Es ist die
Grandezza Entertainment GmbH mit Geschäftsführer Thomas Schütte,
die nach den Standorten Hannover, Aachen, Regensburg,
Mannheim und Den Haag nun auch im gemeinsamen Wohn- und
Gewerbegebiet Flugfeld der Städte Böblingen und Sindelfingen
einen Weihnachtscircus dauerhaft etablieren möchte. Bis 2023
feierte auf dem dortigen Festplatz der Zirkus Charles Knie
regelmäßig große Erfolge bei seinem Saisonabschluss im Herbst.

Front des
1. Weihnachtscircus Böblingen-Sindelfingen
Auch Grandezza
setzt ein „Knie-Chapiteau“ ein, allerdings das des vorwiegend in
Österreich reisenden Circus Louis Knie. Die Front wird von einer
schön gestalteten Fassade gebildet, die das Logo des
Weihnachtscircus Böblingen-Sindelfingen sowie bestens bekannte
Circusnummern zeigt. Als Vorzelt wird ein weiterer Viermaster
genutzt, den die Zeltvermietung Huppertz zur Verfügung stellt.
Linker Hand finden wir darin eine lang gezogene Bar mit einem
breiten Angebot an Speisen und Getränken, rechts die
Sanitäranlagen hinter einer Wand aus rotem Stoff. Mit dem
gleichen Stoff bespannt ist auch ringsherum die Rundleinwand,
und geschmückte Weihnachtsbäume tragen zum jahreszeitlichen
Ambiente bei. Im Spielzelt erwarten uns der vertraute Anblick
der Sitzeinrichtung und des Artisteneinganges des Circus Louis
Knie. Über dem verwaisten Orchesterpodium ist ein großes
Modellflugzeug angebracht.
  
Andreas
Bartl, Uliana Khavrona, Duo Doro
Passend dazu
spricht eine Stimme vom Band von einer gemeinsamen Flugreise,
auf die das Publikum nun gehen werde, und Sängerin Nathalie
Tineo empfängt uns mit dem Reinhard-Mey-Klassiker „Über den
Wolken“. Hierzu tanzen die sechs Damen des Balletts in
Stewardessen-Kostümen. Ein Auftakt, der gut zu dem ehemaligen
Flughafengelände passt, auf dem wir uns befinden. Eine
durchgehende Handlung zu diesem Thema wurde aber nicht
gezeichnet, auch wenn es für Andreas Bartl am Chinesischen
Masten gleich hoch hinausgeht. Viel Kraft kostet es sicherlich,
das mehrfache Erklimmen des Requisits ganz leicht aussehen zu
lassen. Gleiches gilt für die verschiedensten Posen, die der
Münchner präsentiert, an der Stange und auf der Plattform am
oberen Ende. Am Ende saust er kopfüber die Stange hinunter und
verschwindet in einem Blackout. Beim nachfolgenden Umbau tanzt
das Ballett, nunmehr in verschiedenfarbigen Kleidern, zwischen
Logen und Gradin zu einem Weihnachtssong und begleitet dann
Uliana Khavrona in die mit festem Boden ausgestattete Manege.
Auf einen Tanz mit Hula-Hoop-Reifen, bei denen diese auch
jongliert werden, lässt sie klassische Tricks folgen. Bis zu
sechs Reifen drehen sich in hoher Geschwindigkeit um ihren
Rumpf, um ihre Arme und Beine, dies auch mit effektvoller
LED-Beleuchtung. Abschließend bewegt sie genretypisch ein ganzes
Bündel aus Reifen und gefällt während der gesamten Nummer mit
ihrer tollen Ausstrahlung. Zum Duo Doro haben sich Roberto
Cappello und die Chinesin Ge Shu Hong zusammengetan, die wir
erstmals mit ihrer sinnlichen Partnerakrobatik erleben,
stimmungsvoll begleitet von Sängerin Nathalie Tineo.
Eindrucksvoll ist besonders auch der Schlusstrick, bei dem er
sie mit ausgestreckten Armen in die Höhe hält, während sie ihren
Körper zum Ring formt, sich mit den Händen an den Füßen haltend.
So rutscht sie an ihrem Partner hinunter.
  
Steve
Rawlings, Duo Artemiev, Ruslan Kalachevskyi
Für die Komik im
Programm ist Steve Rawlings zuständig, der physische und verbale
Comedy miteinander verbindet. In jedem der beiden Programmteile
hat er einen Auftritt. In Hälfte eins zeigt er zunächst seine
Fähigkeiten als Jongleur – mit Tisch, Stuhl und Blumenstrauß,
mit Porzellan und mit Fackeln, wobei auch seine Kopfbedeckung in
Brand gerät. Dazu gibt es freche Sprüche in deutsch-englischem
Kauderwelsch. Damit kommt er glänzend an. Mystisch wird es beim
Tanz des Balletts in den Treppenaufgängen, während das Trapez
für das Duo Artemiev errichtet wird. Alexey Artemiev und
Partnerin Victoriya überzeugen, mit einer Matte gesichert, nicht
nur mit vielfältigen Haltefiguren, sondern auch mit riskanten
Flugmanövern, nach denen er sie sicher wieder fängt. Das
Publikum klatscht zur dynamischen Musik euphorisch mit. Auf
dieses etwas reifere Duo folgt jugendlicher Charme, wenn Ruslan
Kalachevskyi seine starken Handstände zelebriert. Dies tut er
auf einer Konstruktion aus vier langen Handstäben, von denen die
äußeren zwei auf Schienen verschiebbar sind. So kann er sich auf
ihnen stehend in einen Seitspagat gleiten lassen und wieder in
die Ausgangsposition zurückkehren. Zu Beginn seiner Darbietung
noch in Seile gefesselt, befreit er sich schnell aus diesen und
beeindruckt mit seinen Posen. Auf einem fünften Handstab mit
Motorunterstützung schwebt er im Einarmer in die Höhe und
wechselt dann mehrfach die Hand.
  
