrund der Debatte
um Tiere im Circus, die auch in Frankreich immer schärfer wird,
gibt es nun schon (verständlicherweise!) zum zweiten Mal keine
Wildtiere zu sehen.
Totti Alexis
Einzige Vierbeiner des
Nachmittags sind daher der Friese und das Pony aus dem Circus
Carl Busch,
die unter der Peitschenführung von Regina Bouglione als Groß und
Klein das Programm eröffnen. Ein großes Comeback gibt es mit
Clown Totti, der uns schon von den Litfasssäulen und in den
Pariser Metrostationen grüßt. Der Spaßmacher kehrt
nach seinem Engagement im Programm „Surprise“ vor fünf Jahren
wieder zur Familie Bouglione zurück. Zusammen mit Michael Palmer
spinnt er vor allem musikalisch den roten Faden durch die Show
und wird sofort zum Publikumsliebling. Schade nur, dass er
dieselben Nummern wie bei seinem letzten Engagement zeigt und
nicht neue Reprisen aus seinem großen und originellen Repertoire
aufführen darf.
Geraldine
Philadelphia, Fratelli Caveagna, Adele Fame
Erstmals im Cirque d‘Hiver zu
sehen ist Geraldine Philadelphia. Es ist einfach immer wieder
schön, dem „Roncalli-Kind“ bei seiner ästhetischen
Hula-Hoop-Jonglage zuzuschauen. Roncalli-erfahren ist auch Sergi
Buka. Der Spanier fährt auf einem Fahrrad, auf dem eine Lampe
und eine Leinwand montiert sind, durch die Manege und lässt
dabei allein mit seinen Händen immer neue Kunstwerke entstehen.
Solch neue Akzente sind gewiss wichtig für den klassischen
Circus! Klassisch, modern angehaucht, ebenfalls
Roncalli-erfahren und ebenfalls immer wieder packend ist die
Strapatennummer von Adele Fame. Bei ihren raumfüllenden
Schwüngen durch den Prachtbau und riskanten Tricks wie dem
freien Aufstehen aus dem freihändigen Spagat bleibt den
Besuchern der Mund offenstehen. Diese Saison zu Roncalli gehen
werden die Fratelli Caveagna. Mit ihrer klassischen
Hand-auf-Hand-Darbietung sind die Absolventen der Circusschule
von Verona das artistische Ausrufezeichen im ersten
Programmteil.
Zoe Espana, Dylan
und Asia Medini
Nicht vergessen dürfen wir in
der ersten Hälfte noch Zoe Espana. Es gibt gewiss stärkere
Cyr-Wheel Nummern, doch wenn sich die Spanierin in ihrem langen
Kleid, mit wehendem braunem Haar, elegant durch die Manege
bewegt und im Hintergrund noch die Salto Dancers tanzen, dann
ist das einfach ein Bild für sich. Nachdem Sängerin Soffia
Morghad, Ehefrau des künstlerischen Direktors Joseph Bouglione,
zusammen mit dem Ballett den zweiten Teil eröffnet hat, zeigen
uns Dylan und Asia Medini ihre klassische Rollschuhnummer. Zum
Song „Far from Over“ steigern sich die italienischen Geschwister
bis zum Genickhangwirbel.
Antonio Vargas,
Francois Borie, Ray Navas und Sian Espana
Antonio Vargas zeigt
akrobatische Figuren an einer Polestange, ehe sich diese aus
ihrer Verankerung hebt und in Richtung Kuppel schwebt. Der Spanier
wechselt sich übrigens mit dem Ukrainer Artem Lyubanevych ab,
welcher ebenfalls am Flying Pole auftritt, wenn er nicht gerade
als Teil des Strapatenduos „Just two men“ woanders im Engagement
ist. Die Poledarbietung ersetzt den ursprünglich vorgesehenen
Wesley Williams. Schade, der Einrad-Artist aus den USA wäre
sicherlich ein großes Highlight in der Show gewesen. Mein
persönliches Highlight bildet Jongleur Francois Borie. Bis zu
sieben Keulen sowie vier Sombreros werden in hoher
Geschwindigkeit taktgenau durch die Luft geworfen. Schlussnummer
sind Ray Navas und Sian Espana am Todesrad. Sicher springt Navas
hier den Salto auf der Außenseite des Rades. Chapeau! Bleibt nur
die Frage, warum muss es schon wieder ein Todesrad als
Schlussnummer sein? Schon im letzten Programm konnte man die
Gärtner Brothers auf demselben Requisit erleben, sowie zwei
Jahre zuvor wiederum die Navas. Warum schon wieder eine
klassische Hand-auf-Hand-Darbietung, die es auch in den
vergangenen Jahren immer gab? Warum schon wieder Hula-Hoop?
Warum schon wieder Strapaten? Mehr Abwechslung würde hier
sicherlich bei den vielen Stammbesuchern auf großen Anklang
stoßen. |