CHPITEAU.DE

Da Capo Darmstadt 2024
www.dacapo-variete.de ; 100 Showfotos

Darmstadt, 21. November 2024: Ein traumhaftes Ambiente, ein hinreißendes Ballett und starke Darbietungen mit dem Schwerpunkt auf Nervenkitzel – daraus macht Produzent James Jungeli eine fantastische Show, die keine Langeweile aufkommen lässt. Das Tempo ist enorm, Leerlauf gibt es so gut wie gar nicht. Da heißt es Mitfiebern bei den akrobatischen Nummern und Entspannen bei den herrlichen Choreographien der Tänzerinnen. Ein starkes Lichtdesign rundet das Gesamterlebnis ab. Schon von außen präsentiert sich Da Capo wunderbar schön. Auf dem Darmstädter Karolinenplatz stehen zwei Zeltbauten mit Rundkuppeln, die sich über die gesamte Grundfläche ziehen. In der Dunkelheit sind sie edel beleuchtet.

Der größere davon, das Tipidrom, beherbergt die Rundbühne mit darum gruppierter ansteigender Sitzeinrichtung. Alles sehr wertig gestaltet.


Da Capo auf dem Karolinenplatz in Darmstadt

Die Gäste nehmen an Tischen Platz. Was schon deswegen Sinn macht, weil die Show auch in Verbindung mit einem Dinner angeboten wird. Das zugehörige Buffet ist großzügig im kleineren Zelt aufgebaut. Die Getränke bringt der sehr aufmerksame und freundliche Service direkt an die Tische.


Ballett

Die Shows hier sind immer so etwas wie eine Wundertüte. In der Regel sind es Eigenproduktionen, oftmals mit einer aufwendigen Story verbunden. In der Spielzeit 2022 hingegen wurde mehr oder weniger eine so bereits bestehende Show des Circus Theater Bingo gezeigt. In diesen Winter also ein Nummernprogramm, das spektakuläre Acts in den Vordergrund stellt. Viele davon sind hierzulande noch weitgehend unbekannt. „No Limits“ lautet der Titel. Interessant gestaltet ist das Bühnenbild. Es besteht aus sechs rechteckigen Segmenten auf zwei Ebenen. Fünf der Rechtecke werden mit verschiedenen Grafiken bespielt. Ferner treten dort in einzelnen Sequenzen die Tänzerinnen auf. Das sechste bildet den Artisteneingang.


Kateryna Fedorovych, Erasmus Stein, Hassak Troupe

Voller Energie aufgeladen ist das Opening. Alle Mitwirkenden sind dabei, weiß ist der Grundton. Mit von der Partie ist natürlich das Ballett. Fünf ausgesucht schöne Damen, die hinreißend tanzen und uns in immer wieder neuen prächtigen Kostümen sowie Choreografien durch den Abend begleiten. Das Quintett ist kein Lückenfüller, sondern ein elementarer Bestandteil der Inszenierung. Die Eröffnung geht direkt über in den Auftritt von Kateryna Fedorovych. An den Ringen entführt sie unsere Blicke Richtung Kuppel. Ihre Kür muss enorm viel Kraft erfordern. Das alles lässt sich die Artistin natürlich nicht anmerken. Traumhaft sicher meistert sie ihre Umschwünge und Flugpassagen. Schier unglaublich wird es, wenn sie sich nur mit den Fersen in den Ringen im Gleichgewicht hält. Nach der nächsten Überleitung mit den Tänzerinnen machen wir das erste Mal Bekanntschaft mit Erasmus Stein. Der Conferencier unterhält uns an mehreren Stellen im Programm mit witzigen Moderationen und Zaubertricks. Dabei setzt er auf Bewährtes. Er kommt sympathisch rüber und macht gerne Gags über seine Leibesfülle. In edlen, folkloristisch angehauchten Kostümen erleben wir die Hassak Troupe bei ihrem ersten Auftritt. In den verschiedensten Varianten bewegen sich die Dame und drei Herren über zwei Leitern, die zu einer kleinen Plattform in deren Mitte führen. Das etwa im einarmigen Handstand auf dem Kopf des Untermannes, im Kopf-auf-Kopf oder auf Zehenspitzen auf der Stirn des Partners. Bei manchen Tricks machen sich zwei Duos gemeinsam auf den Weg nach oben, um sich an der Spitze zu kreuzen. Zum Finale trägt einer der Akteure zwei nebeneinander auf einer Stirnperche stehende Partner über die Leiterkonstruktion.