Jidinis,
Ballett, BMX Passsion
„Premiere“ ist das
Motto dieses ersten Weihnachtscircus Böblingen-Sindelfingen, und
tatsächlich hält das Programm auch für uns erfahrene
Circusgänger einige Nummern bereit, die wir erstmals bewundern
dürfen. Ein guter Bekannter – dank Charles Knie auch fürs breite
Publikum an diesem Ort – ist dagegen Jidinis mit seinen
Illusionen in glamouröser Aufmachung. Dabei unterstützen ihn die
Damen des Balletts. Mit einer wahren Materialschlacht werden
verblüffende Momente geschaffen, beispielsweise wenn gleich zu
Beginn ein Motorrad scheinbar aus dem Nichts erscheint. Eine der
Assistentinnen fliegt dem Anschein nach mittels eines
gewaltigen, aufwendig gestalteten Katapults in eine gegenüber
stehende, große Trommel. Dieser – zuvor leer präsentiert –
entsteigt auch noch ein Dalmatiner und damit das einzige Tier in
dieser Show. Nun werden wir in die Pause entlassen.
Weihnachtlich wird es nochmal zum Beginn des zweiten
Programmteils, wenn Sängerin Nathalie Tineo und das Ballett uns
in Weihnachtsfrau-Kostümen empfangen. Bereits errichtet wurde in
der Pause die Rampe, die zwei junge Ukrainer von „BMX Passion“
nutzen, um ihr sportliches Können zu präsentieren. Dabei werden
alle Möglichkeiten genutzt, die das Requisit bietet, zum
Beispiel Sprünge über den auf dem Oberteil der Rampe liegenden
Partner, Sätze auf dem Hinterrad über drei in einem veritablen
Abstand angeordnete, stufenartige Plattformen sowie gewagte
Kapriolen wie Pirouettesprünge und der Rückwärtssalto auf dem
Rad. Ob es wirklich sein muss, dabei auf den Schutzhelm zu
verzichten, steht auf einem anderen Blatt.
  
Steve
Rawlings, José und Sofía, Ge Shu Hong
Auch in seinem
zweiten Auftritt beweist Steve Rawlings nicht nur sein Geschick,
sondern lässt uns mit seinen verbalen Ausführungen wieder
herzlich lachen. Dabei geht es zum einen darum, das Tischtisch
unter einem Geschirrservice nicht nur herauszuziehen, sondern es
anschließend auch wieder darunter zu bekommen. Hieran darf sich
auch ein Mitspieler aus dem Publikum versuchen. Zum anderen
balanciert er einen Golfschläger stehend auf der Stirn, während
ein zweiter oben quer liegt – und mit einem sachten Schubs durch
Schläger Nummer drei zum Drehen gebracht wird. Um Rotationen
geht es natürlich auch bei der Rollschuhnummer von José und
Sofía aus Kolumbien und Venezuela. In einer kompakten Trickfolge
werden einige wesentliche Elemente des Genres präsentiert, von
der Aufnahme einer Rose mit dem Mund bis zum abschließenden
Genickhangwirbel. Für einen der schönsten Momente im Programm
wird mit der Stuhlpyramide von Ge Shu Hong gesorgt, dies durch
die gesangliche Begleitung mit dem James-Bond-Titelsong „Skyfall“
sowie das Ballett, das die Requisiten anreicht. Bis zu sechs
Stühle türmt die Artistin auf einem Tisch übereinander, um auf
der fragilen Konstruktion ihre Handstände zu zeigen.
  
Mario
Berousek, Lisa Rinne, Nathalie Tineo
Die prominenteste
Verpflichtung für die Weihnachtscircus-Premiere ist sicherlich
mit dem „schnellsten Jongleur der Welt“, Mario Berousek,
gelungen. Bis heute hat er nichts von seiner Klasse verloren.
Noch immer jongliert er seine bis zu sieben Keulen in so
wahnsinnigem Tempo, dass sie vor den Augen verschwimmen. Für
ihre originelle Kombination zweier Genres ist Lisa Rinne
bekannt, die die Schlussnummer übernimmt. Zunächst arbeitet sie
sich mit akrobatischen Kabinettstückchen eine Strickleiter
hinauf, unterbrochen durch Abfaller, dann saust sie in Spiralen
um einen Holm der Leiter kopfüber in die Tiefe. Sogleich geht es
wieder hinauf, wo sie an die Trapezstange wechselt, während die
Leiter zu Boden fällt. Dieser Teil der Nummer am Schwungtrapez
ist natürlich der spektakulärere und begeistert mit feinen
Tricks wie einer Doppelpirouette in den Sitz und einem
Vorwärtssalto in den Stand, jeweils gestartet, während sie
kopfüber mit den Füßen am Trapez hängt. Dabei wird sie mit
Gesang unterstützt, ebenso wie natürlich auch das Finale von
Nathalie Tinneo stimmlich begleitet wird. |