Duo Acroart, Andrei Gomonov und Viktoryia, Hassak Troupe

Rot ist die beherrschende Farbe beim nächsten Tanz des Balletts, genauso wie bei der Kür am Roue Cyr des Duo Acroart. Anna und Lukasz haben sich eine wunderschöne Darbietung erarbeitet, die starke, teilweise ungewöhnliche Kunststücke in einen harmonischen Ablauf einbettet. Gemeinsame Runden wechseln sich ab mit Soli. Originell ist etwa die Sequenz, bei der Lukasz die im Reifen stehende Anna auf dem Rücken trägt und dabei um die eigenen Achse rotiert. Die Kunst, seine Partnerin Viktoryia um Haaresbreite nicht zu treffen, beherrscht Messerwerfer Andrei Gomonov. Bei ihren gefährlichen Spielen geht es um Zentimeter. Für einen zusätzlichen Schwierigkeitsgrad sorgt Viktoryia, wenn sie sich am Brett hin und her bewegt. Dies auch mit dem Rücken zu Andrei Gomonov. Sogar brennende Messer wirft dieser auf das Brett. Das Ganze wird mit einem guten Schuss Erotik serviert. Mit Zaubereien von Erasmus Stein endet der erste Teil, der zweite beginnt mit dem Ballett. Dabei ist auf der Bühne bereits das Requisit für die folgende Darbietung aufgebaut, ein doppelter Chinesischer Mast. Noch einmal gehört das Scheinwerferlicht der Hassak Troupe, diesmal sogar mit sieben Personen. Wieder gibt es prachtvolle Kostüme und eine folkloristische Aufmachung. Die akrobatische Leistung ist ebenfalls großartig. Gleich zwei Personen übereinander stehen auf dem Oberkörper eines Artisten, der sich im rechten Winkel vom Mast abdrückt. Wenn ein Akteur vom Mast abspringt, um sich kurz darauf wieder an ihm zu fangen, rutschen drei zusammengekauerte Kollegen die Stange hinunter. Und das sind nur zwei Elemente der starken Trickfolge dieser vergleichsweise großen Truppe.


Duo Paradise, Raul Canas

Auf eine Choreographie des Balletts mit Glitzerkugeln im Bühnenbild folgt der ruhigste Auftritt des Abends. Mehrere Kronleuchter und das traumhafte Lichtdesign schaffen die intime Atmosphäre für die Partner-Akrobatik des Duo Paradise. Dabei wechseln sich Anastasiia Krutikova und Artem Panasiuk mit der tragenden Rolle ab. Während sie einen Spagat macht, zeigt er auf einer ihrer Schultern einen einarmigen Handstand. Einen solchen auf zwei Händen zelebriert Artem Panasiuk auf der Hüfte von Anastasiia Krutikova, während diese ihren Körper nach hinten biegt. Aus anspruchsvoller Artistik entstehen grandiose Bilder, die in eine sinnliche Liebesgeschichte eingebettet sind. Auf den beiden Befestigungen für das Schlappseil von Raul Canas befindet sich jeweils eine Art Karussell mit vier langen Stangen. Am einen Ende des Seils sind daran Keulen befestigt, am anderen Ringe. Diese Requisiten nutzt der Mexikaner später, um mit ihnen zu jonglieren, während er sich souverän auf dem schwankenden Draht bewegt. Seine Aufmachung ist originell, seine Kunststücke größtenteils auch. Die Nummer endet mit der Fahrt auf dem Einrad, bei der ein Ball auf seinem Kopf rotiert, während er mit drei Keulen jongliert.


Alain Alegria, Flyers Valencia

Der folgende mitreißende Auftritt des Balletts ist Michel Jackson gewidmet. Zu seinen Melodien tanzt das Quintett wunderbare Bewegungsabläufe. Für gewagte Eskapaden auf dem Washington-Trapez steht Alain Alegria. Wir dürfen vom Boden aus mitfiebern, wenn er kniend ein Tuch von der Trapezstange mit dem Mund aufnimmt. Auch auf einem Stuhl sitzend und sogar stehend hält er sich auf dem Trapez im Gleichgewicht. Während die Gäste an den Tischen feuchte Hände bekommen, hat Alain Alegria in luftiger Höhe offenbar ordentlich Spaß. Charmant überbrücken die Tänzerinnen den Aufbau des Todesrads für die Finalnummer. Ungewöhnlich nah beieinander sind die beiden Kessel in der Variante, die die Flyers Valencia im Tipidrom nutzen. Mit ihrem trickstarken Repertoire sorgen sie noch einmal für Nervenkitzel. Sie laufen etwa mit verbundenen Augen über das Rad, springen Seil und meistern den Salto auf der Außenseite. Das alles serviert mit ordentlich Temperament. Bei der folgenden Verabschiedung mit dem gesamten Ensemble drehen die Flyers Valencia ein paar zusätzliche Runden. Das Ballett steht im Bühnenbild, die Artisten nehmen auf der Bühne den frenetischen Applaus entgegen, der sich zu Standing Ovations steigert.

Das Premierenpublikum ist offensichtlich höchst zufrieden. Dies ist nur allzu verständlich, denn Da Capo bietet mit „No Limits“ ein wirkliches Erlebnis, das einem von der ersten Minute an fesselt. Dank der starken Darbietungen und dem Ballett braucht es keine großartigen Schnörkel. Die geschickte Zusammenstellung und die harmonische Regie tun ihr Übriges. Wer sich vollends verwöhnen lassen will, bucht gleich noch das Dinner dazu. Ein Genuss für alle Sinne.

________________________________________________________________________
Text und Fotos: Stefan Gierisch